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vom 08.03.2020, aktuelle Version,

Ayya Khema

Ayya Khema, 1993

Ayya Khema (eigentlich Ilse Ledermann, * 25. August 1923 in Berlin als Ilse Kussel; † 2. November 1997 in Uttenbühl im Allgäu) war eine buddhistische Nonne in der Theravada-Tradition.

Leben

Kindheit und Jugend

Ayya Khema wurde am 25. August 1923 als Ilse Kussel in Berlin als einziges Kind wohlhabender jüdischer Eltern geboren. In Berlin verbrachte sie auch ihre Kindheit und Jugend. Ihre Eltern verließen Berlin Anfang 1939 über Triest und flohen nach Shanghai (Republik China), der damals letzten Zufluchtsstätte für europäische Juden. Kussel verließ Deutschland im April 1939 mit einem der letzten Schiffstransporte jüdischer Kinder. Sie fand vorübergehend Aufnahme bei einer Gastfamilie russisch-jüdischer Herkunft in Glasgow (Schottland). Im Februar 1941 folgte sie ihren Eltern in die entstandene europäisch-jüdische Exilgemeinde.

Während des Pazifikkriegs eroberten die Japaner Shanghai 1937. Auf Drängen der deutschen Regierung wurden die ca. 20.000 europäischen Juden dort Anfang 1943 zwangsweise in einem Stadtteil konzentriert. Im Shanghaier Ghetto starb Kussels Vater Theodor im August 1945, wenige Wochen vor der Befreiung des Ghettos durch die Amerikaner.

Emigration in die USA

Nach der Heirat mit Johannes Dombrowski und der Geburt der gemeinsamen Tochter Irene im Ghetto von Shanghai konnte die Familie 1949 auf einem der letzten Truppentransporter nach Kalifornien (USA) emigrieren, kurz bevor die Volksbefreiungsarmee Shanghai eroberte. In den USA erhielt Ilse Dombrowski alsbald die amerikanische Staatsbürgerschaft.

Bis zur Geburt ihres Sohnes Jeffrey im Jahr 1956 lebte und arbeitete sie in San Diego als Sekretärin und Buchhalterin. In diesen Jahren regte sich in ihr ein wachsendes Gefühl der Unzufriedenheit mit der materiellen Orientierung ihres neuen Lebens und sie begann mit der Lektüre philosophischer und spiritueller Bücher. Mit ihren Gedanken und Gefühlen blieb sie jedoch in ihrer Familie allein, bis sie in Kalifornien im Hause ihrer Mutter 1959 Gerd Ledermann kennenlernte, einen ebenfalls aus Berlin stammenden jüdischen Elektroingenieur, den sie bald nach der Scheidung ihrer ersten Ehe in Mexiko heiratete. Dort lebte das Paar und der Sohn Jeffrey auch kurze Zeit in einer spirituellen Gemeinschaft.

Reisen

Mit Gerd Ledermann und dem Sohn aus erster Ehe bereiste Ilse in den folgenden Jahren Mittel- und Südamerika, Australien, Asien und Europa. Längere Zeit lebte und arbeitete die Familie in Mexiko, Pakistan und Australien. Den Beginn ihrer spirituellen Entwicklung markieren Aufenthalte im Ashram des verstorbenen Ramana Maharshi und im Sri Aurobindo Ashram in Südindien. Dort begegnete Ilse Ledermann auch der „Mutter“ Mirra Alfassa, Sri Aurobindos kongenialer Weggefährtin, deren phantasievolle angeleitete Meditationen und sprachliche Einfachheit ihr einen ersten und bis zuletzt prägenden Zugang zur Meditation ermöglichten.

1967 wurde die Familie dann in Queensland (Australien) sesshaft, kaufte ein Grundstück und begann mit dem Aufbau der biologischen Farm Shalom (Frieden).

Kontakt mit dem Buddhismus

Anfang der siebziger Jahre besuchte der englische buddhistische Mönch Phra Khantipalo (Laurence Mills) die Familie. Von ihm hörte Ilse Ledermann das erste Mal den Buddhadhamma, die Wirklichkeits- und Befreiungslehre des historischen Buddha. Bald organisierte sie für Khantipalo auf der Farm Meditationskurse, reiste in verschiedene buddhistische Zentren in den USA und Burma und begleitete später erste eigene Meditationskurse auf der Farm.

1977 zerbrach die Ehe mit Gerd Ledermann. Nach dem Verkauf der Farm erwarb Ilse ein Grundstück bei Sydney, auf dem das buddhistische Waldkloster Wat Buddha Dhamma[1] unter der Leitung von Khantipalo entstand. Nach einer mehrmonatigen Trainingszeit in thailändischen Waldklöstern bei Ajahn Singtong und Ajahn Maha Bua reiste Ilse 1979 nach Sri Lanka, wo sie im August 1979 im Vajirarama-Tempel durch den Abt Narada Mahathera in der frühbuddhistischen Tradition des Theravada zur Novizin (Samaneri) mit dem Namen Khema ordiniert wurde.

