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Wolf. Gerson 287 f) Gersoll
ferte. Aber es dauerte nicht lange, so
wurde auch dieses Blatt, und zwar
wegen einiger Artikel aus Wo l fs Feder
verboten. Dieses Mal aber drohte die
Angelegenheit schlimmer zu werden, da
unser Schriftsteller aus Wien ausge.wiesen
wurde. Aber durch Vermittlung des Re»
dacteurs Warrens, des Ministerial»
rathes Lewinsky und des damaligen
Stadthauptmannes Noe von Nord'
berg gelang es, die Zurücknahme des
uom Feldmarschall°Lieutenant und dama»
liaen Civil- und Militärgouverneur Frei-
Herrn von Welden erlassenen Aus-
weisungsbefehles zu erwirken, und Wol f
blieb in Wien. Er berichtete nach Jahren
— in der „Grccher Tagespost" vom
Zl. August 1870 — den Vorfall aus-
führlich. Die Fährlichkeiten, in die ihn
sein publicistisches Wirken gebracht hatte,
bestimmten ihn, sich allmälig von der
Journalistik zurückzuziehen. So wendete
er sich,denn ganz der lehramtlichen Thä>
tigkeit zu, und als Karoline Schlesin»
ger, später vermalte Szanto, eine
Schule für israelitische Mädchen grün»
dete, übernahm er an derselben das Lehr-
amt der literarischen Fächer. Im Jahre
4831 bescbloß der Wiener Gemeinde-
rath, das ziemlich im Argen liegende
Volköschulwesen der Residenzstadt einer
Reform entgegenzuführen, deren es drin-
gend bedürfte. Auö diesem Anlaß erließ
der damalige Bürgermeister Wiens,
I)r. Sei l ler , in der „Wiener Zeitung"
eine Aufforderung an die Schulmänner,
Reformvorschläge zu machen. W o l f
veröffentlichte zu diesem Zwecke die
Schrift: „Ueber Volksschulen in Oester«
reich" (Wien, Lechner), in welcher er
ohne Rückhalt seine Ansichten aussprach,
deren einige verdiente Würdigung fan-
den, während andere, so der Vorschlag,
den Religionsunterricht aus allen offent» lichen (Stadt, und Staats-) Schulen
ganz wegzulassen, auf entschiedenen
Widerstand stießen und die „Wiener Zei-
tung bezüglich der in Wolf's Schrift
gemachten Reformvorschläge den schwer-
wiegenden Ausspruch that, es seien
Schlangen, die hinter Blumen versteckt
liegen. In demselben Jahre wurde er
berufen, die ExHorten an die israelitischen
Handwerkslehrlinge am Sonntag Nach-
mittag im Stadttempel abzuhalten, und
er versah dieses Amt abwechselnd mit
seinen Collegen an der Religionsschule seit
1837. Als im December 1832 die Auf-
hebung der Märzverfassung erfolgte und
der Belagerungszustand mit noch größerer
Strenge gehandhabt wurde, fand bei
Wolf infolge einer Denunciation eine
Hausdurchsuchung statt, bei welcher sich
verbotene Bücher vorfanden. Vor ein
Kriegsgericht gestellt und drei Wochen in
Untersuchungshaft gehalten, wurde er zu
vier Wochen Arrest verurtheilt. Auch
über dieses Erlebniß gibt er als über ein
Stück Zeitgeschichte in der „Grccher
Tagespost" vom 16. und 17. September
1870 ausführlichen Bericht. Auf freien
Fuß gesetzt, lebte er einige Zeit in Be-
sorgniß, aus Wien ausgewiesen zu wer-
den, was jedoch nicht erfolgte. Im Jahre
1832 erlangte er die philosophische Doctor-
würde, und obwohl er in seinen Vorschlä-
gen zurReform der Schule Oesterreichs den
Religionsunterricht aus der Schule ver-
bannt wissen wollte, wodurch natürlich
alle Religionslehrer überflüssig geworden
wären, nahm er doch an der israelitischen,
Cultusgemeinde in Wien einen Reli--
gionslehrerposten an, welcher ihm im
.October 1832 verliehen ward. Auf
diesem Felde seiner Wirksamkeit sind
nachstehende Momente hervorzuheben:
Ihm gelang es, den Besuch der ReliZions>
schule von Mädchen guter Familien, die
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Windisch-Wolf, Band 57
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Windisch-Wolf
- Band
- 57
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 334
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon