Buckfastbiene
Die Buckfastbiene ist eine Zuchtkreuzung der Westlichen Honigbiene (Apis mellifera), die von Bruder Adam, einem Imker, im englischen Kloster Buckfast ab 1916 gezüchtet wurde.
Entstehung
Im Jahre 1913 wurde die Dunkle Europäische Biene (A. m. mellifera), die ursprünglich auf den britischen Inseln beheimatet war, durch ein Bienensterben fast völlig ausgerottet. Amtlich wurde als Ursache die Tracheenmilbe festgestellt. Neuere Erkenntnisse halten eine durch diese Milbe verursachte Virose für wahrscheinlich.[1] Bruder Adam begann danach mit den überlebenden Bienenvölkern (Mischlinge der Dunklen Biene und Italienischen Biene, A. m. ligustica) eine Kreuzung zu züchten, die widerstandsfähiger, fleißiger und friedlicher sein sollte. Dazu kreuzte er lederbraune italienische Bienen mit Drohnen der einheimischen dunklen Biene. Später begann er mit der systematischen Einkreuzung von anderen Bienenrassen.
Das Ergebnis ist eine friedliche, schwarmträge Biene, die bei Verwendung moderner Wirtschaftsweisen (Magazin-Beute im Dadant- oder Langstroth-Maß bei paarweiser Anordnung) überdurchschnittliche Erträge bringt. Das erfolgreiche Imkern mit der Buckfastbiene ist jedoch nicht an diese speziellen Beutenarten gebunden, wie deren Haltung in der heute weit verbreiteten Zanderbeute beweist.
Zucht
Konventionelle Zucht natürlicher Bienenrassen
Die Zucht der Honigbiene durch den Imker (Bienenzüchter) erfolgt üblicherweise innerhalb einer natürlichen Bienenrasse ausschließlich durch Reinzucht. Dabei werden Bienenköniginnen immer mit Drohnen der gleichen Bienenrasse gezielt verpaart und gemäß festgelegter, rassetypischer Körpermerkmale und Eigenschaften (Zuchtziel) selektiert. Die natürlichen Bienenrassen sind zu unterscheiden durch ihre Farbe und durch bestimmte Körpermerkmale (z. B. Flügelgeäder des Vorder- und Hinterflügels).
Im Unterschied zur konventionellen Bienenzucht setzte Bruder Adam zur Erzielung seiner Zuchtziele auch andere Zuchtmethoden (Rassenkreuzung) ein, die in der Natur nur in den Grenzgebieten der unterschiedlichen Lebensräume zweier Bienenrassen vorkommen.
Wegen der komplizierten Paarungsbiologie der Honigbiene (Königin und Drohn paaren sich im Flug, wobei die Königin von bis zu 30 unterschiedlichen Drohnen begattet werden kann) erfolgt die Anpaarung in kontrollierten und geschützten Gebieten, sog. Belegstellen. Da Königin und Drohn beim Paarungsflug jeweils mehrere Kilometer zurücklegen, gelten Landbelegstellen in Bezug auf eine gezielte Anpaarung von selektierten Königinnen und Drohnen als unsicher. Als sichere Belegstellen gelten besondere Hochgebirgsbelegstellen oder Inselbelegstellen mit entsprechendem Abstand zum Festland. Die sicherste gezielte Anpaarung geschieht durch künstliche Besamung der Königin.
Die Anfälligkeit der Honigbiene für Inzucht, mit den sich daraus ergebenden negativen Erscheinungen für die Zuchtpopulation, ist bei Bienenzüchtern bekannt. Bei Reinzucht der Honigbiene sind daher viele an der Zucht beteiligte Bienenvölker (breite Zuchtbasis) erforderlich, um Inzucht-Depressionen langfristig zu vermeiden.
Bruder Adam war fest davon überzeugt, dass die ausschließliche Reinzucht der Honigbiene zwangsläufig zu Inzuchtproblemen und einer „genetischen Erosion“ innerhalb dieser Rasse führen müsse. Einen Lösungsweg für dieses Problem fand er in den wissenschaftlichen Arbeiten von Ludwig Armbruster. Hier wurde eine Zuchtmethode aufgezeigt, die unter Beachtung der Vererbungsgesetze zu einer neuen, künstlich erzüchteten Bienenrasse (Zuchtrasse), der Buckfastbiene führte.
Dynamisches Zuchtverfahren
Neben der Verwendung anderer Zuchtmethoden wird in der Buckfastzucht, gegenüber der konventionellen Bienenzucht, auf die Festlegung von rassetypischen Körpermerkmalen (Behaarung des Bienenkörpers, Flügelindex) ganz verzichtet. Die Buckfastbiene definiert sich nur über ihre imkerlichen Eigenschaften. Farbunterschiede und verschiedene Körpermerkmale sind zuchtbedingt gegeben und kein Auslesekriterium.