Bald darauf lernte Schwester Khema auf Sri Lanka den ebenfalls jüdischstämmigen deutschen Mönch Nyanaponika Mahathera (1901–1994) kennen, der ihre Fragen zum Verständnis des Buddhadhamma geduldig und kompetent beantwortete. Wenn sie sich später auf einen Lehrer bezog, dann war es Nyanaponika, von dem sie stets mit höchstem Respekt und Dankbarkeit sprach.

Es schloss sich für Schwester Khema dann eine Zeit intensiver Meditation an, sowie später das öffentliche Engagement für die Belange des verkümmerten Nonnenordens in Sri Lanka.

Lehrtätigkeit und Erkrankung

1983 suchte sie Matara Sri Nyanarama Mahathera (1901–1992) auf, einen hoch angesehenen singhalesischen Mönch und Meditationsmeister aus dem Tempel Mitirigala. Nach Ayya Khemas eigenen Angaben hat er, im Beisein von Bhikkhu Katukurunde Nyanananda (geb. 1940), ihre Meditationspraxis der meditativ verfeinerten Bewusstseinszustände (Jhana) als korrekt bestätigt und sie dazu autorisiert, diese meditative Entfaltung der Geistesruhe (samatha-bhavana) systematisch im Westen zu lehren. Parallel zur Aufnahme dieser Lehrtätigkeit entstand 1985 in Sri Lanka ein Kloster für westliche Nonnen auf der Insel Parappuduwa im Ratgama-See, dessen erste Äbtissin Schwester Khema bis Anfang der neunziger Jahre war. 1987 war sie wesentlich an der Gründung von Sakyadhita beteiligt.

Etwa zur gleichen Zeit erfuhr sie von ihrer Krebserkrankung. Sie entschied sich gegen eine Operation. Im Dezember 1988 wurde Schwester Khema im Hsi-Lai-Tempel in Los Angeles (Kalifornien) bei der International Buddhist Progress Society, einer national-chinesischen buddhistischen Tradition, zur Bhikkhuni ordiniert.

Durch ihre Lehrtätigkeit in Europa und Übersee seit Anfang der achtziger Jahre wurde Schwester Khema, die sich nun traditionsgemäß Ayya („ehrwürdige Dame“) nannte, als buddhistische Nonne und Meditationslehrerin bekannt. Da in Sri Lanka die Lage Ende der achtziger Jahre aufgrund ethnischer Unruhen immer schwieriger und unsicherer wurde, entstand auf Initiative einiger deutscher Buddhisten Anfang 1989 in Südbayern ein buddhistisches Meditations- und Studienzentrum, das Buddha-Haus im Allgäu. Es wurde immer mehr zu Ayya Khemas Lehr- und Lebensmittelpunkt und bald auch zum Sitz des von ihr gegründeten Jhana Verlags.

Im Buddha-Haus bildete sich bald eine kleine Gemeinschaft von Frauen und Männern, die Ayya Khema bei der Verbreitung des Buddhadhamma in Wort und Schrift unterstützte. Aus diesem Kreis gingen die buddhistischen Mönche Nyanabodhi (Roland Wildgruber) und Nyanacitta (Matthias Scharlipp), sowie die Nonne Sanghamitta (Traudel Reiß) hervor. Im Jahr 1993 unterzog sich Ayya Khema einer umfangreichen Krebsoperation, der weitere Operationen folgten. Aufgrund des regen Interesses an buddhistischer Meditation eröffnete die Buddha-Haus Gemeinschaft Ende 1993 ein Meditationszentrum in München und Anfang 1999 ein weiteres in Stuttgart.

1995 wurde auf Initiative von Ayya Khema, nachdem ein erstes Projekt im Bayerischen Wald gescheitert war, im Allgäu ein ehemaliges Alphotel erworben und zu einem Waldkloster und Retreatzentrum umgebaut, das im Sommer 1997 als Metta Vihara („Aufenthaltsort der Liebenden Güte“) seine Türen öffnete. Es wurde auch zum Sitz des im Oktober 1997 von Ayya Khema gegründeten Ordens der Westlichen Waldklostertradition.

Tod und Nachwirkungen

Mitte 1997 musste sich Ayya Khema einer weiteren Krebsbehandlung unterziehen. Am Morgen des 2. November 1997 (Allerseelen) starb sie im Buddha-Haus. Ihre Asche wurde im Mai 1998 in der Stupa im Garten des Buddha-Hauses feierlich beigesetzt. Zu ihrem Nachfolger in der spirituellen Leitung der Zentren bestimmte sie ihren langjährigen Schüler Nyanabodhi. In ihrem Testament vom 17. Oktober 1997 bestimmte sie: „Die von mir autorisierten Dhammalehrer sind nur folgende Personen: Ehrw. Nyanabodhi, Ehrw. Nyanacitta, Charlie Pils[2], Norbert Wildgruber, Sylvia Kolk[3], Friedericke Termeer, Ingo Steinbach, Werner Glückler, Karen Kold-Wagner, Iris Absolon, Ursula Lyon, Anja Tactor, Philippa Ransom, Leigh Brasington[4], Dr. Karmananda, Charles Ling.“

Auf der Stupa im Garten des Buddha-Hauses, in der die Urne mit Ayya Khemas Asche beigesetzt wurde, befindet sich eine Gedenkplakette mit folgender Inschrift:

„Nicht in den Lüften, nicht in Meeresmitte,
nicht in den Bergesklüften sich versteckend,
nicht findet sich ein Ort auf dieser Erde,
wo weilend einen nicht der Tod bezwänge.“

Buddha (Dhammapada, Vers 128)

Ayya Khema (1923–1997)

Kritik

Das Wirken Ilse Ledermanns ist keineswegs unumstritten. Ihre „Ordination“ und viele ihrer nachfolgenden Handlungen (z. B. Ordensgründung) finden in den Herkunftsländern des Theravada-Buddhismus keine Zustimmung.[5] Der Pali-Kanon, der u. a. auch die Regeln für die Ordination festlegt, besitzt im Theravada-Buddhismus autoritativen Charakter und das eigenwillige Wirken Ilse Ledermanns kann vor diesem Hintergrund als sehr kritisch, sogar anmaßend betrachtet werden.

Das Bekanntmachen des Erreichens besonderer Bewusstseinszustände ist in den meisten buddhistischen Traditionen ein Tabu. Mönchs- und Nonnenregeln sehen in der fälschlichen Proklamation derartiger Errungenschaften ein Vergehen, das den unbedingten Ausschluss aus der Sangha vorsieht. Da nach buddhistischer Auffassung nur ein Erleuchteter von Irrtum befreit ist, hütet sich ein ehrenwert Ordinierter vor jedweder diesbezüglichen Aussage und lässt auch Dritte nicht derartige Zeugnisse für sich abgeben, da die Gefahr eines bedingungslosen Ausschlusses aus der Sangha viel zu groß ist.[6]

Ungerechtfertigt erscheint auch der Ilse Ledermann umgebende Nimbus angesichts ihrer vielen öffentlich verfügbaren Reden. Die wiederholte Betonung „liebender Güte“ als Essenz der buddhistischen Lehre[7] lässt sich mit keiner Lehrmeinung des Theravada-Buddhismus in Übereinstimmung bringen. Ilse Ledermanns Interpretation des Buddhismus ist eigenwillig, von Widersprüchen begleitet und hält keiner ernsthaften Überprüfung im Lichte kanonischer Literatur stand.[8]

Quellen

  • Ayya Khema: Ich schenke euch mein Leben. Jhana Verlag im Buddha-Haus, 2007
  • unveröffentlichte Gespräche Ayya Khemas mit Nyanacitta (Matthias Scharlipp)
  • Buddha-Haus Archiv

Werke

  • Ayya Khema, Pema Chödrön: Offenes Herz – mutiger Geist. Jhana Verlag, 2004, ISBN 3931274284
  • Ayya Khema: Meditation ohne Geheimnis. Theseus Verlag, 1998, ISBN 3896200836
  • Ayya Khema: Nicht so viel denken, mehr lieben – Buddha und Jesus im Dialog. Hoffmann und Campe Verlag 1997 (Originalausgabe: Jesus meets the Buddha. Jhana Verlag, 1995)
  • Ayya Khema: Ich schenke euch mein Leben. Jhana Verlag, 1997, ISBN 9783931274344
  • Ayya Khema: Um was geht's denn eigentlich? Ein Vortrag über Dhamma-Praxis. 21. August 1991. ISBN 3-928396-04-8 (Online)
  • Ayya Khema: All of Us – Beset by Birth, Decay and Death; Twelve Dhamma Talks On Practice given on Parappaduwa Nuns Island. 1987. (Online)
  • Ayya Khema: Die Ewigkeit ist jetzt: Frieden finden durch die Lehre Buddhas. Scherz Verlag, 2008, ISBN 9783502611868, Originaltitel: Being Nobody, going Nowhere

Einzelnachweise

  1. Wat Buddha Dhamma Forest Monastery, Wisemans Ferry, NSW Australia
  2. Internetauftritt von Charlie Pils
  3. Internetauftritt von Sylvia Kolk
  4. Internetauftritt von Leigh Brasington
  5. https://www.youtube.com/watch?v=i_Kd2mT0H-8