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Miener, Friedrich Ritter von Wiener, Karl (Charles)
4842 zum Doctor der Rechte promovirte.
Nun erhielt er eine Advocatenstelle in
Brür. 1860 nach Prag zurückgekehrt,
wurde er zu Beginn der Sechziger-Jahre
daselbst in der Iosephftadt in den böhmi-
schen Landtag gewählt, in welchem er
über ein Vierteljahrhundert als Ver-
trauensmann des deutschböhmischen Vol-
kes saß, lange Zeit auch dem böhmischen
Landesausschusse als Ersatzmann und
Mitglied angehörte. 1873 ward er in
demselben Wahlbezirke auch in das Ab»
geordnetenhaus des Reichsrathes ent»
sendet, in welchem er, wie unsere Quelle
bemerkt, „mehrere Jahre hindurch ge«
räuschlos, aber nachdrucksvoll wirkte".
Er trat in den Plenarsitzungen des par-
lamentariscken Körpers nur selten her-
vor, bei seinem stillen sich nicht vordrän-
genden Wesen brachte er sein reiches ge>
diegenes Wissen, seine umfassende Per-
sonenkenntniß, seine Schlagfertigkeit und
sein kluges Erfassen der Verhältnisse vor-
wiegend in den Commisswnsberathungen
zur Geltung. In denselben aber übte er
bei der hohen Achtung, in der er stand,
großen Einfluß. Seine milde, vermit-
telnde Art schasste oft Schwierigkeiten
hinweg, die unbesiegbar schienen, und
manchen Sturm im deutschen Ver»
trauensmanncrcollegium, welcher Spat-
tungen herbeizuführen drohte, hat Wie»
ner's Eingreifen beseitigt. Als Rechts»
freund war derselbe hochgeschätzt, Calla-
liere und Geschäftsmänner der verschie»
densten Parteistellung suchten in gleicher
Weise seinen juridischen Rath nach und
brachten ihm alle das höchste Vertrauen
entgegen. I n der That war seine Prager
Kanzlei die hervorragendste in Böhmen,
und Jahre hindurch befand er sich bald
als Präsident, bald als Vice-Präsident
an der Spitze der Prager Advocaten«
kammer. Seit dem Beginne der Verfas» z sungsära stand er im Vordergründe des
! politischen Lebens und der politischen
^ Kämpfe. Sobald die Sonderung der
! Parteien in Böhmen und Oesterreich sich
vollzogen, nahm er Stellung, schloß sich
der deutschen liberalen Verfassungspartei
an und ist als bewährter Vorkämpfer
des Deutschthums in Böhmen ihr treues
hingebungsvolles Mitglied geblieben.
Sein Hingang wäre unter allen Umstän»
den ein Verlust gewesen; bei den Spat-
tungen, welche die deutsche Partei des
Abgeordnetenhauses zur Zeit zum großen
Schaden der deutschen Sache in Oester»
reich trennen, wird Wiener mit seinem
ausgleichenden, versöhnenden, immer die
praktischen Ziele ins Auge fassenden
Wesen heute schwer vermißt. Von seinen
um die Prager Commune besonders er>
! wordenen Verdiensten sei hier noch seiner
Leistungen bei der Organisation der
städtischen Feuerassecuranz und seine Aus-
i arbeitung des Planes zu städtischen An-
, lagen gedacht. Wiener wurde für seine
Verdienste im December 1872 mit dem
Orden der eisernen Krone dritter Classe
ausgezeichnet und den Statuten gemäß
in den österreichischen Ritterstand er«
hoben. Er starb nach langem schmerz»
lichen Leiden im Alter von 7l) Jahren.
Neue i l lustr ir te Zeitung. Herausnegeben
von Balduin Grol ler . Wien. l?. April
l887. Nr. 29. S. 4o9.
Porträt. Unterschrift: „Friedrich Ritter
von Wiener". Nach einer Photographie «ez.
von F. F. W(eiß) ^ebenda S. 44U).
Wiener, Karl ^Chatles^ (Reisen-
der, geb. in Wien 1849). Ueber den
Bildungs- und Lebensgang des in Rede
Stehenden wissen wir nichts bis zu dem
Augenblicke, da derselbe als Professor in
Paris erscheint und in der Eigenschaft
eines französischen Consuls im Auftrage
der französischen Regierung 1873—1877
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wiedemann-Windisch, Band 56
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wiedemann-Windisch
- Band
- 56
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 340
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon