Gegen die Disneysierung unserer Welt #
Norbert Loacker, Wolfgang Pullmann und Rainer Reinisch denken nachvon Janko Ferk
Norbert Loacker (1939), Wolfgang Pullmann (1940) und Rainer Reinisch (1933) sind österreichische Autoren, die sich ein wenig ähneln. Sie gehören in etwa derselben Generation an, waren bis zur Pensionierung in nichtliterarischen Berufen tätig und schreiben eine selbstreflexiv-essayistische Gedankenprosa, so auch Rainer Reinisch, mag er hier auch als Romancier vertreten sein.
Norbert Loacker wurde in Vorarlberg geboren, studierte in Wien und lebt heute in der Schweiz. Er ist Verfasser von Gedichten, Hörspielen, Romanen, Sachbüchern sowie Essays und wurde für seine Arbeiten ausgezeichnet. Im Essayband „Was Massen mögen“ beschäftigt sich Loacker mit einem Grundgefühl des modernen Menschen, und zwar mit seinem Heimweh nach dem Garten Eden. Seine nüchterne Analyse untersucht die Begriffe des Machbarkeitswahns, der Gigantomanie und quasireligiöse Attitüden. Das Disneyland ist der geistreiche Aufhänger für Loackers bilanzierende Vergleiche über die „Disneysierung der Welt“. Walt Disney hält Loacker gleichzeitig für einen Visionär und Verführer, der uns allen seine künstliche Gegenwelt als Lösung verkauft.
Der Salzburger Wolfgang Pullmann arbeitete als Betriebswirt in internationalen Unternehmen und ist erst in der Pension richtig zum Schreiben gekommen, wie man es anschaulich ausdrücken muss. Er schreibt Aufsätze, Erzählungen, Novellen und auch Kinderbücher. Im gegenständlichen Essayband „Was darf ich hoffen?“ beschäftigt sich Pullmann mit den Themen des Lebens „aus der Sicht eines praktischen Philosophen“. Die Begriffe und Begrifflichkeiten, denen er nachspürt, sind beispielsweise das Glück, die Liebe, die Macht und selbstredend der Tod, daneben Geiz und Gier, Themen aus dem Leben, die er stellenweise humorvoll darlegen kann, obwohl er im Eigentlichen Anregungen für den Leser formulieren will. Wolfgang Pullmann ist auf Denkanstöße aus, auf Anregungen, auf „Einsichten“, es geht ihm darum, die Menschen zum Weiterdenken anzuleiten, ohne besserwisserisch zu sein.
Der dritte in diesem Bund, Rainer Reinisch, ist ein multipler Künstler. Der gebürtige Kärntner aus dem zweisprachigen Ferlach/Borovlje hat in Wien studiert, ist Architekt geworden und war gleichsam ein Berufsleben lang der Stadtbaudirektor in Braunau. Das Schreiben allein wäre Reinisch zu wenig. Er fotografiert, gestaltet, collagiert, malt und denkt unentwegt über uns und die Welt nach. Jetzt hat er einen Roman über Jonathan F. König geschrieben, der als Kameramann „der rasende King“ ist. Der verheiratete Vater zweier Kinder ist mit der Kamera auf der Schulter „der Reporter fürs Grobe“ in allen Krisengebieten dieser Erde. Den Tsunami, an den wir uns alle erinnern, nützt er auf seine Art und wechselt die Identität, um fortan der Australier Charlie Neumann zu sein. Schließlich schreibt er sein Leben auf, um es zurücklassen zu können. „Flucht in fremder Haut“ ist weder Unterhaltungsliteratur noch ein spannender Krimi, das Buch ist ein flüssig geschriebenes Stillleben, das - wie die Essaybände Norbert Loackers und Wolfgang Pullmanns - zum Nachdenken anregt.
- Norbert Loacker: Was Massen mögen. Über Themenparks. Essay. Limbus Verlag, Innsbruck 2016. Gebunden mit Lesebändchen; 139 Seiten; EUR 10,00. ISBN 978-3-99039-079-5.
- Wolfgang Pullmann: Was darf ich hoffen? Einsichten eines praktischen Philosophen. edition innsalz, Ranshofen 2014. Broschur; 170 Seiten; EUR 16,50. ISBN 978-3-902981-27-1.
- Rainer Reinisch: Flucht in fremder Haut. Roman. edition innsalz, Ranshofen 2016. Broschur; 178 Seiten; EUR 16,50. ISBN 978-3-903126-04-6.