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Abraham, Raimund #

* 23. 7. 1933, Lienz, Osttirol

† 3. 3. 2010, Los Angeles, (USA)


Architekt, Professor für Architektur

Raimund Abraham, © Die Presse / Harald Hofmeister, für AEIOU
Raimund Abraham
© Die Presse / Harald Hofmeister, für AEIOU

Raimund Abraham wurde am 23. Juli 1933 in Lienz geboren.

Nach der Matura studierte er von 1952 bis 1958 Architektur an der Technischen Universität Graz: gemeinsam mit Günther Domenig, Eilfried Huth und Friedrich Gartler (Künstlername Friedrich St. Florian) bildete er die Kerngruppe der experimentellen sogenannten "Grazer Schule". (Seinen ersten internationalen Erfolg feierte er 1958 mit dem Konzept eines Kulturzentrums in Leopoldville /Kongo.) Anschließend absolvierte er weitere Studien in Deutschland, Belgien und der Schweiz, arbeitete von 1960 und 1964 als freischaffender Architekt in Wien und hielt sich zwischendurch auch kurz in Afrika, Mexiko und den USA auf.

1964 ging er auf Einladung von Friedrich St. Florian in die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er Professor in der 'Rhode Island School of Design' in Providence wurde. Von 1968 bis 1970 war er - ebenfalls in Providence - Direktor des 'Studio of Environmental Technology Institute'.

Als Exponent der Wiener Avantgarde der frühen 1960er Jahre wurden seine Arbeiten - zusammen mit denen von Hans Hollein und Walter Pichler - bereits 1967 im Museum of Modern Art in New York ausgestellt. Weitere Ausstellungen wurden u.a. im Centre Pompidou Paris, der Pinakothek Athen, der Leo Castelli Galerie New York, dem Architektur Museum Frankfurt und in der Galerie Krinzinger Innsbruck gezeigt.

1971 übersiedelte er nach New York, wo er als Professor für Architektur am 'Pratt Institute' und als Gastdozent an der 'Cooper Union for Advencement of Science and Art' tätig war; als Gastprofessor war er u.a. auch an den Universitäten von Yale, Harvard und Graz tätig.

Zugleich machte er sich 1971 selbstständig und eröffnete ein eigenes Studio für Architektur und Design in New York.


Raimund Abraham baute noch vor seiner Übersiedlung in die USA herausragende moderne Einfamilienhäuser mit skulpturalem Charakter. In den USA entwarf er u.a. standardisierte Billighäuser (Providence, Rhode Island, 1968), ein Tagesheim für Kinder (1968), die Rainbow Plaza in Niagara Falls (1973) und die Anthology Film Archives (New York, 1980). Für die Internationale Bauausstellung in Berlin baute er einen Büro- und Wohnungskomplex. 1987/91 errichtete er die Siedlung Traviatagasse in Wien, 1990/93 baute er ein Bürohaus in Graz und 1998/2002 verwirklichte er seinen wohl spektakulärsten Bau, das Österreichische Kulturforum in New York, das internationales Aufsehen erregte. Auch die US-amerikanische Presse feierte das Bauwerk - mit einer Glas-Alu-Fassade, mehr als 20 Stockwerken, aber nur sieben Meter Breite - als architektonischen Meilenstein.

(Aus Protest gegen die FPÖ Regierungsbeteiligung hatte Abraham in einem symbolischen Akt vor der Eröffnung des Österreichischen Kulturforums seine österreichische Staatsbürgerschaft zurückgelegt und die US-amerikanische angenommen; bald danach suchte er aber aber wieder um Einbürgerung an.)


Raimund Abraham wohnte später in Los Angeles und in Mazunte im Bundesstaat Oaxaca in Mexiko. Hier plante er sein eigenes Haus sowie zuletzt für den Mäzen und Immobilienmakler Karl Heinz Müller in Nordrhein-Westfalen ein Musikerhaus im Rahmen des Projekts Museumsinsel Hombrioch.

Nach einem Lehrvortrag am Südkalifornischen Institut für Architektur (SCI-Arc) kollidierte der von Abraham gelenkte Wagen auf der Heimfahrt in Los Angeles mit einem Bus. Raimund Abraham verstarb am 3. März 2010 noch an der Unfallstelle.

Architekt des Imaginären & Ungebauten#

Modell für den Neubau des öst. Kulturinstituts in New York, 1992, © Kunsthalle Krems, für AEIOU
Modell für den Neubau des öst. Kulturinstituts in New York, 1992
© Kunsthalle Krems, für AEIOU

In großem Maß ist Abraham ein "Architekt des Ungebauten", des in kurzen, poetischen Notaten Festgehaltenen und Gezeichneten. Er fertigte utopische Entwürfe für "imaginäre Häuser", das "universale Haus", das "Haus ohne Räume", auch Experimente mit interaktiven Räumen und temporären Installationen.

