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Weiß, Adolf G. 83 Weiß, Adolf G.
lichte. Von einer Reise nach St. Peters-
bürg, wo er als Juror bei der ersten
internationalen botanischen Ausstellung
wirkte, zurückgekehrt, veröffentlichte er
seine Untersuchungen über die Entwick-
lung der Milchsaftgefäße von äviig-o-
niain äecil'Iens. Nach fast zehnjähriger
rastloser Thätigkeit, die durch den Druck
der politischen Verhältnisse, welcher von
Jahr zu Jahr schwerer auf dein in Ga-
lizien exilirten Deutschen lastete, wahre
Kriegs' und Leidensjahre gewesen, wurde
er 1871 an die Hochschule in Prag be-
rufen. Bevor er diesem Rufe folgte, be-
nutzte er eine Einladung zur Theilnahme
an der österreichischen Sonnenfinsternis
erpedition nach Tunis zu einer Reise in
Nordafrica, die seine Naturanschauung
durch das Kennenlernen subtropischer
Florengebiete erweiterte. Auch auf dieser
Reise wurde das Expeditionsschiff, auf
welchem sich unter dem Commando
Oesterreicher's, außer den Gebrüdem
Weiß und Anderen, auch die Seeoffiziere
Weyp recht und Lehnert befanden,
als gescheiiert gemeldet und die Nachricht
vom Untergänge der Mitglieder der Er>
pedition durch die Zeituugen verbreitet.
Von einem gefährlichen Fieber, welches
sich Weiß auf dieser Tour zugezogen
hatte, geheilt, konnte er im Winter-
semester 1872 seine Thätigkeit in Prag
aufnehmen. Es ist nicht nur fein Ver»
dienst, dort das erste eigentliche pflanzen-
physiologische Institut als selbständiges
Glied der Universitätsanstalten geschaffen
zu haben, sondeni daß auch die Tren-
nung der systematischen Botanik in der
Bezeichnung der Lehrkanzeln als solcher
fortan ihren Ausdruck findet, wie dies
bei der Ernennung der Directoren der
botanischen Gärten in Prag, Wien und
Innsbruck bereits geschehen ist. Auch in
Prag suchte Weiß fördernd auf seine Zuhörer zu wirken, und im neuen Insti-
tute entfaltete sich bald ein reges wissen-
schaftliches Leben, das sich kundgab in
zahlreichen von ihm angeregten, zum
Theile von ihm auch geleiteten Abhand-
lungen, die in verschiedenen gelehrten
Fach- und Sammelwerken, so insbeson-
dere in den „Arbeiten des k. k. pflanzen-
physiologischen Institutes in Prag", zum
Abdruck gelangten. Zugleich wurden
durch die von ihm herangebildeten
Privatdocenten vi-. Kreutz iUniver-
sität) und Fr. Reinitzer (Polyteck-
nicum) die zahlreichen Zöglinge im In-
stitute in die praktische Mikroskopie ein-
geführt. Er selbst veröffentlichte gleich
zu Beginn seiner Prager Wirksamkeit
seine über Bau und Natur der Dialo-
maceen angestellten Untersuchungen,
welche bahnbrechend für eine neue For-
schungsmethode bleiben. Hatte er schon
in Wien populäre Vorträge gehalten, so
lrat er auch in Prag erfolgreich als In-
terpret neuerer Errungenschaften seiner
Wissenschaft auf, desgleichen wurden im
dortigen naturwissenschaftlichen Vereine
„Lotos", dessen Präsident er jahrelang
war, vielfach von ihm Mittheilungen
über Untersuchungen, die er eben durch-
geführt hatte, gemacht und veröffentlicht.
Im Jahre 1878 erschien seine Anatomie
der Pflanzen. Eine Fülle von neuen
Thatsachen ist in diesem Werke enthalten,
und die Capitel: Zellkern, Farbstoffe,
Spaltöffnungen, Trichome 2c., beruhen
ganz und gar auf eigenen Untersuchun-
gen. Das Baufälligwerden des Insti-
tutsgebäudes im Winter 1879 und die
spätere provisorische Unterbringung der
Anstalt in durchaus ungeeignete Räum-
lichkeiten, sowie all der politisch-sociale
Jammer, der seit Jahren das Ausharren
an der Prager Universität für Deutsche
zu einem Acte größter Opferwilligkeit
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Weil-Weninger, Band 54
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Weil-Weninger
- Band
- 54
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1886
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 346
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon