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vom 24.01.2022, aktuelle Version,

Bohuslaus Lobkowicz von Hassenstein

Bohuslaus Lobkowicz von Hassenstein, Phantasieporträt

Bohuslav Lobkowicz von Hassenstein (auch Bohuslaw Hassensteinsky Freiherr von Lobkowicz und Bohuslav Hassenstein von Lobkowitz, tschechisch Bohuslav Hasištejnský z Lobkovic, lateinisch Bohuslaus Hassensteinius; * 1461 auf Burg Hassenstein bei Kaaden; † 11. November 1510 in Preßnitz im Erzgebirge) war Propst des königlichen Kollegiatstifts auf dem Vyšehrad bei Prag, auch Domherr und erwählter Bischof in Olmütz, berühmter Humanist, Dichter und Begründer der „Hassenstein’schen Bibliothek“ sowie Präsident der Gelehrten-Gesellschaft der Lutherstadt Wittenberg. Angehöriger des alten böhmischen Geschlecht der Lobkowicz.

Herkunft

Bohuslaw, dessen Eltern kurz nach seiner Geburt verstarben, war der jüngste von drei Söhnen des Nikolaus II. Hassensteinsky von Lobkowicz, Freiherr von Lobkowicz und Hassenstein († am 22. Juli 1462), Herr auf Hassenstein, Obrzistwj und Kaaden und seiner Ehefrau, der Erbtochter Sophie (Offka) Plichta von Zirotin, Tochter des Jaroslaw v.Z. auf Tauzetin und Enkel des Nikolaus I. von Lobkowicz, belehnt 1418 bzw. 1421 mit der Burg Hassenstein, Oberstlandschreiber im Königreich Böhmen und erster Sankt-Wenzels-Ritter, (ein Sohn des vor 1497 verstorbenen Ritters Maresch von Aujest (Mareš z Újezda) und seiner Ehefrau Anna von Nechwalicz, im Jahr 1435 verstorben).

Bohuslaw hatte die älteren Brüder Johann Freiherr von Lobkowicz und Hassenstein (* 1450; † 8. September 1517 in Kaaden), Herr auf Obrzistwj, königlich böhmischer Kämmerer, Schriftsteller und Humanist, verehelicht mit Magdalena von Törring aus dem standesherrlichen Hause Törring-Gutenzell, und Nikolaus III. Freiherr von Lobkowicz und Hassenstein, verstorben um 1501, Herr auf Eidlitz (Eydlitz, jetzt Udlice), verehelicht mit Magdalena von Minicz, wiederverehelicht als Witwe mit Heinrich dem Älteren von Gera.

Leben und Wirken

Bereits mit vierzehn Jahren, im Jahr 1475 studierte Bohuslaw Hassensteinsky von Lobkowitz an der Universität in Bologna, später auch in Ferrara antike Geschichte und Rechtswissenschaften. Im Glaubensbekenntnis der Utraquisten der Hussiten erzogen, wandte er sich während seines Italienaufenthalts dem römisch-katholischen Glauben zu. Nach seiner Rückkehr nach Böhmen versuchte er die hussitischen Utraquisten in die römisch-katholische Kirche zurückzuführen, außerdem verfasste er Satiren über die sittliche Verwilderung des böhmischen Adels und Volkes vor, während und nach den Hussitenkriegen.

In Bologna lernte er Peter Schott kennen. Mit dem späteren römisch-katholischen Domherren in Straßburg blieb er in engem Kontakt. Nach seiner Promotion zum Doktor der Rechtswissenschaften 1481 und Rückkehr aus Bologna nach Burg Hassenstein in Böhmen kümmerte er sich mit seinen Brüdern um die Verwaltung des Großgrundbesitzes der Familie mit den Einkünften von Bauern und Handwerkern in Erbuntertänigkeit und Frondienst. Während dieser Zeit war er königlicher Sekretär im böhmischen Verwaltungsdienst und wirkte an der Erstellung eines Verzeichnisses der böhmischen Landesprivilegien mit, die auf der Burg Karlstein aus dort aufbewahrten Urkunden erarbeitet wurde. Dabei entstand eine Freundschaft mit Viktorin Kornel ze Všehrd, einem Rechtsgelehrten der damaligen Zeit, die bis zu einem Zerwürfnis im Jahre 1494 andauerte.

