Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast

Villa Franziska und Iwan Rosenthal#

Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
© Markus Duschek

Die Villa Franziska und Iwan Rosenthal befindet sich in Hohenems (Vorarlberg) Hohenems, Vorarlberg am Nordrand des jüdischen Viertels.

Das Gebäude geht in seinem Kern auf die Alte Post (Anbauten) zurück, die 1807 von Josef Rosenthal dem Karl Josef Waibel abgekauft wurde, und auf ein 1823 von August Rosenthal (Haupthaus) erbautes, stattliches Bürgerhaus.

Nach den Plänen der bekannten Schweizer Architekten Chiodera & Tschudy ließen Franziska und Iwan Rosenthal 1889 die bestehenden Gebäude zu einer imposanten Villa aus- und umbauen. Nach dem Tod der Erbauer (Iwan Rosenthal 1929, Franziska Rosenthal 1931) erbte eine in der Schweiz lebende Nichte die Villa. 1938 wurde das Anwesen verkauft und befindet sich noch heute in Privatbesitz.

Architkekturgeschichte#

Dieser in der Art des Elkan-Hauses groß dimensionierte dreigeschossige Bau mit Mansardwalmdach, mit drei Dachgaupen und zwei Kaminen, vermutlich 5 x 3 Achsen und einem Korbbogenportal ist durch Bauakten belegt1. Der Eingang war nicht an der Schauseite, sondern rechts. Von einem zentralen Gang gingen die einzelnen Zimmer weg. Die Räume in Erdgeschoß dürften überwölbt gewesen sein. In diesem Haus wohnte nur die Familie August Rosenthal, zu dritt mit noch zwei Dienstboten.

Dieses Haus von 1823 stand in unmittelbarer Nähe zur Alten Post, auf jenem Platz also, auf dem im Jahre 1889 die Anbauten aufgeführt werden sollten. Dass es sich tatsächlich um die nachmalige Villa Ivan-Rosenthal handelt, lässt sich an einem Situationsplan nachvollziehen, der einem Ansuchen um den Bau einer Holzremise für den Bruder von August, Ignatz Rosenthal (nachmaliger Besitzer der Alten Post zusammen mit Martin Hirschfeld, seit 1831), beigelegt war3. Im Jahre 1886 hat Franziska Rosenthal in der Radetzkystraße 1 eine "Schupfe" erbauen lassen.

Aus dem Jahre 1889 gibt es einen Situationsplan der Architekten Chiodera & Tschudy aus Zürich über "An- und Neubauten" an das bereits bestehende Haus für Ivan Rosenthal. Aus den Bauakten ist kein Umbau des Wohnhauses zu einem mehr villenartigen Gebäude ablesbar. Ivan Rosenthal sucht am 3. April 1889 an, an der Stelle des Dr. Mathischen Hauses (ehemals Alte Post und vermutlich bis zu Ignatz Rosenthals Tode 1864 in dessen Besitz) einen "Wohnungsanbau, eine Verbindungsgalerie mit Kutscherwohnung, einem Ökonomiegebäude, und Einfriedung" errichten zu dürfen. Tatsache ist, dass das Dach des Haupthauses seit ungefähr dieser Zeit ein flaches Mansardwalmdach trägt, die Mittelachse durch den engeren Abstand der 3 Fenster sich gegen die Seitenachsen abgrenzt, dass ein Dreiecksgiebel im Dach und ein Balkon im Piano Nobile eben diese Mittelachse betonen. Das Korbbogenportal ist dasselbe. Der erste Stock ist rustiziert, Ecklisenen gliedern die Fassade.

Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
© Markus Duschek

Die Kartusche mit den Initialen "J F R " verweist auf Ivan (I) und Franziska (F) Rosenthal, ähnlich wie Anton R. bei der Villa Heimann-Rosenthal seine Initialen und jene seiner Frau Charlotte in den Akanthusfries malen ließ. Die Frauen scheinen bei den meisten jüdischen Familien als Besitzerinnen, Käuferinnen von Häusern oder Hausteilen und sogar als Bauwerberinnen auf.

Hohenems stand seit der Gründung der Kultusgemeinde in St. Gallen im Jahre 1863 in regem Austausch mit den St. Gallern. Von dort wird sich auch die Verbindung zu den Architekten Chiodera & Tschudy ergeben haben. Die Synagoge in St. Gallen wurde 1880/81 von den Züricher Architekten im byzantinisch-maurischen Stil erbaut. Anlässlich der Eröffnung sprach der Präsident Frank zur Gemeinde: "... Herr Brettauer lässt die anwesenden Sänger des 'Frohsinns' leben, worauf Herr Sandherr auf das Wohl der jüdischen Gemeinde trinkt, die uns Christen durch ihre Opferwilligkeit ein Vorbild sein kann. Herr Homburger dankt den Hohenemsern, die den St. Gallern immer mit Rat und Tat an die Hand gegangen..." Ebenso hält Dr. Adolf Guttmann, der von 1877-1883 Rabbiner in Hohenems war, eine Rede. Von hier also ergibt sich möglicherweise die Verbindung der Architekten zu Hohenems. Es hat in St. Gallen auch Villenbauten von den Architekten gegeben, z.B. die 1883 erbaute Villa Kürstein. Chiodera & Tschudy praktizierten einen ziemlich eklektizistischen Späthistorismus. Für die Villa Kürstein wurde - ähnlich, aber dekorativer als bei der Villa Rosenthal - die Formensprache eines frührenaissancehaften Klassizismus gewählt. Die Villa in St. Gallen besitzt ebenfalls ein flaches Walmdach, mit Dreieckgiebeln und Segmentbögen überdachten Fenstern, einen Balustradenbalkon im Piano Nobile in der Mittelachse. Die Villa Ivan-Rosenthal liegt für eine typische Villa zu sehr an der Straße (Zwänge der alten Vorgaben), was aber durch eine überaus reiche Gartengestaltung kompensiert wird. Sie eröffnet am Eingang zu Hohenems in monumentaler Weise (ungewöhnliche Verschränkung verschiedener Baukörper) das Jüdische Viertel.

Die Villa wurde, wie zitiert, am 7.7.1988 unter Schutz gestellt. Sie hat inzwischen den zweifelhaften Charme einer Ruine. Bevor die Unterschutzstellung perfekt war, die Empfehlung des BDA aber schon bekannt, bemühte sich der heutige Eigentümer Fenster und Türen auswechseln zu lassen (im Jahre 1988), die nun einen völligen Stilbruch darstellen: Fenster im Stile der Sechziger Jahre an einer Villa des 19. Jahrhunderts!

Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
© Markus Duschek
Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
© Markus Duschek
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Seitentrakt. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Seitentrakt. Mai 2015
© Markus Duschek

Bericht des Denkmalamtes#

Das Bauobjekt gliedert sich in drei Hauptkomplexe:

1. Den fünfachsigen, dreigeschossigen Haupttrakt, der im Kern vermutlich auf das 17. Jahrhundert zurückgeht, allerdings im Zuge des Neubaues entsprechend verändert wurde. Die Straßenfront mit sandsteingefassten Fenstern ist durch ein Kordongesims über dem gebänderten Erdgeschoß sowie gerade, segmentbogenförmige und dreieckgiebelige Fensterverdachungen im 1. Obergeschoß strukturiert. Eckpilaster rahmen die beiden Obergeschosse. Ein Zwerchgiebel mit halbkreisförmigem Fenster über den drei Mittelachsen, ein Balkon mit barockisierendem Schmiedeeisengitter sowie ein Korbbogenportal mit Sandsteingewände heben die mittleren Achsen des Haupttraktes repräsentativ hervor. Seiten- und Gartenfront desselben entsprechen dem Duktus der Eingangsfassade.

