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vom 29.07.2021, aktuelle Version,

Bonaventura von Rauch

Johann Bonaventura von Rauch
Generalmajor Bonaventura von Rauch

Johann Bonaventura von Rauch (* 25. Juli 1740 in Peterskirchen/Oberbayern; † 9. Februar 1814 in Spandau) war ein preußischer Generalmajor, Ingenieuroffizier und Direktor der Ingenieurakademie in Potsdam.

Leben

Bayerische Herkunft

Bonaventura von Rauch entstammte einer bayerischen Familie aus dem Chiemgau. Die Kirchenbücher der römisch-katholischen Pfarrei St. Peter und Paul in Peterskirchen nennen als seine Eltern Johann Anton Rauch (1687–1745) und dessen Ehefrau Gertraud, geborene Reither (1709–1742). Sein Vater war Lehrer und Messner der Pfarrei.

Nach dem frühen Tod seiner Eltern nahm sich des kleinen Rauch Johann Cajetan Graf von Lamberg, Pfarrer in Peterskirchen, Geheimer Rat und Stiftspropst zu Straubing, an und ermöglichte ihm den Besuch des Straubinger Jesuitenkollegs. Dort verblieb er jedoch nicht lange und fand sich unter bisher nicht geklärten Umständen in Dresden wieder. Von dort kam er nach Bayreuth, um eine erste wissenschaftliche Ausbildung zu erhalten.

Braunschweigischer Page und Ingenieuroffizier

Auf Vermittlung von Markgraf Friedrich III. von Brandenburg-Bayreuth wurde Bonaventura 1756 Page am herzoglichen Hof von Braunschweig-Wolfenbüttel. Im Jahr 1761 erschien er als Ingenieur im braunschweigischen Dienst. Unter dem preußischen General Ferdinand von Braunschweig nahm er in der Schlussphase des Siebenjährigen Krieges im Feldzug von 1761/62 an den Belagerungen von Kassel, wo er verwundet wurde, von Meppen und von Ziegenhain teil. Seit 1764 Kondukteur im Ingenieurkorps der braunschweigischen Armee, stieg Rauch 1766 zum Leutnant und 1772 zum Kapitän auf. 1775 wirkte er während einer Harzreise in Zusammenarbeit mit Eberhard August Wilhelm von Zimmermann, Professor für Mathematik, Physik und Naturgeschichte am Collegium Carolinum in Braunschweig, von Ilsenburg aus an einer der ersten Höhenmessungen des Brockens mit.

Werdegang in der preußischen Armee

Auf Empfehlung Herzog Ferdinands von Braunschweig wechselte Rauch im August 1777 in die preußische Armee. Ausgestattet mit einer persönlichen Instruktion Friedrichs des Großen[1] übte er zunächst im Rang eines Stabskapitäns eine Lehrtätigkeit im Mineurkorps in Königsberg aus, unterbrochen 1778/79 durch einen Einsatz im Bayerischen Erbfolgekrieg. Nachdem er bereits als braunschweigischer Ingenieuroffizier die Pagen in Mathematik unterrichtet hatte, erwarb sich Bonaventura von Rauch in der preußischen Armee als militärische Lehrerpersönlichkeit einen außerordentlichen Ruf. Kriegsminister und Generalfeldmarschall Hermann von Boyen erinnerte sich an seinen Lehroffizier Rauch in Königsberg: „Unser Lehrer war der Mineur-Kapitän von Rauch, Vater des späteren Kriegsministers von Rauch, ein Mann, den die Natur ganz zum Unterricht junger, oft wilder Anfänger im Kriegshandwerk geschaffen hatte. Bei großer Milde des Charakters hatte er doch auch die nötige Festigkeit, um jede Unbesonnenheit in ihre Schranken zurückzuweisen, sein Vortrag war ein Muster der Deutlichkeit und Präzision.“

Das Kabinetthaus am Potsdamer Neuen Markt 1: Sitz der einstigen Ingenieurakademie der preußischen Armee

Im Jahr 1788 gründete König Friedrich Wilhelm II. in Potsdam die Königliche Ingenieurakademie als Modernisierungsschritt für die preußische Armee. Rauch übertrug er die Ausbildung von Ingenieurgeographen und beförderte ihn zum Major. Zum Zweck der Landesaufnahme im Glatzer Schneegebirge und zur Errichtung der Festung Karl im Heuscheuergebirge bereiste Rauch zwischen 1790 und 1792 mehrfach Schlesien. Am 28. August 1790, dem 41. Geburtstag des Dichters, konnte Bonaventura von Rauch Johann Wolfgang von Goethe auf der Großen Heuscheuer empfangen. In diesen Jahren trat Rauch auch als Verfasser militärtheoretischer Traktate und als Kartograf hervor. In der Kampagne in Frankreich diente Rauch als Capitain des Guides im königlichen Stab. Rauch wirkte bei den Eroberungen der Festungen Longwy und Verdun mit, erkrankte danach an der Ruhr und blieb bis November 1792 in einem Koblenzer Lazarett.

Im Jahr 1796 machte der König Rauch zum Oberstleutnant und berief ihn zum Direktor der Ingenieurakademie als Nachfolger des Generalmajors Heinrich Otto von Scheel. Von 1788 bis 1806 lebte Bonaventura von Rauch mit seiner großen Familie im Akademiegebäude – dem später so genannten Kabinetthaus – am Neuen Markt 1 nahe dem königlichen Stadtschloss in Potsdam.

Seit 1805 Generalmajor, wurde Rauch bei Ausbruch des Krieges gegen Frankreich im Sommer 1806 dem Gouverneur der Festung Stettin, dem 77-jährigen Generalleutnant Friedrich Gisbert Wilhelm von Romberg, als Vizekommandant und Kommandant der Festung Preußen beigegeben. Romberg stand stark unter dem Eindruck der verlorenen Schlachten von Jena und Auerstedt und der weitgehenden Auflösung der preußischen Armee während ihres Rückzugs. Am 28. Oktober 1806 hatte der Oberbefehlshaber des preußischen Feldheeres, General der Infanterie Friedrich Ludwig Fürst zu Hohenlohe-Ingelfingen, die Kapitulation von Prenzlau nach nur kurzem Kampf gegen französische Truppen akzeptiert. Als 800 französische Reiter am Folgetag, dem 29. Oktober 1806, vor Stettin erschienen, übergab Generalleutnant von Romberg ihnen, ohne die Stärke des Gegners beurteilt zu haben, die voll verteidigungsbereite Festung samt den darin befindlichen 5184 Mann. Rauch hatte dem zusammen mit dem Stettiner Festungskommandanten, dem Generalmajor Kurd Gottlob von Knobelsdorff, widerstandslos zugestimmt.[2] Für seine Entscheidung wurde Rauch am 1. Dezember 1806 ohne Abschied aus der Armee entlassen, später unter Hausarrest gestellt und am 17. März 1809 zu lebenslangem Arrest in der Zitadelle der Festung Spandau verurteilt.[3] Vergleichbar drakonische Strafen ließ König Friedrich Wilhelm III. von Preußen mit seinem „Ortelsburger Publicandum“ vom 1. Dezember 1806 gegen eine Vielzahl seiner Generäle und Stabsoffiziere ergehen, die im Oktober 1806 ähnliche Entscheidungen wie Romberg, Knobelsdorff und Rauch getroffen hatten.

Rauchs Lage erweckte im preußischen Offizierkorps Anteilnahme. Die Strafe erschien als zu streng, weil der betagte Romberg nie im Feld kommandiert hatte, sondern in erster Linie als verdienter Lehrer und Wissenschaftler bekannt war. Selbst das Interesse der Königin Luise erreichte bei Friedrich Wilhelm III. lediglich, dass Rauch ab Januar 1810 wenigstens die halbe Generalmajorspension gewährt und ihm gestattet wurde, den Arrest in der Stadt Spandau abzusitzen. Dort starb er am 9. Februar 1814.

