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Open Educational Resources - Allgemein#

Autoren: Martin Ebner, Sandra Schön

Webfunde dürfen nicht ohne weiteres verwendet werden!#

Wer im Internet nach Lern- und Lehrmaterialien recherchiert, wird zahlreiche Treffer landen: Von Abbildungen über passende Texte bis hin zu kurzen Videos finden sich – zumindest in Englisch – häufig etliche passende Funde. Trotzdem erlauben es Urheberrechtsregelungen im deutschsprachigen Europa im Regelfall nicht, diese Materialien im Unterricht einzusetzen bzw. als Bestandteil neu zusammengestellter Lern- und Lehrmaterialien wieder zu veröffentlichen, also beispielsweise anderen im Internet zur Verfügung zu stellen. Solche Materialien sind somit prinzipiell kostenfrei zu entdecken, sind aber rechtlich nicht ohne weiteres zu nutzen und wieder zu veröffentlichen.

Was man darf bzw. nicht darf wird u.a. in den Urheberrechtsgesetzen festgelegt. Unter folgenden URL kann man weitere Informationen nachlesen:

Definition "Offene Bildungsressourcen"#

"OER" hat sich in den letzten Jahren, auch im deutschsprachigen Raum, als Abkürzung für "Open Educational Resources" (engl. für offene Bildungsressourcen) etabliert. Darunter werden Materialien für Lernende und Lehrende verstanden, welche kostenlos im Web zugänglich sind und über eine entsprechende Lizenzierung zur Verwendung und auch zur Modifikation freigegeben sind (Geser 2007; Mruck et al. 2011).

Bedeutung von "offen"#

Offene Bildungsressourcen zeichnen sich zunächst dadurch aus, dass sie (a) kostenfrei im Web zur Verfügung stehen. Darüber hinaus sind sie auch (b) frei verwendbar: Da generell Urheberrechtsinhaber/-innen, also in der Regel die Autor/-innen von Internetmaterialien, um Erlaubnis gefragt werden müssen, bevor Materialien im Unterricht eingesetzt werden bzw. modifiziert und wie- derveröffentlicht werden, wurden dazu eine Reihe von Lizenzmodellen eingeführt. Im deutschsprachigen Raum ist der Einsatz der Creative-Commons-Lizenzen verbreitet. Einige Sammlungen von offenen Bildungsressourcen oder Plattformen zur Erstellung von offenen Bildungsressourcen werden durch entsprechende Lizenzierungsmodelle unterstützt, um die spätere Nutzung so einfach wie möglich zu machen. Dann, als dritte Bedeutung des Wortes "offen", wird dem Verständnis einiger Initiativen zufolge auch eingefordert, dass offene Bildungsressourcen (c) dem Prinzip offener Softwarestandards folgen sollen, ein Microsoft-Word-Dokument würde dabei diesem Anspruch nicht genügen. Schließlich wird in den letzten Jahren immer häufiger unmittelbar (d) auch auf "offene Lern- bzw. Lehrformen" verwiesen, die mit offenen Bildungsressourcen möglich werden, aber auch entsprechend unterstützt werden sollen. Dabei wird auch eingefordert, dass Lernende bei der Entwicklung der Lern- und Lehrmaterialien mitwirken können.

Video: http://youtu.be/Nard6IQ75Ko

Das Video ist Teil der Einführung beim Onlinekurs "COER13" http://www.coer13.de, dem deutschsprachigen offenen Kurs zu offenen Bildungsressourcen (Start 8.4.2013). Bitte jeweils beachten, dass Videoausschnitte/Bildmaterial auch von anderen stammen (jeweils entsprechend eingeblendet). Alles weitere unterliegt folgender CC-Lizenz: CC BY Sandra Schön/BIMS e.V. für COER13

Potenziale für Lernende und Lehrende#

Offene Bildungsressourcen eröffnen zahlreiche Chancen und bergen Potenziale. Für Lernende und Lehrende sind offene Bildungsressourcen die Chance (vgl. auch Geser 2007, S. 20):

  • Rechtssicherheit bei der Nutzung von Internetfunden, da alle Fragen zum Urheberrecht und Nutzungsmöglichkeiten (relativ) eindeutig geklärt sind,
  • mehr Auswahl und Abwechslung beim Materialeinsatz,
  • bei der Erstellung, Verbesserung oder Modifikation von Materialien mitzuwirken,
  • dabei Kosten zu sparen (indem man auf alternative kostenpflichtige Angebote verzichten kann),
  • eigene Perspektiven und Erfahrungen einzubringen oder darauf aufzubauen und
  • die Möglichkeit eigene Materialien und Erfahrungen mit anderen auszutauschen die man nicht täglich in der Bildungseinrichtung trifft.

Immer wieder wird jedoch bei solchen Auflistungen von Potenzialen darauf hingewiesen, dass diese Chancen von offenen Bildungsressourcen auch aktiv unterstützt werden müssen und sich nur unter der Voraussetzung von entsprechenden didaktischen und organisatorischen Begleitmaßnahmen erfüllen: Insbesondere ist dabei auf entsprechende "offene" Lehrmethoden und Lernszenarien hinzuweisen, die den Lernenden auch Möglichkeiten der Selbstorganisation und/oder Selbststeuerung einräumen (Zauchner/Baumgartner 2007). Eine aktuelle Befragung von Bildungsexpert/-innen in Europa bestätigt unter anderem, dass die Nutzung von OER beispielsweise den Wandel des Lernenden vom passiven Rezipienten zum aktiv Beitragenden fordert (64 Prozent Zustimmung, OPAL 2011, S. 65).

Potenziale für die Gesellschaft#

Führt man diesen Gedanken weiter, sind OER auch ein Schlüsselfaktor, um solche offenen Lern- und Lehrmethoden zeitgemäß umzusetzen. Folglich sollten offene Bildungsressourcen auch ein wesentliches Element sein, um lebenslanges Lernen sowie Wissensgesellschaften zu unterstützen (vgl. Geser 2007; Schaffert/Geser 2008). OER-Initiativen werden jedoch auch öffentlich und von Stiftungen gefçrdert, weil sie allgemein den Zugang zur Bildung erleichtern können. Politisch interessant sind ebenso mögliche Kostenersparnisse (Hylén 2006): Im öffentlichen Bildungswesen müssen gedruckte (oft teure) Bücher gekauft werden, die für eine geringere Summe öffentlicher Gelder auch kostenfrei online zur Verfügung gestellt werden können. Insgesamt bergen OER neben Einsparungseffekten auch die Möglichkeit, den Ressourcenpool für innovative Bildungsideen zu erweitern, einfacher anzupassen und zu aktualisieren (Geser 2007, S. 20). Sind die Materialien frei zugänglich, kann man einfacher und kostengünstiger passende Bildungsmaterialien finden – oder auch anpassen. Potenziell kann so auch die Qualität von Bildungsressourcen erhöht werden, wenn die Möglichkeiten der Verbesserung und der Qualitätskontrolle durch Systeme unterstützt werden (ebd.).

Reputationseffekte für Lehrende und Autoren#

Neben den unmittelbaren Potenzialen der Kostenersparnisse und der Qualitätsverbesserung bei der Bildung wird immer wieder, insbesondere für die Autor/-innen von OER sowie von Einrichtungen, die OER anbieten, auf Reputationseffekte hingewiesen: Durch OER kann man auf Lehrende oder auch potenzielle Bildungsanbieter aufmerksam werden. So weist Hylén (2006) darauf hin: "Institutions to be engaged in OER will profit from good public relations, the materials can function as a show-window attracting new students".

Argumentationen für OER-Strategien in Einrichtungen#

Es gibt also eine Reihe von politischen, finanziellen, altruistischen und didaktischen Argumenten, OER zu erstellen bzw. diese Idee zu unterstützen. Schaffert (2010) sammelte die Begründungen von Hochschulen, die OER-Strategien einführten, und konzentrierte sich dabei auf die angestrebten organisationalen Veränderungsprozesse (und nicht etwaige altruistische Motive, vgl. Abbildung).

Grafik: angestrebte Veränderungen durch OER in Hochschulen
Grafik: angestrebte Veränderungen durch OER in Hochschulen

Im Hinblick auf die eigene Organisation gibt es nach dieser Darstellung vier Handlungsfelder für den Einsatz von offenen Bildungsressourcen und die Einführung von OER-Strategien in Hochschulen.

  • OER können die Studierenden und Lehrenden adressieren, damit der unkomplizierte Zugriff auf Informationen und Materialien für Studierende und Lehrende gegeben ist – damit ist auch durch die Veröffentlichung und Offenheit eine gewisser Grad an Qualitätssicherung gegeben: Was potenziell die ganze Welt sehen kann, wird ggf. (noch) sorgfältiger erstellt.
  • OER, insbesondere damit verbundene offene Lern- und Lehrsettings beim gemeinsamen Erstellen von Lernressourcen, können auch die Einführung neuer Lernkulturen unterstützen.
  • OER können außerdem zu Marketingzwecken verwendet werden, einer- seits um neue Studierende zu werben oder andererseits um mögliche Reputationseffekte für die Bildungseinrichtung ("Die tun Gutes für freien Zugang zur Bildung") zu schaffen. Ergänzend wurde hier ein weiteres Argument aufgenommen, das immer häufiger von Seiten der Hochschulen genannt wird: (Neue) Studierende können sich leichter zu Studieninhalten und -methoden informieren bzw. einen Eindruck verschaffen, wenn OER zur Verfügung gestellt werden.
  • OER können schließlich, im Sinne von offenen Innovationen, auch Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Lehrenden und Lernenden ermög- lichen und dadurch Impulse und Verbesserungen an der eigenen Einrichtung anstoßen oder auch neue Formen des Lernens anregen, z. B. kooperatives Lernen über Einrichtungen hinweg.
Die Technische Universität Graz hat als erste österreichische Universität eine Open-Content-Strategie entwickelt, auch um ihrem öffentlichen Bildungsauftrag nachzukommen (Ebner/Stöckler-Penz 2011)

