Was sind asymmetrische Kriege?#
Erwin Schmidl
Vor allem seit 1999 (NATO-Luftkrieg gegen Jugoslawien) und dann im „Krieg gegen den Terror“ seit 2001 tauchte der Begriff „asymmetrischer Kriege“ auf. Damit wird die Fähigkeit des Gegners bezeichnet, die technologische Überlegenheit des Westens (Stichwort „Revolution in Military Affairs“, RMA) geschickt zu unterlaufen.
Obwohl der Begriff neu ist, ist das Phänomen „asymmetrische Kriegsführung“ wohl so alt wie der Krieg selbst – der in der Bibel geschilderte Kampf Davids gegen Goliath ist letztlich auch ein solcher. Gerade in Aufständen und Bürgerkriegen, zuletzt eben auch bei terroristischen Anschlägen, kann es kleinen Gruppen immer wieder gelingen, gegen an sich überlegene Gegner Erfolge zu erzielen.
Erleichtert wird das in der gegenwärtigen Situation durch zwei Entwicklungen:
– Die Vorstellung, durch hochtechnisierte Aufklärung und Informationstechnologie den menschlichen Einsatz (und damit das Risiko von Verlusten) gering zu halten bzw. auf kleine, professionelle Streitkräfte zu beschränken, erhöht die Verwundbarkeit gerade im technischen Bereich.
– Die Bedeutung der medialen Berichterstattung („CNN-Effekt“) erhöht die Wirkung auch kleiner Anschläge durch die weltweite Aufmerksamkeit. Vor allem terroristische Anschläge wirken in erster Linie durch die Berichte darüber, nicht durch die Schäden selbst (so tragisch die dadurch verursachten Opfer an Menschenleben auch sind).
In vielen Bereichen ähneln die Phänomene der asymmetrischen Kriegführung jenen früherer Kolonialkriege oder der Bekämpfung von Partisanen. Zum Schutz der eigenen verwundbaren Bereiche muss eine möglichst „pro-aktive“ Bekämpfung der Gegner, ein Einsatz entsprechender menschlicher Ressourcen anstelle derAbstützung auf rein technische Aufklärung, vor allem aber das Anbieten einer politischen Alternative treten, um die meist kleinen Gruppen von Kämpfern zu isolieren und ihre Unterstützung durch die Masse der Bevölkerung zu verhindern.
Allerdings zeigte sich immer wieder, dass die Umsetzung dieser Grundsätze in der Praxis nicht leicht ist. Die Kämpfe der UN-Interventionstruppen gegen die Milizen in Somalia 1992–94, der Kampf der israelischen Armee gegen palästinensische Aufstände oder die Lage im Irak ab 2003 sind Beispiele für die Probleme, denen sich gerade hoch technisierte Armeen im Kampf gegen vergleichsweise „primitive“ Aufständische gegenübersehen.
Dieser Essay stammt mit freundlicher Genehmigung des Verlags aus dem Buch:
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