Das von Bruder Adam entwickelte dynamische Zuchtverfahren beinhaltet die Möglichkeit einer zeitlich unbegrenzten Weiterzüchtung der Buckfastbiene ohne Vitalitätsverlust bei den Bienenvölkern. Das Zuchtverfahren folgt hierbei den auch auf die Zucht der Honigbiene anwendbaren Vererbungsgesetzen zur Erzielung einer „erbfesten“ Zuchtrasse.
Das Dynamische Zuchtverfahren besteht aus drei Zuchtmethoden:
- Reinzucht (Erhaltungszucht)
- Kreuzungszucht (Kreuzung der Buckfastbiene mit einer natürlichen, fremden Bienenrasse)
- Kombinationszucht (parallel geführte Erprobungszucht, oft über mehrere Jahre fortgesetzt)
Basis der Buckfastzucht ist der in Reinzucht (Anpaarung von Buckfast-Königinnen mit Buckfast-Drohnen) gehaltene Buckfaststamm mit unterschiedlichen Zuchtlinien (Bezeichnung B1, B2, B3 usw., wobei „B“ für Buckfast steht und die Zahl die Kastennummer ist, in dem eine bestimmte Bienenkönigin mit ihrem Volk sitzt).
Parallel zum Buckfaststamm werden separate Rassenkreuzungen (Kreuzungszucht) geführt (Anpaarung einer ausgesuchten Rasse der westlichen Honigbiene mit der Buckfastbiene). So wurden im Laufe von Jahren ausgesuchte Bienenrassen aus allen Teilen der Welt getestet und teilweise in diese neu entstandene Buckfast eingekreuzt: Zyprische Biene (A. m. cypria), Kärntner Biene (A. m. carnica), Südgriechische Biene (A. m. cecopria), Anatolische Biene (A. m. anatolica), Makedonische Biene (A. m. macedonica) aus Athos und die Ägyptische Biene (A. m. lamarckii). Nicht alle dieser Anpaarungen wurden dauerhaft in der Buckfastzucht verankert, so wurde die A. m. carnica und auch die A. m. cypria wieder ausgeschieden.
Diese Rassenkreuzungen werden nachfolgend in Kombinationszucht parallel und separat zum Buckfaststamm weitergeführt. Hierbei erfolgt immer wieder eine Anpaarung mit den Zuchtlinien des Buckfaststammes oder auch mit anderen Zuchtlinien der Kombinationszucht. Erst wenn nach mehrjähriger Prüfung und Selektion die Kombinations-Zuchtlinien in ihren Eigenschaften entsprechen, werden sie in den Buckfaststamm eingegliedert.
Zucht setzt immer eine sorgfältige Prüfung der Zuchtergebnisse und eine kompromisslose Selektion der Zuchttiere voraus. Sobald ein Verlust bestimmter Eigenschaften oder ein Vitalitätsverlust bei einer in Reinzucht selektierten Buckfastlinie (Zuchtlinie innerhalb des Buckfast-Stammes) feststellbar ist, wird durch Eingliederung einer in Kombinationszucht geführten Parallel-Zuchtlinie neues Blut und damit eine Eigenschaftsverbesserung hinzugefügt.
Die Buckfast-Biene ist in Deutschland für Imker über die Buckfast-Landesverbände oder Buckfast-Züchter erhältlich. Auch in Fachzeitschriften werden Königinnen angeboten. Vor allem wirtschaftlich orientierte Imkereien (Berufs- und Erwerbsimker) halten gerne die Buckfastbiene. Die Buckfastbiene wird weltweit nach der von Bruder Adam entwickelten Methode gezüchtet.[2]
In einer groß angelegten Untersuchung der Ludwig-Maximilians-Universität München wurden DNA-Untersuchungen zur Biodiversität von 2440 Buckfasteinzelbienen verschiedener Züchter mit Carnica- und Ligusticabienen verglichen. Martin Förster hatte 62 DNA-Marker benutzt und stellt abschließend fest:
„Einfach zusammengefasst heißt dies: Bienen sind zu schade, um in Reinzucht zu verarmen, weil eine erhöhte genetische Vielfalt die Bienen und unsere gemeinsame Umwelt schützt.“[3]
Verhältnis Buckfastbiene und Carnica
In Deutschland und Österreich war und ist die Haltung der Buckfastbiene nicht unumstritten. In diesen beiden Ländern wird heute von Freizeitimkern überwiegend eine andere Bienenrasse, die Kärntner Biene (A. m. carnica) gehalten und gezüchtet. Die Carnica wurde im 20. Jahrhundert aus Kärnten und Slowenien in den gesamten deutschsprachigen Raum importiert, wo sie die einheimische Biene Apis mellifera mellifera verdrängte. Manche Imker sehen in der Einführung von Buckfast-Bienen die Reinzucht ihrer Rasse bedroht. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen, die zwischen 2003 und 2013 weltweit durchgeführt wurden, lassen jedoch annehmen, dass Bienenvölker mit einer Königin, die sich mit möglichst vielen genetisch unterschiedlichen Drohnen verpaart hat, durch wichtige Eigenschaften hervorstechen, wie höhere Produktivität, höhere Fitness, allgemein reduzierte Krankheitsanfälligkeit und größere Überlebenswahrscheinlichkeit.[4] Auf Grund des besonderen Paarungsverhaltens der Honigbiene wird eine echte Reinzucht, sobald unterschiedliche Bienenrassen in einem Gebiet vorhanden sind, nur in speziell geschützten Gebieten (Belegstellen) bzw. über die künstliche Besamung der Königinnen möglich sein. Nach Beobachtungen von Buckfastbienen-Züchtern tritt bei der heute in vielen Gebieten zwangsweise auftretenden Verkreuzung beider Rassen keine übermäßige Neigung zur Stechlust auf, wie sie z. B. in den 1960er Jahren bei der Umstellung der sogenannten Landrasse (weitgehend noch A. m. mellifera) auf die Carnica zu beobachten war.
In Kärnten kam es trotzdem zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen Erwerbs- und Freizeitimkern um das Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz vom 5. Juli 2007[5], das die Haltung, Wanderung und Zucht von Bienen, die nicht der Rasse „Carnica“ (Apis mellifera carnica) angehören, von einer (in der Regel nicht erteilten) Bewilligung der Landesregierung abhängig macht. Dabei kam es 2015 zu Anzeigen gegen und Selbstanzeigen von Imkern, um eine Gesetzesänderung zu erreichen. Der Obmann der Erwerbs-Imker argumentierte dabei: „Das Bienenwirtschaftsgesetz verlangt eine Reinzucht der Carnica und eine Reinzucht der Carnica ist in Kärnten zu 95 Prozent nicht vorhanden.“ Der Obmann des Landesverbandes der Kärntner Imker, Meinhard Schöffmann, argumentiert dagegen: „Gerade aus dem Kreis, die dafür verantwortlich sind, dass wir in Kärnten hybridisierte Bienen haben, werden jetzt jene, die sich darum bemühen, die Carnica in Kärnten zu erhalten, zur Anzeige gebracht.“[6] Trotz der Auseinandersetzungen ist das Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz in seiner bestehenden Form weiterhin in Kraft. In der benachbarten Steiermark plant die Landesregierung eine Lockerung der Vorschriften.[7]
Einzelnachweise
- ↑ Bieneninstitut Kirchhain Datenblatt: Virosen der Bienen (Memento vom 8. Februar 2015 im Internet Archive) (PDF-Datei)
- ↑ Hinweise über die Züchtung, Erhaltung und weitere Entwicklung der Buckfast-Biene
- ↑ DNA-Untersuchungen zur Biodiversität bei Buckfastbienen, Martin Förster, Ludwig-Maximilians-Universität München, Der Buckfastimker Februar 2011
- ↑ Die Biene 1/2014 S. 22–24
- ↑ Kärntner Bienenwirtschaftsgesetz vom 5. Juli 2007.
- ↑ Imker wollen Bienenwirtschaftsgesetz kippen, ORF.at, 12. Juli 2015.
- ↑ „Bienenkrieg“: Grüne verstärken die Carnica-Front, krone.at, 3. November 2018.
Literatur
- Ludwig Armbruster: Bienenzüchtungskunde. Theodor Fisher, Berlin 1919 (Digitalisat Universität Freiburg)
- Bruder Adam: Auf der Suche nach den besten Bienenstämmen. 2. Auflage. Koch Verlag, Oppenau 1983, ISBN 3-9800797-0-8
- Bruder Adam: Meine Betriebsweise: Imkern wie im Kloster Buckfast. 8. Auflage. Kosmos, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-440-16548-5
- Bruder Adam: Züchtung der Honigbiene. 2. Auflage. Imkerei-Technik-Verlag, Oppenau 2007, ISBN 3-9800797-5-9
- Friedrich Ruttner: Zuchttechnik und Zuchtauslese bei der Biene. 7. Auflage. Ehrenwirth, München 1996, ISBN 3-431-02555-2
- Raymond Zimmer: Die Buckfastbiene. Verlag das.imkerbuch, Ostrach 2017, ISBN 978-3-00-055156-7
Weblinks
- Pedigree Gemeinschaft der europäischen Buckfastimker e. V.
- Die Gemeinschaft der europäischen Buckfast-Imker
- Pedigrees der europäischen Züchter der Buckfastbiene
- Bienenzüchtungskunde in deutscher und französischer Sprache
- APIMONDIA-Präsident Gilles Ratia über die Buckfastbiene
- Internationale Literatur über Bruder Adam
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Bruder Adam/Karl Kehrle | Eigenes Werk Humboldt55 | Humboldt55 | Datei:Bruder Adam ScAD0009.jpg | |
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Zuchtstand Kloster Buckfast | Eigenes Werk Humboldt55 | Humboldt55 | Datei:Scanbk0009.jpg | |
Würdigung von Prof. Armbrusters Lebenswerk durch APIMONDIA-Präsident Jörgensen im Kloster Bronnbach | Eigenes Werk Humboldt55 | Humboldt55 | Datei:Würdigung Buckfastbiene1 PICT2453.JPG |