2. An den Haupttrakt schließt unmittelbar ein zweigeschossiger Zwischentrakt an, in dem sich eine Stiegenhalle, eine Sala terrena sowie im 1. Obergeschoß ein Speisezimmer befindet. (Dieser Gebäudeteil zeigt einen trapezförmigen Grundriss, der die Krümmung der Radetzkystraße, an der der Gesamtbaukomplex ausgerichtet ist, ausgleicht.) Die Stiegenhalle wendet sich mit einem ausladenden Segmentbogenfenster, welches durch Pilaster flankiert und einen Dreieckgiebel mit Rundfenster bekrönt ist, der Straße zu. Die beiden äußeren Achsen der Fassade werden im 1. Obergeschoß von je einem Rundbogenfenster bestimmt. Eine gebänderte Erdgeschoßzone schließt die Stiegenhausfront nach unten ab. Die mit dem Stiegenhaus achsial verbundene Sala terrena bildet an der gartenseitigen Front eine konvexe Ausladung, die die Villa optisch in den rückwärtigen Park einbindet. Drei gleich hohe arkadenförmige Öffnungen im genuteten Erdgeschoß dienen in der Mitte als Eingang und seitlich davon als Fenster. Das Obergeschoß des segmentbogenförmigen Gebäudevorsprungs beherrschen drei großformatige Rechteckfenster, die von ionischen Pilastern unterbrochen werden. Darüber verläuft ein breites, profiliertes Gesims, über dem das Dach mit Konsolsteinen vorragt. Beidseitig des Mittelrisalites schließt etwas zurückversetzt je ein zweiachsiger, zweigeschossiger Anbau an. Zwei breite Korbbogenportale mit Sandsteingewänden dominieren im Erdgeschoß.

Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal. Mai 2015
© Markus Duschek

3. Ein schmaler, dreiachsiger Trakt mit abgeflachtem Walmdach schließt den dreigliedrigen Baukörper nach Norden ab. Er ist im Erdgeschoß gebändert und wird zur Straße hin von einem Korbbogenportal mit Sandsteingewände beherrscht. Die Fassade dieses Baukörpers gliedern über dem Erdgeschoß ein Kordongesims, im ersten Stock drei Fenster mit Sohlbänken und Steingewänden, ein Dreiecksgiebel über einer Mittelnische sowie drei querrechteckigen Fenstern im Dachgeschoß.

Der Außenerscheinung der Villa entsprechend ist auch das Innere des Hauses repräsentativ ausgestattet. Der mit dem Stiegenhaus in einer Achse liegende saalartige Raum öffnet sich mit zwei hohen Rundbogenfenstern und einer gleichgeformten Mitteltüre in den Garten. Er ist durch eine breite rechteckige Wandöffnung, die in einen Quergang führt, mit dem Stiegenhaus verbunden. Die Decke über dem Gartenzimmer, welches ursprünglich als Wintergarten diente, ist als gemalter Himmel gestaltet, in dem vereinzelt noch Vögel zu erkennen sind. In der Stiegenhalle führt eine Treppe, die sich in halber Geschoßhöhe nach zwei Seiten teilt, mit reich verziertem barockisierendem Schmiedeeisengitter und gedrechselten Handläufen in das Obergeschoß.

Die Halle empfängt ihr Licht durch ein breites, hohes Mittel- und zwei Seitenfenster. Glasgemälde symbolisieren im Hauptfenster mit der Gestalt einer weiblichen Figur mit Spindel in der Hand und Bienenkorb zu Füßen, das Weberhandwerk und den Fleiß. Die Seitenfenster weisen in Form von Rosenranken auf das Familiengeschlecht des Erbauers Johann Franz Rosenthal hin. Gemalte Putten mit Wappenkartusche schmücken die Seitenwände des Stiegenhauses. Die ornamental bemalte Decke ist entlang eines stark profilierten Gesimses mit Rundbogennischen und Stichkappen versehen. Über dem Treppenpodest des Obergeschosses befindet sich eine kanzelartige Holzbrüstung mit barockisierendem geschnitztem Dekor. Auf einer Wappenkartusche in der Mitte, eingerahmt von zwei Pilastern mit Volute sind die Initialen J.F.R. und seitlich davon das Datum 1890 zu lesen. Der zum Stiegenhaus geöffnete Obergeschoßflur ist an den Wänden und im Bereich der Türen mit kunstvoll ausgeführter Holzverkleidung versehen. Ein Bild mit Putten im Wolkenhimmel schmückt das Mittelfeld der Decke. Vom Flur gelangt man in herrschaftlich ausgestattete Räume. Sie weisen qualitätsvolle kunsthandwerkliche Holz- und Tapetenverkleidungen auf.