In eigenen Worten muss für Abraham Architektur „zuerst Idee sein, und dann wird die Idee verwirklicht … Eine Möglichkeit ist die Zeichnung ... Es ist einer der größten Fehler zu meinen, man könne die Zeichnung als Zwischenprodukt einstufen. Wenn die Zeichnung wirklich als fertige Architekturidee zustande kommt, ist sie das Endprodukt.“

Für Abraham ist somit nicht nur Gebautes Architektur. Was ihn vor allem interessiert, ist die Kollision zweier Welten: der geometrischen und der physischen. Abraham in eigenen Worten: "Architektur ist nicht Bauen." – "Architektur ist ein Projekt der Sehnsucht."

Die "Poesie" der Architektur liegt im ganz Einfachen. Er findet in alten Heuschobern oder Steinhäusern eine zeitlose architektonische Ordnung: "In den einfachen Gebäuden wie Stadeln und Ställen artikuliert sich eine Vorstellungskraft, die man nicht vermutet." Und wenn "in einem weißen Dorf in Griechenland eine schwarz gekleidete Frau vorbeigeht", so Abraham, "dann ist das ein Ereignis."

Eine Reihe von Ausstellungen, u.a. im Museum of Modern Art New York oder auf der Architektur-Biennale Venedig, ließen Abraham schließlich zu einer Art charismatischen Identifikationsfigur für moderne Architektur werden.

Werke (Auswahl)#

Imaginäre Architektur
  • Imaginäre Architektur, 1961 - 1984
  • 10 Häuser, 1970 / 1973
  • Neun Häuser Triptychon, 1975
  • Sieben Tore für Eden, 1976
  • Haus für Euklid, 1983

Projekte

  • Pan Arabische Universitätsstadt, Rijadh, Saudi Arabien (mit F. Gartler-St. Florian und J. Lundberg), Internationaler Wettbewerb, 3. Preis, 1958
  • Kulturzentrum, Leopoldville, Republic of the Congo (mit Friedrich Gartler-St.Florian), Internationaler Wettbewerb, 2. Preis, 1959
  • Haus für zwei Freunde, Oggau, Österreich (mit Walter Pichler), 1963
  • Museum Plateau Beaubourg, Centre Georges Pompidou, Paris (mit F. Gartler-St. Florian, und J. Thornley), Internationaler Wettbewerb, 2. Preis, 1971
  • Haus für Euklid, 1983
  • 10 Ansichten für Venedig - Vorschlag für Cannaregio East, 1979 / 1980
  • Les Halles Redevelopment; Paris, Internationaler Wettbewerb, Preis: Honorary Mention, 1980
  • Monument für ein gefallenes Gebäude (Kongresshallenmonument), Berlin, Internationaler Wettbewerb, 1980
  • IBA - Berlin, Wohnhaus Kochstrasse / Friedrichstrasse, IBA-Wettbewerb, 1. Preis, 1980
  • Kirche an der Berliner Mauer, Berlin, 1982
  • Opera de La Bastille, Paris, Internationaler Wettbewerb, 2. Preis, 1983
  • Times Square Tower, New York, Wettbewerb, 1. Preis, 1984
  • Erweiterung Berlin Museum mit Jüdischem Museum, Berlin, Internationaler Wettbewerb, 2. Preis, 1988
  • Das neue Akropolis-Museum, Athen, Internationaler Wettbewerb, 3. Preis, 1990 - 1991
  • Multifunktionales Zentrum, Wien XXIII, Wettbewerb, 1. Preis, 1991
  • Tor für Cranbrook, Illinois, Wettbewerb, 1992
  • Das neue Österreichische Kulturinstitut, New York, Wettbewerb, 1. Preis, 1992
  • HYPO-Bank, Lienz, Tirol, Wettbewerb, 1. Preis, 1993
  • Haus für Musiker, Museumsinsel Hombroich, Deutschland, 1996
  • Bibiliothek für das Anthology Filmmuseum, New York, 1998
  • Wohnblock, Wien, 1999