Da Bohuslaw Lobkowitz auch besonderes Interesse an der Geschichte des römischen und griechischen Altertums hatte, brach er im Mai 1490 von Venedig aus zu einer 15-monatigen Reise durch den Orient auf. Stationen dieser Reise waren u. a. Kreta, Zypern, Rhodos, Konstantinopel, Troja, Smyrna, Ephesus, Palästina, Ägypten, die Katarakte des Nils, der Ätna sowie Karthago. Nach seiner Rückkehr ging er als Kabinettssekretär an den Hof des Königs Vladislav II. (Böhmen und Ungarn) in Buda, kehrte aber wegen dortiger Missgunst nach Hassenstein zurück und legte auf der Burg eine bedeutende und wertvolle Sammlung von Büchern und Handschriften an, die „Hassenstein’sche Bibliothek“, die er unter Einsatz hoher Geldbeträge erwarb. Sein Bewerbungen als Bischof des Olmütz als auch als Bischof von Breslau scheiterte, da die erforderlichen Bestätigungen der Wahl vom Heiligen Stuhl nicht erteilt wurden.

Auf Burg Hassenstein gründete er eine Schule für seine Neffen und Söhne aus bürgerlichem Hause. Einer dieser Schüler war Matthäus Goldhahn aus Komotau, der später als Matthäus Aurogallus Rektor der Universität Wittenberg wurde und Martin Luther bei der Übersetzung des Alten Testamentes aus der hebräischen Sprache unterstützte.

Bohuslaw Lobkowitz blieb unverehelicht. Eine Jugendfreundin Charlotte, die er in Ferrara kennengelernt hat, soll er nie vergessen haben, aber die meisten Frauen als verzärtelt und ungelehrt empfunden haben. Nach einer längeren Krankheit verstarb er 1510 in Preßnitz und wurde in der dortigen Familienruhestätte Přísečnice (Preßnitz) beigesetzt. Seine Schriften wurden erstmals 1563 bis 1570 durch Thomas Mitis veröffentlicht.

Ein großer Teil seiner berühmten Bibliothek fiel im Jahre 1525 einem Stadtbrand in Komotau zum Opfer. Kleinere Teile wurden bis 1945 im Schloss von Roudnice nad Labem aufbewahrt, bildeten den Grundstock der dortigen Bibliothek und wurden nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 von der kommunistischen Regierung der Tschechoslowakei als Volkseigentum enteignet. Diese Schlossbibliothek wurde nach 1990 vom Nachfolgestaat Tschechien an die Lobkowitz zurückgegeben und befindet sich auf Schloss Nelahozeves (Mühlhausen an der Moldau).

Werke

Besonders die Dichtkunst wurde von Bohuslaw Lobkowicz (bzw. Bohuslav Hassenstein) gepflegt; an dieser Stelle seien nur sein Gedicht Über die rein deutschen Erfindungen der Geschütze und der Buchdruckerkunst und eine Mahnung, den Erdfindern Dankbarkeit zu erweisen[1] (um 1485)[2] und seine um 1500 verfasste Ode auf den Karlsbader Sprudel genannt. Im zweiten Brief des vierten Buches an seinen Freund Adelmann schrieb er: „Ego me Germanum esse et profiteor et glorior“ (Ich bekenne offen, ein Deutscher zu sein und bin stolz darauf). Ebenso berichtete der gelehrte Abt Trithemius von ihm, dass er natione Germanus, ein Deutscher seiner Nation nach gewesen sei. Er schrieb nie in tschechischer Sprache, die er als „barbarische“ bezeichnete, sondern in Latein. Einige seiner Gedichte veröffentlichte Jan Šimon Václav Thám in seinem Werk Gedichte in gebundener Sprache (Básně v řeči vázané).

Textausgaben

  • Jan Martínek, Jana Martínková (Hrsg.): Bohuslai Hassensteinii a Lobkowicz epistulae. Leipzig 1969–1980
    • Band 1: Epistulae de re publica scriptae, 1969
    • Band 2: Epistulae ad familiares, 1980
  • Marta Vaculínová (Hrsg.): Bohuslaus Hassensteinius a Lobkowicz: Opera poetica. Saur, München/Leipzig 2006, ISBN 3-598-71283-9 (kritische Edition)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Thomas Mitis (Hrsg.): Gedichte des edlen Freiherrn, Dichters und ausgezeichneten Redners Dr. Bohuslav Hassenstein von Lobkowitz, von Georg Fabricius aus Chemnitz veröffentlicht, Prag 1570.
  2. Wilhelm Hassenstein, Hermann Virl: Das Feuerwerkbuch von 1420. 600 Jahre deutsche Pulverwaffen und Büchsenmeisterei. Neudruck des Erstdruckes aus dem Jahr 1529 mit Übertragung ins Hochdeutsche und Erläuterungen von Wilhelm Hassenstein. Verlag der Deutschen Technik, München 1941, S. 129–136.