Familie

Seitdem Rauch 1777 in den preußischen Militärdienst gewechselt war, führte er unbeanstandet das Adelsprädikat.

Rauch heiratete am 13. Juni 1773 in der Patronats- und heutigen Dorfkirche von Kunow Johanna Bandel (1752–1828), die Tochter des preußischen Amts- und Kammerrats Johann Justus Bandel in Schwedt/Oder und dessen Ehefrau Helene Catharina, geborene Copal.

Aus der Ehe von Bonaventura und Johanna von Rauch gingen zwölf Kinder hervor:

⚭ I 1802 Caroline von Geusau (1780–1867), Tochter des preußischen Generalleutnants und Generalquartiermeisters Levin von Geusau und dessen Ehefrau Marie Caroline, geborene Grepler (geschieden 1815)
⚭ II Rosalie von Holtzendorff (1790–1862), Tochter des Stabskapitäns Georg Friedrich von Holtzendorff und dessen Ehefrau Rudolphine Wilhelmine, geborene von Lütke, Enkelin des preußischen Generalmajors Georg Ernst von Holtzendorff

Literatur

  • Gothaisches Adliges Taschenbuch. B 1928 (ältere Genealogie) und 1939, S. 468ff.
  • Genealogisches Handbuch des Adels. Bände B VII (1965), S. 335ff., und B XXI (1995), S. 434ff.
  • Vor 90 Jahren. Ein Beitrag zur Geschichte des preußischen Ingenieur-Corps. In: Neue Militärische Blätter, IX. Band (1879), S. 1ff
  • Die Familie von Rauch in der preußischen Armee. In: Militär-Wochenblatt. Nr. 79, S. 1979ff.
  • Kurt von Priesdorff: Soldatisches Führertum. Band 3, Hanseatische Verlagsanstalt Hamburg, o. O. [Hamburg], o. J. [1937], DNB 367632780, S. 180–182, Nr. 1091.
  • Historischer Verein für Oberbayern: Oberbayerisches Archiv für vaterländische Geschichte. Band 5. Verlag Georg Franz. München, 1844
  • Eberhard August Wilhelm von Zimmermann: Beobachtungen auf einer Harzreise nebst einem Versuche, die Höhe des Brockens durch das Barometer zu bestimmen. Verlag der Fürstlichen Waisenhaus-Buchhandlung, Braunschweig 1775, S. 7 ff.
  • Friedrich Nippold: Erinnerungen aus dem Leben des General-Feldmarschalls Hermann von Boyen. Verlag S. Hirzel, Leipzig 1889.
  • Johann Wolfgang von Goethe: Aus dem Notizbuche von der schlesischen Reise. In: Goethe Werke. Weimarer Ausgabe, III. Abteilung Band 2: Juli–September 1790, 1887.
  • Adalbert Hoffmann: Der Goethetag der Schneekoppe und der Heuscheuer nach einer neuen Quelle. In: Der Wanderer im Riesengebirge. 42. Jahrgang Nr. 473.
  • Johann Friedrich Zöllner: Briefe über Schlesien, Krakau, Wieliczka und die Grafschaft Glatz. Verlag Friedrich Maurer, Berlin 1795, S. 433.

Archivalien

  • Familie von Rauch. Die Gesamtnachkommenschaft von Bonaventura und Johanna von Rauch. Handschriftliches Manuskript von Oberst a. D. Leopold von Rauch, 1945 (Deutsches Adelsarchiv Marburg)

Einzelnachweise

  1. Wortlaut bei Priesdorff (Lit.), S. 182.
  2. Zu den Vorgängen in Stettin siehe Oscar von Lettow-Vorbeck: Der Krieg von 1806 und 1807. 2. Band: Prenzlau und Lübeck. Mittler, Berlin 1892, S. 288–293.
  3. Zu den Verurteilungen siehe: Großer Generalstab (Hrsg.): 1806. Das Preußische Offizierkorps und die Untersuchung der Kriegsereignisse. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1906, S. 48–50.