Archive#
Aufbewahrungsorte von Schriftstücken, vorwiegend Urkunden, Akten, Bildern und Plänen. Seit dem Hochmittelalter besaßen die Klöster Archive, die Landesfürsten waren lange Zeit weniger auf Archive bedacht. Das habsburgische Archiv befand sich in der Sakristei der Burgkapelle, Maximilian I. ließ die Urkunden neu ordnen. Die meisten Archive sind aus Registraturen der Verwaltung entstanden. Man unterscheidet öffentliche Archive und Privatarchive. Öffentliche Archive sind die im Österreichischen Staatsarchiv zusammengefassten Archive des Bundes, der einzelnen Länder und der Gemeinden. Privatarchive sind kirchliche Archive (Diözesen und Klöster), Archive von Familien, Einzelpersonen, Betrieben, Zeitungen, Verlagen oder des ORF.
Das Österreichische Staatsarchiv (dem Bundeskanzleramt zugeordnet) wurde 1945 aus dem 1939 geschaffenen Reichsarchiv Wien, dem Kriegsarchiv und dem Verkehrsarchiv gebildet. Es besteht a) aus Generaldirektion, b) Haus-, Hof- und Staatsarchiv (HHStA), c) Allgemeines Verwaltungsarchiv (AVA), dem auch das Verkehrsarchiv eingegliedert ist, d) Finanz- und Hofkammerarchiv (FHKA), e) Kriegsarchiv (KA) und f) Archiv der Republik (AdR). Die Generaldirektion, das Archivamt und die Abteilungen c, e, f befinden sich im 1988 eröffneten Archivgebäude Wien 3, Nottendorfergasse 2. Das HHStA wurde 1749 von Maria Theresia zur Erfassung aller für das Herrscherhaus und den Staat wichtigen Dokumente gegründet, 1762 der Staatskanzlei angeschlossen und dadurch zum Archiv des Herrscherhauses, der Hofverwaltung und der Außenpolitik. Joseph II. wies ihm die Bestände aufgehobener Klöster zu. 1840 wurde es zur wissenschaftlichen Anstalt erklärt und 1868 für die Benützung freigegeben. Es befindet sich im 1902/03 erbauten Gebäude am Minoritenplatz 1.
Das Allgemeine Verwaltungsarchiv entstand aus dem 1820 gebildeten Hofkanzleiarchiv, übernahm 1918 die Bestände der Justizverwaltung, 1933 das 1828 errichtete Adelsarchiv und 1945 das Archiv der Unterrichtsverwaltung. Das ihm angeschlossene Archiv für Verkehrswesen wurde 1897 als Archiv der Eisenbahn-Hoheitsverwaltung gegründet und verwaltet die Bestände der Eisenbahnen, der obersten Post- und Telegraphenverwaltungen seit 1826 bzw. 1846, der Zentralstelle für das Schifffahrtswesen seit 1865. Das Hofkammerarchiv umfasst Archivalien aus dem Geschäftsgang der Hofkammer seit dem 16. Jahrhundert und übersiedelte 1848 (1832-56 war Franz Grillparzer Direktor) in das Gebäude Johannesgasse 6. Das Finanzarchiv wurde 1892 als Archiv des k. u. k. Finanzministeriums gegründet, übernahm Bestände der Allgemeinen Hofkammer ab zirka 1814 und blieb bis 1938 im Verband des Finanzministeriums, während das Hofkammerarchiv (1868-1918 k. u. k. Reichs-Finanzarchiv) dem Bundeskanzleramt unterstand. Seit 1945 bilden beide eine Abteilung. Das Kriegsarchiv wurde 1801 von Erzherzog Karl als kriegswissenschaftliches Institut gegründet, neben dem das Hofkriegsrätliche Archiv weiterbestand. 1848 wurden beide ein Archiv im Bereich des Kriegsministeriums und alles Schriftgut des Heeres- und Kriegswesens seit 1546 dort vereinigt (Hofkriegsrätliches Kanzleiarchiv, Registratur des Hofkriegsrates und des Kriegsministeriums, Aktenbestände des Bundesheeres der 1. Republik und Personalakten der deutschen Wehrmacht). In dem 1983 gegründeten Archiv der Republik sind alle Bestände der übrigen Abteilungen seit 1918 bzw. 1945 (mit Ausnahme Bundestheater, Kultus und Unterricht) zusammengeführt.
Der Zeitpunkt der Freigabe für die Forschung wird durch das Bundeskanzleramt bestimmt (derzeit 20 Jahre generelle Archivsperre, bis 30 Jahre Sonderregelungen).
Jedes Bundesland besitzt ein Landesarchiv, das in den meisten Fällen aus einem Regierungsarchiv und einem ständischen Archiv besteht. In Wien ist das Stadtarchiv auch Landesarchiv Auch die meisten größeren Städte besitzen organisierte und mit Fachbeamten besetzte Archive. Landesarchive und einzelne Stadtarchive (Linz) betreuen regionale Urkundenbücher und Regestenwerke.
Privatarchive sind unter anderem die Diözesanarchive in Wien, St. Pölten und Klagenfurt sowie die meist mit älteren Beständen reich ausgestatteten Klosterarchive. Wertvolle Archivalien besitzen einzelne Adelsfamilien, manche übertrugen die Betreuung ihrer Bestände öffentlichen Archiven. Interessenvertretungen, Parteien und Großbetriebe verfügen in der Regel über nicht öffentlich zugängliche Archive. Sonderarchive sind Dokumentationsstellen von Zeitungen, des ORF, des österreichischen Widerstands oder das Österreichische Filmarchiv.
Für Archivalien gilt das Denkmalschutzgesetz 1976 (zuständig ist das Archivamt). Archivare werden in der Regel am Institut für österreichische Geschichtsforschung ausgebildet und sind im "Verband österreichischer Archivare" organisiert (Zeitschrift "Scrinium" seit 1969).
Literatur#
- L. Bittner, Gesamtinventar des Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchivs, 5 Bände, 1936-40
- Inventar des Hofkammerarchivs, 1951
- Inventar der Innsbrucker staatlichen Archive, 1938
- Inventar des Steiermärkischen Landesarchivs, 1959
- Mitteilungen des Österreichischen Staatsarchivs seit 1948, 42 Bände und 11 Sonderbände (1992)
- Das österreichische Staatsarchiv. Geschichte, Leistung, Aufgabe, 1988
- E. Springer und L. Kammerhofer, Archiv und Forschung, 1993
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