Zwischen dem Haupt- und Nebengebäude verläuft ein ebenerdiger Trakt mit Flachdach, der ursprünglich als Kegelbahn diente. Er ist zur Straße hin gemauert und besteht gartenseitig aus einer verglasten Holzlaube. Die mit Putzfugen versehene Straßenfront gliedern gequaderte Lisenen und Kreissegmentnischen. Die kunsthandwerklich reich ausgestattete Holzdecke im Inneren schmücken in Laubsägetechnik ausgeführte, dekorative Holzelemente. Figürliche und ornamentale Malerei füllt die Wandflächen aus und ergänzt die Holzeinrichtung. Den Abschluss des gesamten Gebäudekomplexes bilden das ehemalige Bedienstetenhaus und der Wirtschaftstrakt. Eine ebenerdige Remise an der Nord- und Südfront mit Korbbogenportal verbindet die beiden Gebäude. Sie sind im Erdgeschoß gemauert, bei den Torbögen und Fenstern mit Steingewänden versehen, die Entlastungsbögen der Fenster in Ziegeln ausgeführt. Ornamentaler Dekor in Sgraffitotechnik hebt die verputzten Außenwände malerisch hervor. Die Obergeschosse beider mit Kreuzgiebeldächern versehener Objekte sind in Holzkonstruktionen errichtet, welche ein phantasievoll geformtes und kunstvoll geschnitztes Fachwerk nach außen schmückt.

Nach Abschluss des Gutachtens zur Einleitung des Unterschutzstellungsverfahrens zerstörte ein Brand einen Großteil des Inneren des Hauses Radetzkystr. Nr. 3 . Ebenso wurde der Dachstuhl und teilweise das Fachwerk im Dachbereich von Haus Nr. 3 in Mitleidenschaft gezogen. Allerdings sind die charakteristischen Züge des Bauwerks im Wesentlichen erhalten geblieben und werden auch ohne Detailwiederherstellung nicht in Frage gestellt. Der Gebäudekomplex der beiden Häuser Radetzystraße 1 und 3 stellt durch seine reichen künstlerischen Details und durch seine herrschaftliche Anlage eine Besonderheit in der Villenarchitektur von Hohenems dar. Er ist eines der wichtigsten Beispiele der gründerzeitlichen Baukunst in der Stadt und als ehemaliger Wohnsitz einer über die Landesgrenzen angesehenen Industriellenfamilie kommt ihm neben seinen geschichtlichen und künstlerischen auch kulturelle Bedeutung zu.

Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Seitentrakt mit bunten Glasfenstern. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Seitentrakt mit bunten Glasfenstern. Mai 2015
© Markus Duschek
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, buntes Glasfenster. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, buntes Glasfenster. Mai 2015
© Markus Duschek
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Eingangstor. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Eingangstor. Mai 2015
© Markus Duschek
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Balkon. Mai 2015
Villa Franziska und Iwan Rosenthal, Balkon. Mai 2015
© Markus Duschek

Quellen#


Andere interessante NID Beiträge

Bild 'default'
*
Bild 'default'
*
Bild 'default'

Bitte nutzen Sie die Suche, um nach Themen zu suchen, die Sie interessieren
Andere interessante Austria-Wiki Beiträge