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vom 05.05.2025, aktuelle Version,

Balkankrise

Der Balkan vor und nach der Balkankrise

Als Balkankrise bezeichnet man die auf Verhältnisse in der Balkanhalbinsel bezogene Krise zwischen den europäischen Großmächten in den Jahren 1875–1878, besonders zwischen dem Russischen Kaiserreich und dem Britischen Weltreich. Diese Krise stand mit den Unabhängigkeitsbestrebungen der Balkanvölker vom Osmanischen Reich eng in Verbindung, die von Russland aus politischen und religiös-humanitären Gründen unterstützt wurden und zum Russisch-Osmanischen Krieg (1877–1878) führten, den Russland mit dem Frieden von San Stefano (1878) beendete. Insofern ist die Balkankrise Teil der Osmanischen Frage und Teil des „Great Game“ des imperialistischen Zeitalters. Großbritannien zwang Russland mit seinen Verbündeten durch Kriegsdrohungen, seine Friedensregelungen besonders hinsichtlich Großbulgariens entsprechend den Konsultationsregeln des Pariser Friedens von 1856 dem Berliner Kongress als der Vertretung des europäischen Konzerts zur Verhandlung vorzulegen und seine Truppen dem Berliner Vertrag entsprechend zurückzuziehen. Der Berliner Frieden von 1878 als Zwischenschritt der Balkankrisen führte zu einer Neugestaltung der politischen Landkarte des Balkans bzw. Südosteuropas, zu einer Abwendung der Balkanvölker von den Großmächten und zu einer neuen Politik fester Bündnisse anstelle von Konsultationen und gesamteuropäischen Beschlüssen.

Vorgeschichte

Die Balkanhalbinsel erwies sich im 19. Jahrhundert durch die innenpolitische und wirtschaftliche Schwäche des Osmanischen Reiches und das Streben nach Souveränität seiner in der Region größtenteils christlichen und slawischen Bevölkerung als Krisenherd. Die Orientalische Frage führte zu mehreren militärischen Auseinandersetzungen.

Russland nahm aus zwei Gründen an dieser Befreiungsbewegung teil:

  • Erstens war eine Unterstützung der Balkanvölker für Russland innenpolitisch durch die stärker werdende Ideologie des Panslawismus wichtig geworden.
  • Zweitens war das Ziel Russlands sein strategisches Interesse an einem freien Zugang zum Mittelmeer durch den Bosporus.

Während des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 berief sich Russland hinsichtlich der Bestimmungen zur Neutralisierung und Entmilitarisierung des Schwarzen Meeres im Pariser Frieden von 1856 auf die völkerrechtliche Klausel rebus sic stantibus und kündigte diese Bestimmungen entsprechend durch ein Zirkular an die Signatarstaaten. Es erreichte 1871 auf der Pontuskonferenz in London mit Unterstützung Bismarcks die Bestätigung der Aufhebung der Einschränkungen. Die Durchfahrt durch den Bosporus und durch die Dardanellen blieb weiterhin von der Zustimmung des Osmanischen Reiches abhängig.[1]

Entwicklung der Krise

Im Juli 1875 brachen in der Herzegowina, in Bosnien und in Thrakien (Stara-Sagora-Aufstand) Aufstände der christlichen Bevölkerung gegen die osmanische Unterdrückung aus. Dem schlossen sich Montenegro und Serbien im Serbisch-Osmanischen Krieg an, ebenso wie Bulgarien im Aprilaufstand 1876. Aber die türkischen Truppen behielten wider Erwarten die Oberhand. Besonders die Hilfstruppen der Basi Bosuk nahmen „grausame Rache an den Aufständischen“.[2] Das Massaker von Batak führte, anders als die vorausgehenden Massaker an Moslems, europaweit zu Protesten. Besonders Russland als Zentrum der Orthodoxie in der Nachfolge des byzantinischen Reiches betrachtete sich als Schutzmacht der orthodoxen Christen am Balkan, verfolgte aber auch geo-strategische und wirtschaftliche Interessen.[2]

Konferenz von Konstantinopel

Die Hohe Pforte unter Sultan Abdülhamid II. lehnte auf der in Konstantinopel einberufenen Botschafterkonferenz die Kontrolle der Durchführung innerer Reformen durch eine externe Kommission der Großmächte als Einmischung in die inneren Angelegenheiten ab.[3] Im Budapester Vertrag sicherte sich Russland die österreichische Neutralität. Mit der Begründung, weitere Ausschreitungen gegen Christen verhindern zu müssen und ihre Lage zu verbessern, eröffnete Russland nach der Ablehnung eines Ultimatums durch das Türkische Reich den Krieg. Verbündete waren Serbien, Rumänien und Montenegro sowie bulgarische Freiwillige. Die russischen Truppen besetzten die Donautiefebene, den Schipkapass der nach Ostrumelien führt, nahmen Plewen Stara Sagora ein und marschierten in Richtung Konstantinopel.