Realisationen

  • Haus Dapra, Salzburg (mit Friedrich Gartler-St.Florian), 1959 - 1961
  • Haus Pless, Wien (mit Friedrich Gartler-St.Florian), 1960 - 1964
  • Haus M. Dellacher, Oberwart, Burgenland, 1963 - 1967
  • Haus Woolner, Connecticut (teilweise gebaut), 1966
  • Low-Income Housing, Providence, Rhode Island (mit F.St.Florian und S. Thomasson), 1968 - 1969
  • M.A.Z.E. - Experimenteller Kindergarten (mit S. Thomasson, Farbkonzept: Una Abraham), 1968 - 1970
  • Rainbow Plaza, Niagara Falls, New York, (mit G. Fiorenzoli und A. W. Geller), 1973 - 1977
  • Anthology Filmmuseum, New York, (mit K. Bone und J. Levin), 1980 - 1989
  • IBA-Berlin, Wohn- und Geschäftshaus Kochstrasse / Friedrichstrasse 32 - 33, Berlin, 1980 - 1985
  • Haus Bernard, Lanz, Tirol, 1985
  • Siedlung Traviatagasse, Wien, (Masterplan: Raimund Abraham; Gebäudesegmente: Raimund Abraham, Carl Pruscha, Walter Buck/Uta Giencke, Lautner/Scheifinger/Szedenik), 1987 - 1991
  • Wohn- und Geschäftshaus, Graz, Österreich, 1990 - 1993
  • Monument für die Cooper Union University, New York, 1992
  • HYPO-Bank Lienz, Tirol, Österreich, 1993 - 1996
  • Das neue Österreichische Kulturinstitut, 11 E 52nd, New York, 1998 - 2000
  • Haus für Musiker, Museumsinsel Hombroich, Deutschland, 1999
  • Wohnblock, Wien, 1999


Ausstellungen (Auswahl):

  • Architectural Fantasies (mit Hans Hollein and Walter Pichler), Museum of Modern Art, New York, 1967
  • Black Box, Rhode Island School of Design, Providence, Rhode Island, 1968
  • Hyperspaces, Architectural League, New York, 1969
  • Zero - Zones, Moderna Museet, Stockholm, 1969
  • Werke 1960-1973, Galerie Grünangergasse, Wien, 1973
  • Amerika - Europa, Biennale, Venedig, 1976
  • Architecture 1, Leo Castelli Gallery, New York, 1977
  • 10 Immagini per Venezia, Museo Correr, Venedig, 1980
  • Raimund Abraham - Berliner Projekte, Aedes Galerie, Berlin, 1983
  • Follies, Leo Castelli Gallery, New York (Los Angeles und Madrid), 1983
  • Terza Mostra d’ Architettura, Biennale Venedig, 1985
  • Ungebaut/Unbuilt, Galerie Museum, Bozen, Italien und Galerie Krinzinger, Innsbruck, Österreich, 1986
  • Raimund Abraham 1971-1991, The Irwin San Chanin School of the Cooper Union, New York, 1991
  • The New Austrian Cultural Institute by Raimund Abraham, The Museum of Modern Art, New York, 1993
  • The New Austrian Cultural Institute, The Architectural League of New York, Urban Center, 1993

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • 2. Preis Projektwettbewerb Centre Pompidou, Paris, 1971
  • 1. Preis IBA, Berlin, 1981
  • 2. Preis Projektwettbewerb Opera Bastille, Paris, 1983
  • 1. Preis Times Square Tower, New York, 1984
  • "Steinerner Löwe" der 3. Architektur-Biennale Venedig, 1985
  • 3. Preis Projektwettbewerb Neues Akropolis Museum, Athen, 1990
  • Sieger im Wettbewerb Neubau des Österreichischen Kulturinstituts in New York, 1992
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien, 2005

Literatur#

  • R. Abraham, Elementare Architektur, mit Fotografien von Josef Dapra, 1963
  • Werke 1960-1973, Ausstellungskatalog, Galerie Kalb, Österreich, 1973
  • R. Abraham, Berliner Projekte, Ausstellungskatalog, Aedes Galerie, Berlin 1983
  • R. Abraham, Ungebaut/Unbuilt, Ausstellungskatalog, Bozen Innsbruck 1986
  • R. Abraham, Grenzlinien/Borderlines, Ausstellungskatalog, Technische Universität Graz, 1989
  • Dietmar Steiner u. Christian Reder, Rund um den Nullpunkt. Raimund Abraham im Interview, Falter Wien, 13/1986
  • 13 Austrian Positions, Ausstellungskatalog der 5. Internationalen Architektur-Biennale, Biennale di Venezia, 1991
  • Österreichisches Kulturinstitut New York. Ein baukünstlerischer Wettbewerb, Ausstellungskatalog (published by Ernst Bliem), 1993
  • Brigitte Groihofer (Hg.), Raimund Abraham, [Un]built, 1996
  • Weihsmann, Helmut, In Wien erbaut. Lexikon der Wiener Architekten des 20. Jahrhunderts, Promedia Verlag 2005
  • Albert Kirchengast, Am Nullpunkt. Raimund Abraham im Interview, Falter Stmk., 47/2007

Weiterführendes#

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner, I. Schinnerl



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