Finanzierung von OER#

In der Literatur und in Weblogs finden sich unterschiedliche Vorgehen, wie der monetäre Wert der (zumeist ehrenamtlichen) Arbeit, von freien (Web-) Materialien berechnet werden kann. Dabei wird entweder versucht, den Wert der Arbeitsleistungen zu ermitteln, die für das Entstehen des Werks notwendig waren (Input-orientierter Ansatz), oder es wird versucht zu ermitteln, welcher Wert dem Produkt am Markt beigemessen wird (Output-orientierter Ansatz). Wert der Arbeitsleistung (Input-orientierter Ansatz)

OER-Projekte müssen wie konventionelle Projekte auch kalkuliert werden. Die Darstellung der Zeit-Mengen-Gerüste gehört insbesondere bei hohen Anteilen von „Freiwilligenarbeit“ zu den ersten kritischen Herausforderungen. Low-Budget- Projekte können beispielsweise nicht im vollen Umfang auf kostenpflichtige gewerbliche Dienstleistungen oder Angebote zurückgreifen. Vieles wird in Eigenleistung erbracht, teilweise um den Preis deutlich höherer Zeitaufwände, sofern für bestimmte Tätigkeiten die entsprechende Routine und Infrastruktur fehlt, oder professionelles Know-How teilweise erst erworben werden muss (z.B. Programmieren, Layout). Daraus ergeben sich für die Bewertung der jeweiligen zeitbezogenen Arbeitsleistungen Probleme, die insbesondere bei Nachkalkulationen schlagend werden.

Quelle und Literatur#

  • Dieser Text basiert auf Auszügen aus: Martin Ebner & Sandra Schön (2011). Offene Bildungsressourcen: Frei zugänglich und einsetzbar. In K. Wilbers & A. Hohenstein (Hrsg.), Handbuch E-Learning. Expertenwissen aus Wissenschaft und Praxis – Strategien, Instrumente, Fallstudien. (Nr. 7-15, pp. 1-14). Köln: Deutscher Wirtschaftsdienst (Wolters Kluwer Deutschland), 39. Erg.-Lfg. Oktober 2011. (Einverständnis der Autoren liegt vor!)
  • Mruck, Katja; Mey, Günter; Purgathofer, Peter; Schön, Sandra & Apostolopoulos, Nicolas (2011). Offener Zugang – Open Access, Open Educational Resources und Urheberrecht. In: Martin Ebner & Sandra Schön (Hrsg.), Lehrbuch zum Lernen und Lehren mit Technologien. URL: http://l3t.tugraz.at/index.php/LehrbuchEbner10/article/view/62
  • Geser, G.: Open Educational Practices and Resources – OLCOS Roadmap 2012, Salzburg 2007, abrufbar unter: http://www.olcos.org/english/roadmap (13.08.2011).
  • Ebner, M./Stçckler-Penz, C.: Open Educational Resources als Lifelong-Learning-Strategie am Beispiel der TU Graz. Tomaschek, N./Gornik, E. (Hrsg.). The Lifelong Learning University, Waxmann 2011, S. 53–60.
  • Hylén, J.: Open Educational Resources: Opportunities and Challenges, 2006, abrufbar unter: http://www.oecd.org/dataoecd/5/47/37351085.pdf (07.04.2009).
  • OPAL: Beyond OER. Shifting Focus to Open Educational Practices, OPAL Report 2011, a(11.03.2011).
  • Schaffert, S. (2010). Strategic Integration of Open Educational Resources in Higher Education. Objectives, Case Studies, and the Impact of Web 2.0 on Universities, in: Ehlers, U-D./Schneckenberg, D. (eds.): Changing Cultures in Higher Education – Moving Ahead to Future Learning, New York 2010, S. 119–131.
  • Zauchner, S./Baumgartner, P. (2007). Herausforderung OER – Open Educational Resources, in: Merkt, M./Mayrberger, K./Schulmeister, R./Sommer, A./van den Berk, I. (Hrsg.): Studieren neu erfinden – Hochschule neu denken, Münster 2007, S. 244–252