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Loschmidt, Johann Josef #

* 15. 3. 1821, Putschirn / Počerny, Tschechien

† 8. 7. 1895, Wien


Physiker und Chemiker


Johann Joseph Loschmidt
Johann Joseph Loschmidt. Lithographie, 1875
© Ch. Brandstätter Verlag, Wien, für AEIOU

Johann Josef Loschmidt wurde am 15. März 1821 in Putschirn, heute Pocerny, einem Dorf in der Nähe von Karlsbad (Tschechien) als ältestes von vier Kindern geboren. Der Volksschullehrer und der Pfarrer bemerkten die Begabung des Kindes und ermöglichten ihm von 1833 bis 1837 den Besuch des Untergymnasiums, von dem er in der Folge an das Obergymnasium in Prag wechselte. Anschließend begann er an der deutschen Karls-Universität in Prag das Studium der Philosophie und wurde von Professor Franz Exner senior wegen dessen Augenleiden als Vorleser angestellt. Später übertrug Exner Loschmidt Forschungsaufgaben, beispielsweise die Formulierung psychologischer Probleme mit den Methoden der Mathematik.


Loschmidt kam bald zur Auffassung, dass diese Problemstellung von Grund auf verfehlt war und wandte sich 1842 von der Philosophie ab, um an der Wiener Universität Physik und Chemie zu studieren. In der Folge stellte er bei einigen Firmen seine Qualitäten als Chemiker unter Beweis. Der wirtschaftliche Erfolg blieb ihm jedoch versagt, daher reifte in ihm der Entschluss, als staatlich angestellter Lehrer zu arbeiten. Nach der Ablegung aller erforderlichen Lehramtsprüfungen erhielt er 1856 eine Lehrstelle an der Volks- und Unterrealschule St. Johann im zweiten Wiener Gemeindebezirk und begann parallel dazu, wissenschaftlich zu arbeiten. In der Folge lernte er den Vorstand des Physikalischen Instituts der Universität Wien, Prof. Josef Stefan, kennen, der ihm den Weg an die Universität ebnete.

Patentschrift Aeromotor
Aus der Patentschrift für den Aeromotor
© Öst. Patentamt

Am 29. Juni 1865 reichte Josef Loschmidt gemeinsam mit Bernd Margulies das Privileg Nr. 11177 für ein mittels eines "Aeromotors" betriebenes 2-spuriges Fahrzeug ein, das sich mit Hilfe komprimierter Luft vorwärtsbewegte.


1866, also mit 45 Jahren, konnte Loschmidt sich an der Universität habilitieren und wurde damit Privatdozent. 1868 wurde er Assistenzprofessor, bevor er von 1872 bis 1891 ordentlicher Professor für Physikalische Chemie an der Universität Wien war; seine Hauptvorlesung war die Experimentalphysik für Pharmazeuten.


Josef Loschmidt beschäftigte sich mit Forschung sowohl im Bereich der Physik als auch der Chemie. Die Zahl der in einem Mol einer Verbindung enthaltenen Moleküle, die so genannte Loschmidt-Zahl (6,022*10²³), ist nach ihm benannt. Loschmidt erkannte als erster, dass die Kohlenstoffatome des Benzolmoleküls in Form eines Ringes miteinander verbunden und die Wasserstoffatome um den Ring herum gleichmäßig verteilt sind. Er gründete gemeinsam mit Heinrich Hlasiwetz, Josef Petzval und Josef Stefan die Chemisch-Physikalische Gesellschaft in Wien, die bis dato existiert, und war korrespondierendes und später wirkliches Mitglied der Wiener Akademie der Wissenschaften. Da er lange ohne feste Lebensstellung war, heiratete er erst in vorgerücktem Alter, und zwar seine um 36 Jahre jüngere Haushälterin Karoline Mayr. Am 8. Juli 1895 verstarb er im Alter von 74 Jahren, nachdem er schon längere Zeit an einer Magenerkrankung gelitten hatte.

Werke (Auswahl)#

  • Chemische Studien (Wien 1861), in: Ostwalds Klassiker, Bd. 190, Leipzig 1913
  • Zur Konstitution des Äthers, 1862
  • Zur Größe der Luftmoleküle, in: Sitzungsbericht der Akademie der Wissenschaften Wien, 52, 2. Abt., S. 395-413, 1865
  • Zur Theorie der Gase, 1866
  • Stereochemische Studien I, in: Wiener Monatshefte, 11 , S. 28-32, 1890

Würdigungen#

Josef Loschmidt erhielt ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gr.56B/2/23).

Am ehemaligen Physikalischen Institut der Universität Wien, Wien 9, Türkenstraße 3, und an seinem letzten Wohnhaus, Wien 18, Lacknergasse 79, ist er auf Gedenktafeln verewigt, im Arkadenhof der Universität Wien ist sein Porträt von Anton Schmidgruber zu sehen, und im 21. Bezirk ist eine Gasse nach ihm benannt.

1995 widmete ihm die Österreichische Post eine Sondermarke. Für besondere Dienste im Bereich der Chemie vergibt die Gesellschaft Österreichischer Chemiker die "Josef Loschmidt-Medaille".


