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des Palastes, in dem gegenwärtig das Mini
sterium des Innern seine Bureaur hat. Er
wurde zu den verschiedensten Missionen t
wendet. t706 leitete er die Verhandlungen
mit den Insurgenten in Ungarn ein, er schloß
mit Kar l X I I . von Schweden den Altran«
städtzr Frieden. Nach dem Austritt des Für-
sten von Sa lm ging fast die ganze Leitung
der auswärtigen Angelegenheiten in seine
Hand über. Ihm und dem Prinzen Eugen
ist jene einheitliche Leitung und Energie zu
verdanken, welche Oesterreich in jenen Jahren
entwickelte, und die Frankreich so herab-
drückte. Als nach dem Tode Josephs I.
die Kaiserin Mutter die Regentschaft führte,
war Wrat is law eGes der wichtigsten
Glieder der geheimen Conferenz. Er betrieb
die Rückkehr Kar ls , er gewöhnte ihn an
den Gedanken, Spanien in den Händen
seines Gegners zu lassen. Leider war W ra>
t is law physisch so leidend, daß er sich oft
in jeder Arbeit gehemmt sah. Die Gicht hatte
ihn abgehalten, seinem Herrn nach Spanien
zu folgen; 4711 begrüßte er ihn doch in
Mailand und folgte ihm nach Innsbruck.
Damals wurde er Oberstkanzler von Böh-
men; aber es war ihm nicht vergönnt, noch
lange seinem Herrn zu dienen. Sein letzter
Brief ist aus Baden l7l2 datirt. Sein Leib
wurde in der Iacobskirche in Prag bei'
gesetzt. Herr von Arneth hat der Erste die
Aufmerksamkeit auf diesen großen österreichi-
schen Staatsmann gerichtet, indem er dessen
im Staatsarchiv niedergelegte Correspundenz
mit König Kar l I I I . von Spanien (Kaiser
Kar l VI.) veröffentlichte. Adam Wol f
schreibt über diesen Briefwechsel: „Was uns
aus diesen Brüfm besonders wohlthuend
entgegenweht, ist die feste kernhafte Gesin«
n.ung, dieser cchte alte Noyalismus, diese
Lehenstreue, welche im Dienst die Kraft und
Ihre sucht. Kar l und Wra t is law waren
zwei harte Geister; sie schienen ost anein«
ander zu stoßm. aber das Vertrauen und die
Pflicht hielten sie fest zu einander zum
Frommen Beider, zu Nutzen der Interessen
des Ganzen." ^Eigenhändige Corre»
spondenz des Königs Kar l I I I . von
Spanien (nachmals Kaiser Kar l VI.) mit
dem obersten Kanzler des Königreichs Böh«
men Grafen Johann Wenzel Wratis«
law. Herausgegeben von Alfred von Ar»
neth (Wien); bildet die erste Hälfte des
XVI. Bandes des von der kaiserlichen Aka-
demie der Wissenschaften herausgegebene Archivs für Kunde österreichischer Geichichts.
quellen. — Z e o l e r's Universal-Lerikon
Bd. ä9. Sp. 636 — 644; mit Angabe zahl'
reicher Duellen und auf Sp. 3A9 u. f. mit
Abdruck seines vom 23. December i7i2 da«
tirten Testamentes. — Porträt. Unterschrift:
„«loanusZ ^Vsuo^sIauL O. It.. I. 0omeä >
' 'WrHtWlHV? ös Mtlonics 3. 0. ! lieF. Na^.
^.ot. Oous. Int. Okinsr. Ne^' Rodem.
OÄnosUar. ßt UkKiiu» Vi-lor ^leli^näiü/
Kupferstich ohne Angabe des Zeichners und
Stechers (8".). auch im N7. Theile der
„Europäischen Fama".) — 24. Johann
Wenzel (geb. 28. September 1682, gest.
18. Mai 1741), von dem uon Peter
Ernst gestifteten Seitenzweige der türki»
schen Linie. Ein Sohn Georgs aus dessen
Ehe mit Anna Margarethe von Wrzes»
sowicz, diente er in der kaiserlichen Armer,
zuletzt als Oberstlieutenant im Ogilvi'schen
Negimente. Er hat, wie unsere Quelle
schreibt: „dem Kaiser Karl VI. viele Jahre
tapfer gedient und verschiedene Wunden als
Zeichen seiner Treue und Herzhaftigkeit da»
von getragen". Seine Ehe mit Nan« Mo-
nore yvn Talmberg (nack Anderen Tmmberg)
blieb kinderlos. — 25. Joseph Xaver
Adam (geb. 3. Jänner t8l8, gest 9. Octo-
bec l869). vom ersten Aste der I. Haupt«
(alteren Special-) Linie. Gm Sohn Franz
Josephs aus dessen Ehe mit Antonie
Freiin von Sterndahl, widmete er sich
nachdem er eine ausgezeichnete Erziehung
genossen hatte, dem Hofdienfte und beklki«
dete zuletzt die Stelle eines ObrrstküchM'
Meisters Seiner Majestät des Kaisers, welches
Hofamt für das Königreich Vöhmm die
Familie seit 17. December l?l l besitzt. Der
Graf ward ebenso wegen seines humanen
leutseligen Wesens in allen Kreisen hoch oe>
liebt, wie als Freund und Förderer der
Künste allgemein bekannt; er war Curator
deS österreichischen Museums, ferner Ehren»
bürger der königlichen Stadt Täbor und der
Gemeinde Olbranowitz. Als in der berüch»
tigten Gründerära die Geldmacht, um ihre
gewagten Speculationen mit Namen aus
den hohen Adelskreisen zu decken, nach solchen
förmlich Jagd machte, und die sogenannten
„Bankgrafen" wie Pilze aus der Ccde
wuchsen, ließ sich auch der Graf einfangen
und er — der vom Geld« und Finanzwesen
nichts uerAaud — sah sich ,zum Orasidenten
des Verwalrungsrathes der Wiener Bank
erwählt. In dieser Stellung erlag er vm
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
Wolf-Wurmbrand, Band 58
- Titel
- Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
- Untertitel
- Wolf-Wurmbrand
- Band
- 58
- Autor
- Constant von Wurzbach
- Verlag
- Verlag der Universitäts-Buchdruckerei von L. C. Zamarski
- Ort
- Wien
- Datum
- 1889
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 13.41 x 21.45 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Biographien, Lebensskizzen
- Kategorien
- Lexika Wurzbach-Lexikon