Friede von San Stefano

Im März 1878 wurde der Frieden von San Stefano ausgehandelt. Dabei war neben der Souveränität und Vergrößerung Serbiens, Rumäniens und Montenegros vor allem die Errichtung Bulgariens als Staat, und zwar als dem Sultan nominell tributpflichtiges Fürstentum, vorgesehen. Die Errichtung eines bulgarischen Staates widersprach jedoch dem Budapester Vertrag, das Osmanische Reich hätte fast alle seine Besitzungen auf der Balkanhalbinsel verloren.[4] Der gewachsene russische Einfluss auf den Balkan führte daher zu Protesten vor allem Großbritanniens und Österreich-Ungarns. Österreich-Ungarn hatte ein lebhaftes Interesse an den nördlichen Balkanländern und somit auch an einer Revision des Ergebnisses von San Stefano. Großbritannien fürchtete das Erstarken des russischen Einflusses im Mittelmeer, das es aufgrund der Verbindung über den Sueskanal nach Britisch-Indien als eigene strategische Interessensphäre betrachtete. Außerdem sah es das europäische Gleichgewicht gefährdet. Großbritannien drohte Russland mit Krieg. Um einen Krieg zu vermeiden, schlug Österreich-Ungarn vor, die Fragen in einem Kongress zu verhandeln. Russland und Österreich waren beide feste Bestandteile im Bündnissystem Bismarcks. Die deutsch-russischen Beziehungen litten sehr unter der Situation, daher suchte Bismarck zunächst den Zweibund mit Österreich-Ungarn, um somit eine stärkere Position gegenüber Russland einnehmen zu können.

Berliner Kongress 1878

Im Juni und Juli 1878 wurde auf dem Berliner Kongress die Selbständigkeit Rumäniens, Serbiens und Montenegros beschlossen. Das Fürstentum Bulgarien erhielt weitgehende Autonomie, blieb aber trotzdem tributpflichtig. Es verlor gegenüber den Vereinbarungen von San Stefano Makedonien wieder an die Osmanen und musste vorerst auch Ostrumelien, das selbst autonom wurde, aufgeben. Russland erhielt lediglich Südbessarabien und Teile Armeniens (Kars), England erlangte Zypern und Österreich-Ungarn besetzte Bosnien-Herzegowina und den Sandschak Novi Pazar.

Frieden von Konstantinopel 1879

im Frieden von Konstantinopel regelte Russland mit dem Osmanischen Reich alle im Vertrag von San Stefano und im Vertrag von Berlin noch offen gelassenen Fragen, etwa die Entschädigungszahlungen des Osmanischen Reiches an Russland.

Literatur

  • Horst Haselsteiner: Bosnien-Hercegovina. Orientkrise und südslavische Frage. Verlag Böhlau, Wien 1996, ISBN 3-205-98376-9.
  • Rainer F. Schmidt: Die Balkankrise von 1875 bis 1878. Strategien der großen Mächte. In: Rainer F. Schmidt (Hrsg.): Deutschland und Europa. Außenpolitische Grundlinien zwischen Reichsgründung und Erstem Weltkrieg. Festgabe für Harm-Hinrich Brandt zum siebzigsten Geburtstag. Steiner, Stuttgart 2004, ISBN 3-515-08262-X, S. 36–96.
  • Winfried Baumgart: Vom europäischen Konzert zum Völkerbund. Darmstadt 1974

Einzelnachweise

  1. dtv-Atlas zur Geschichte. Von der französischen Revolution bis zur Gegenwart. Band 2, München 1979, ISBN 3-423-03002-X, S. 81.
  2. 1 2 Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht. Aufstieg und Untergang des deutschen Kaiserreichs 1871–1918. Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-11694-5, S. 83.
  3. Der Ausbruch des russisch-türkischen Krieges. In: Provinzial-Correspondenz. 15. Jahrgang, Nr. 17, 26. April 1877 (Digitalisathttp://vorlage_digitalisat.test/1%3Dhttp%3A%2F%2Fzefys.staatsbibliothek-berlin.de%2Fkalender%2Fauswahl%2Fdate%2F1877-04-26%2F9838247%2F~GB%3D~IA%3D~MDZ%3D%0A~SZ%3D~doppelseitig%3D~LT%3D~PUR%3D [abgerufen am 10. November 2018]).
  4. The Preliminary Treaty of Peace, signed at San Stefano. Text des Friedensvertrags von San Stefano; alle Artikel in eckigen Klammern wurden im Berliner Vertrag ersetzt. In: uoregon.edu. Archiviert vom Original am 16. Juni 2010; abgerufen am 7. Dezember 2019 (englisch).

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Balkán v roce 1878 po vzniku Bulharska a Východní Rumélie a poté, co Osmanská říše ztratila Bosnu J. G. Bartholomew: A literary & historical atlas of Europe / J.G. Bartholomew, Decius (some minor corrections since the Treaty of Berlin - 1878)
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