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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Band 55
Seite - 86 -
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Seite - 86 - in Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich - Weninger-Wied, Band 55

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Merner, Zacharias Werner. Zacharias gebot von Costum und Decuration das Höchste zugemuther, ohne die Grenzen der scenischen Möglichkeit zu überschreiten. Darin lag aber unmittelbar der Uebergang in das Opernhafte, das bei Werner noch durch die Neigung seines Gemüthes zum Phantasti- schen begünstigt wurde. In der That spielt der Gesang in den verschiedensten Abstufungen vom einfachen Volkslieoe bis zum Chorale und bis zu jeder Art der Kirchenmusik eine große Rolle in den Werner'schen Stücken, die sich zum Theil in die Oper auflösen. Die gespenstischen Gestalten und die verschiedenen Geister, die einmal nothwendig zum Rollen« repertorium seiner Stücke gehören, mußten ihre Geheimnisse Musicalisch ausplaudern, da der Inhalt derselben zu bodenlos war. um sich in der gewöhnlichen dramatischen Weise aussprechen zu lassen. Bei Shakespeare sind die Geister dramatische Gestalten, haben ihre bestimmten Zwecke und greifen wesentlich in die Handlung ein. Die Werner'schen Geister aber sind um ihrer selbst willen da. legendenartige Figuren, die ihren eigenen Vergnüglichkeiten nachgehen. Sie tauchen aus einem mystischen Urgründe auf, der wie eine zweite dunkle Welt hinter dieser ersten steht und sein Geheimniß nur in banger Ahnung den Gemüthern erschließt. Die klare Entfal- tung des Lebens muß für ungenügend gelten, wenn sie nicht das Symbol für irgend eine ungekannte Tiefe ist. Daher das ewige Sym« bolisiren bei Werner, das Ineinander» schachteln von mysteriösen Einwirkungen, das Hineinragen einer Traumwelt und ihrer Phä« nomene in die wirkliche; daher seine Vorliebe für den geheimnißvollen Formalismus des Ordenswesens, für Alles, hinter dem sich viel suchen, bei drm sich viel denken läßt, wenn auch nie ein klarer und bestimmter Inhalt. Diese Geisterwelt mit ihren Geheimmitteln muß uns auch über die Rohheit der sinn- lichen Martern hinwegheben, die uon Wer< ner mit großer Vorliebe und Virtuosität ge» schildert werden. Werner ist darin ein wahrer Hunne — auf einige Foltergrade mehr oder weniger, auf das Todtschlagen mit Keulen, das Zerren bei den Haaren, das V?r< brennen in den Flammen, das Sieden in großen Kesseln u. d. m. kommt es ihm weiter nicht an; ja er wählt gern solche barbarische Stoffe, bei denen haarsträubende Gräuel ein unumgängliches Zubehör sind. Je gröber der Körper angepackt wird. desto feimr verhim« mclt die Seele, desto mystischer ist ihre ^ Ekstase. ^>o hängt die Grausamkeit mit Wol« luft und Andacht zusammen. In d?r That ist Werner's Geisterwelt nur eine raffinirte Sinnenwelt, in der sich das ätherisirte Be» dürfniß in ekstatischer Weise ausspricht, denn das ist das Geheimniß aller mystischen Licbe. So bietet uns dieser Dramatiker das merk' würdige Schauspiel, das anscheinend Unver» trägliche in sich zu vereinigen, eine derb naturalistische Charakteristik und eine subli« mirt phantastische Tendenz." — Nun läßt G o t t s c h a l l eine eingehende Prüfung der „Söhne des Thales", des Dramas „Das Kreuz an der Ostsee", des „Luther". „Attila", „24. Februar" und der „Mutter der Makka« bäer" folgen. Wenn auch in Gotisch all's Urtheil die Voreingenommenheit des Prote« stanten nicht fehlt, so ist er doch duldsamer als der schonungslose Goedeke, gründlicher denn der als Literarhistoriker leichtfertige Laube und gründlicher als Wolfg. Men» zel. der von seinem Standpunkte aus den katholischen Werner denn doch zu ober« ftächlich nimmt, wenn man auch in einer Literaturgcschichte nicht einen literarischen Essay fordern kann. wie ihn Eichen vor ff in seinem Werkr „Die neuere romantische Poesie in Deutschland" Werner in liebe« voller Pietät (S. j j8—j6j) widmet, auf das wir auch alle Freunde dcr Werner'» schen Muse, alb auf eine tief eingehende Charakteristik des Dichters verwriftn wollen. — Heinrich Laube über Werner. „Bei diesem merkwürdigen (Zyniker sind die Bezie» hungen zur romanischen Schule stärker. Feindlich, aber wahr beginnen sie in der ersten Hälfte seines Lebens, hingebend, ja sich ver» loren gebend in der zweiten Hälfte. Die Stürme einer nach Poesie ringenden Epoche zeigen sich an diesem leidenschaftlichen Manne grell, erschreckend und nach allen möglichen Seiten hin, er ist wie ein Kompendium solcher schwerer Geschichtsepoche, und Druck, Papier und Einband desselben sind obenein uon unreinlichster Arti Demüthige Anmaßung, hoffärtige Zerknirschtheit. Schwäche der stärk« stcn Talcntkraft, begeisterter Schwung der Ohnmacht toden und sterben in ihm wie Weihe der Kraft und Weihe der Unkraft in seiner literarischen Welt. Er beginnt im lustigsten, muntersten Unglauben, ein Zuhörer Kant's, ein bakchischer Priester des sinn» lichen Genusses, und er endigte als ascetischer Priester der katholischen Kirche. — Die Mutter Wernec's ist von großer Wichtigkeit
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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich Weninger-Wied, Band 55
Titel
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Untertitel
Weninger-Wied
Band
55
Autor
Constant von Wurzbach
Verlag
Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
Ort
Wien
Datum
1887
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
13.41 x 21.45 cm
Seiten
340
Schlagwörter
Biographien, Lebensskizzen
Kategorien
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