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vom 19.01.2019, aktuelle Version,

Angriff bei Temes Kubin

Bei dem Angriff bei Temes Kubin (heute: Kovin in Serbien) handelt es sich um ein Gefecht, das nie stattgefunden hat, aber eine Rolle bei der Kriegserklärung Kaiser Franz Josephs vom 27. Juli 1914 an Serbien spielte.

Der Angriff und die Kriegserklärung an Serbien

Nach dem Attentat von Sarajewo hatte Serbien ein von Österreich-Ungarn gestelltes Ultimatum aus Sicht der k.u.k-Monarchie nur unzureichend beantwortet, was deren Regierung zum Anlass diente, dem Nachbarland den Krieg zu erklären. Außenminister Leopold Berchtold legte dem Kaiser am 27. Juli 1914 in Bad Ischl die bereits um den 20. Juli vorbereitete Kriegserklärung zur Unterzeichnung vor. Zuvor berichtete er dem Monarchen laut Aktenbogennotiz:[1]

„Einer Meldung des 4. Korpskommando zufolge haben serbische Truppen von Donaudampfern bei Temes-Kubin gestern unsere Truppen beschossen und es entwickelte sich auf die Erwiderung des Feuers hin ein größeres Geplänkel. Die Feindseligkeiten sind hiermit tatsächlich eröffnet worden und es erscheint daher umso mehr geboten, der Armee in völkerrechtlicher Hinsicht jene Bewegungsfreiheit zu sichern, welche sie nur bei Eintritt des Kriegszustandes besitzt. ...“

Entwurf der Kriegserklärung vom 27. Juli 1914 mit der Paraphe Kaiser Franz Josephs. Den Hinweis auf das Gefecht bei Temes Kubin hat Außenminister Berchtold nachträglich ausgestrichen und die Kriegserklärung in dieser eigenmächtig geänderten Fassung versandt.

Auch der dem Kaiser vorgelegte und von ihm unterzeichnete Entwurf des Textes der Kriegserklärung beinhaltete einen Verweis auf diesen serbischen Angriff. Das mysteriöse Gefecht bei Temes Kubin (Kevevára) am Nordufer der Donau gegenüber Semendria (Smederevo) scheint aber nicht stattgefunden zu haben bzw. die diesbezügliche Meldung des IV. Korps nach Wien war falsch bzw. übertrieben. Am 26. Juli gab es lediglich das Anhalten eines Flussdampfers durch eigenes Feuer der 14. Infanteriebrigade, der nach vorgenommener Untersuchung wieder freigegeben wurde, und vom serbischen Semendria aus den Beschuss eigener Dampfer, die getroffen, aber nicht beschädigt wurden.[2] Jedenfalls noch vor Veröffentlichung der Kriegserklärung wurde vom nunmehr nach Wien zurückgekehrten Außenminister Berchtold am Morgen des 28. Juli 1914 die Passage über Temes Kubin aus der vom Kaiser unterschriebenen Kriegserklärung hinausgestrichen.

Am Nachmittag des 28. Juli wurde die Kriegserklärung Belgrad telegrafisch im Umweg über Rumänien übermittelt. Erst im Laufe des 29. Juli, nachdem alles mit der „verbesserten“ Kriegserklärung seinen Lauf genommen hatte (und Kaiser Franz Josef zum Beispiel am 28. Juli König Carol von Rumänien telegrafiert hatte, dass er gezwungen sei, die Feindseligkeiten gegen Serbien zu eröffnen, nachdem diese nicht nur die Forderungen nicht erfüllten, sondern auch „ohne vorhergegangene Kriegserklärung ein Gefecht provoziert“ haben) meldete Berchtold dem Kaiser höchstpersönlich, dass „die Nachrichten von einem Gefecht bei Temes Kubin keine Bestätigung erfahren haben, hingegen bloß eine Einzelmeldung über ein geringfügiges Geplänkel bei Gradište vorlag“ und auf der vom Kaiser unterschriebenen Kriegserklärung nachträglich manipuliert wurde, worauf der Kaiser laut Äußerung seines Flügeladjutanten Catinelli äußerst ungehalten reagierte.[3][2]

Dass es sich bei dem Vorgang um ein bewusstes Täuschungsmanover Berchtolds gehandelte habe, wurde von einigen Zeitgenossen und Historikern behauptet, gilt heute aber als wenig wahrscheinlich. Der Kaiser musste nicht erst zum Krieg überredet werden, sondern war schon dazu entschlossen.[4] Für die Entscheidung zum Krieg innerhalb der österreichisch-ungarischen Führung war das Phantom-Gefecht daher letztlich nicht von großer Bedeutung.[5] Die Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien bildete den Auftakt zum Ersten Weltkrieg.

Einzelnachweise

  1. Manfried Rauchensteiner: Der Tod des Doppeladlers. Österreich-Ungarn und der Erste Weltkrieg. Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1997, ISBN 3-222-12116-8, S. 92.
  2. 1 2 Wolfdieter Bihl: Der Erste Weltkrieg 1914–1918. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2010, ISBN 978-3-205-78379-4, S. 50.
  3. Manfried Rauchensteiner: Der Tod des Doppeladlers: Österreich-Ungarn und der Erste Weltkrieg. Verlag Styria, Graz/Wien/Köln 1997, ISBN 3-222-12116-8, S. 93f.
  4. Alma Hannig: Franz Ferdinand. Die Biografie. Amalthea Signum, Wien 2013, ISBN 978-3-85002-845-5 (Auszug bei Google Books).
  5. Günther Kronenbitter: „Krieg im Frieden“. Die Führung der k.u.k. Armee und die Großmachtpolitik Österreich-Ungarns 1906−1914. Verlag Oldenbourg, München 2003, ISBN 3-486-56700-4, S. 483.