Gedenktafel am Wohnhaus Wien 18, Lacknergasse 79., © Rainer Lenius
Gedenktafel am Wohnhaus Wien 18, Lacknergasse 79.
© Rainer Lenius
Porträt Loschmidt in der Universität Wien, Arkadenhof., © Rainer Lenius
Porträt Loschmidt in der Universität Wien, Arkadenhof.
© Rainer Lenius
Sonderpostmarke Josef Loschmidt., © Österreichische Post 1995
Sonderpostmarke Josef Loschmidt.
© Österreichische Post 1995



Text aus dem "Fachlexikon Forscher und Erfinder"#

Josef Loschmidt, Forscher und Erfinder

Aus ärmlichen bäuerlichen Verhältnissen stammend, wurde Loschmidt durch Vermittlung seines Lehrers der Besuch des Gymnasiums in Prag ermöglicht; 1839 studierte er an der deutschsprachigen Universität der Stadt und kam dort mit Franz Serafin Exner, Professor für Philosophie, in Kontakt. 1841 ging er nach Wien, wo er 1846 in Physik und Chemie am Polytechnischen Institut graduierte. Es gelang ihm aber nicht, eine wissenschaftliche Stelle zu finden.
So arbeitete er in einer Stahlfabrik, dann versuchte er, durch gewerbliche Herstellung von Salpeter, Oxalsäure sowie von Papier seine materielle Situation zu verbessern. 1850 wurde er zunächst Hofmeister, ab 1856 Lehrer an einer Unterrealschule in Wien. Hier begann seine wissenschaftliche Tätigkeit.
Die Arbeit „Zur Größe der Luftmoleküle“ (1865) begründete seinen Ruf als Physiker. Nach erfolgter Habilitation (1866) wurde er zunächst Privatdozent, 1868 außerordentlicher Professor und war von 1872 bis 1891 ordentlicher Professor für Physik an der Universität Wien. Loschmidt war Mitglied der Akademie der Wissenschaften zu Wien und Ehrendoktor der Universität Wien.


Die Arbeiten von Loschmidt zur Entwicklung der kinetischen Gastheorie sowie zur Thermodynamik enthielten grundlegende molekulartheoretische Erkenntnisse. Die Berechnung der Anzahl der Moleküle in einem Mol (Loschmidtsche Zahl, N = 6,023 x1023 mol -1) sowie des Durchmessers des Luftmoleküls (nach Loschmidt sollte dieser 1 Millionstel Millimeter betragen) wurden zu Grundgrößen der klassischen Atomistik.


Der Beitrag von Loschmidt zur Entwicklung der organischen Strukturtheorie ging in einigen Punkten über die Erkenntnisse seiner Zeitgenossen hinaus; in seinen „Chemischen Studien 1“ (1861) postulierte Loschmidt erstmalig eine ringförmige Anordnung der Bindungen des Kohlenstoffs in aromatischen Systemen. Mit Hilfe von Kreissymbolen veranschaulichte er in 368 graphischen Formelbildern (darunter 121 von aromatischen Verbindungen) seine Auffassung von der Struktur; er verwendete zur Darstellung von Mehrfachbindungen eindeutige Strichsymbole und löste die um die Mitte des 19. Jh. gebräuchlichen und oft widersprüchlichen Typen und Summenformeln systematisch auf.

Loschmidt ermittelte die Zusammensetzung von Ozon und erkannte konstitutionelle Zusammenhänge in aromatischen Systemen. Seine Auffassungen von den Bindungsverhältnissen im Benzen blieben allerdings hinter den von A. Kekulé entwickelten Vorstellungen (1865) zurück.

Der biografische Text beruht großteils auf dem Personeneintrag im "Fachlexikon Forscher und Erfinder" und wurde dem Austria Forum freundlicherweise seitens Nikol Verlag, Hamburg, bzw. Harri Deutsch Verlag, Frankfurt a.M., zur Verfügung gestellt. (www.harri-deutsch.de)
Ergänzungen: Werner Kohl, Auer-von-Welsbach-Forschungsinstitut, Althofen - Wien, Österreichisches Patentamt


Weiterführendes#

Literatur#

  • A. Zartl, J. Loschmidt 1821-1895, 1995
  • Allgemeine Deutsche Biografie ADB, Bd. 52, S. 82-84
  • P. M. Schuster: From Curiosity to Passion. Loschmidt’s Route from Philosophy to Natural Science. In: Wilhelm Fleischhacker, T. Schönfeld (Hrsg.): Pioneering Ideas for the Physical and Chemical Sciences. Proceedings of the Josef Loschmidt symposium, held June 25–27, 1995, in Vienna, Austria. Plenum Press, New York 1997
  • P. M. Schuster: Schöpfungswoche Tag zwei – Joseph Loschmidt zur Huldigung. Living Edition, Pöllauberg 2004 (mit Federzeichnungen von Helmut Krumpel, sowie Zeittafel, Liste der publizierten Abhandlungen Loschmidts und Bibliographie)

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner, I. Schinnerl, hmw


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