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Freund, Leopold#

* 5. 4. 1868, Miscovice Miskovice (Tschechische Republik)

† 7. 1. 1943, Brüssel


Radiologe

Leopold Freund
Leopold Freund. Foto, um 1920
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien, für AEIOU

Leopold Freund wurde am 5. April 1868 in Míškovice als Sohn von Jakob Freund und Marie Sprinzels geboren.

Nach dem Besuch des Gymnasiums studierte er ab 1888 in Wien an der Medizinischen Fakultät und promovierte 1895 zum Doktor der gesamten Heilkunde. Anschließend arbeitete er im Bereich Pädiatrie, Innere Medizin und Dermatologie an verschiedenen Abteilungen des Allgemeinen Krankenhauses; 1899 trat er in die Klinik für Haut- und Geschlechtskrankheiten ein.

Mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen durch Wilhelm Röntgen 1895 bzw. der Entdeckung der Radioaktivität durch Antoine Becquerel 1896 ging deren erstmalige therapeutische Anwendung durch Leopold Freund in Wien einher - die Basis für die Strahlentherapie war geschaffen.
(Freund behandelte im Herbst 1896 einen "Tierfellnaevus" erfolgreich mit Röntgenstrahlen: Er hatte ein fünfjähriges Mädchen, dessen gesamter Rücken dicht behaart war, Tage hindurch täglich zwei Stunden lang mit Röntgenstrahlen bestrahlt und so einen Haarausfall erreicht. Im Verlauf der Behandlung kam es bei dem Mädchen zu Strahlengeschwüren im Bereich der Lendengegend, die jedoch auf chirurgischem Weg korrigiert werden konnten. Bei einem Röntgenkongress in Wien 1973 konnte die nun bereits 80-jährige Patientin den nach wie vor vorhandenen Bestrahlungserfolg demonstrieren; allerdings hatte sie im Bereich der Lendenwirbelsäule nach wie vor ein ausgedehntes, teilweise vernarbtes Geschwür.)

Leopold Freund erlangte 1904 zugleich mit Guido Holzknecht und Robert Kienböck die Habilitation im Fach medizinische Radiologie. Die Radiologie war somit – trotz Widerstand der Fakultät – als eigenständige medizinische Disziplin anerkannt. Von 1913 bis 1920 war er im Vorstand des Laboratoriums der Klinik Finger und Assistent an der Poliklinik. 1914 wurde er zum außerordentlichen Professor und 1937 zum Hofrat ernannt.

Nach dem "Anschluss" Österreichs musste Leopold Freund, der Jude war, 1938 emigirieren. Er ging mit seiner Frau nach Brüssel, war aber nach der deutschen Besetzung der Stadt auch dort der Verfolgung ausgesetzt.

Leopold Freund, der als Begründer der medizinischen Radiologie und der Röntgentherapie gilt, starb am 7. Jänner 1943 in Brüssel.


Leopold Freund veröffentlichte rund 340 wissenschaftliche Arbeiten, u.a. auch über die Behandlung von Berufskrankheiten mittels Licht, die Wirksamkeit von verschiedenen Spektralbereichen des Lichts auf die menschliche Haut und über die Verwendung von Röntgenstrahlen zur Prüfung von Baumaterial. Er verfasste das erste ausschließlich der Strahlentherapie gewidmete Lehrbuch der Welt.


Bericht eines Zeitzeugen

Rudolf Brestel
Wissenschaftskalender „Wissenschaft entdecken“
© bmbwk
„Ich überließ ihm den Funkeninduktor der Anstalt und eine von mir selbst mit der Quecksilberpumpe hergestellte Röntgenröhre, führte ihn in die Physik und Technik der Röntgenstrahlen ein und wies ihm einen Arbeitsraum zu, in welchem Freund alsbald seine Bestrahlungen mit Eifer begann. Als Objekt diente ihm ein kleines Mädchen, welches durch ein ungeheures, dicht behaartes Muttermal am Nacken und Rücken so entstellt war, daß die Eltern die Entfernung dieser Haare dringend erbat[...]

Eines Tages, als ich gerade in meinem Laboratorium arbeitete, wurde die Tür desselben aufgerissen- und unangemeldet mit dem Zeichen höchster Aufregung stürmte Freund, das kleine Mädchen an der Hand hinter sich herziehend, herein, laut rufend: ‚Herr Direktor, Herr Direktor, sie fallen aus!‘

J. M. Eder in der „Neuen Freien Presse“; 6. Jänner 1922
(aus: Site des bmbwk, „Wissenschaft entdecken“)

Werke (Auswahl) #

  • Ein mit Röntgenstrahlen behandelter Fall von Naevus pigmentosus piliferus In: Wiener Medizinische Wochenschrift, 6. März 1897
  • Grundriß der gesamten Radiotherapie für praktische Ärzte. 423 S., ill., 1 Tafel. Berlin, 1903
  • Die elektrische Funkenbehandlung (Fulguration) der Karzinome (mit A. Praetorius), 1908
  • Die radiologische Fremdkörperlokalisation bei Kriegsverwundeten, 1916
  • Die Syphilis im Röntgenbilde, 1916

Literatur#

  • L. Freund, in: NDB Bd. 5, S. 413
  • L. Freund, in: ÖBL, Bd. 1 (Lfg. 4), S. 359
  • L. Freund, in: Judith Bauer-Merinsky: Die Auswirkungen der Annexion Österreichs durch das Deutsche Reich auf die medizinische Fakultät der Universität Wien im Jahr 1938: Biographien entlassener Professoren und Dozenten. Wien, Diss., 1980

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner