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vom 11.04.2022, aktuelle Version,

Christoph Chorherr

Christoph Chorherr (2006)

Christoph Chorherr (* 9. Dezember 1960 in Wien) ist ein ehemaliger österreichischer Politiker.

Von 1991 bis 1996 war Chorherr der erste nicht-amtsführende Stadtrat der Grünen in Wien. Von März 1996 bis Dezember 1997 war er Bundessprecher der Grünen und von 1997 bis 2004 Klubobmann der Wiener Grünen. Chorherr war von 1997 bis 27. Februar 2019 Gemeinderat und Landtagsabgeordneter in Wien.[1] Im September 2019 trat er, nachdem das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung aufgrund einer anonymen Anzeige Ermittlungen gegen ihn aufgenommen hatte, aus der Partei aus.[2]

Leben

Chorherr studierte Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Umweltökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien, an der er seit 1987 auch lehrt. Er ist Gründer und war Vorstand des Vereins „S²arch - Social Sustainable Architecture“, der in Südafrika Entwicklungsprojekte betreibt. Im Jahr 2000 wirkte Chorherr an der Gründung des privaten Lernzentrums Walz in Wien mit, das seit 2002 als Schule mit Öffentlichkeitsrecht anerkannt ist. 2008 gründete er in Südafrika das Ithuba Skills College, eine Schule in einer Township südöstlich von Johannesburg.

Im Juni 2019 gab Chorherr eine Kooperation mit dem Immobilienunternehmer Erwin Soravia bekannt.[3]

Ende 2019 eröffnete Chorherr gemeinsam mit Helmut Gragger eine Bio Holzofen-Bäckerei im Nordbahnviertel in Wien.[1][4]

Sein Vater war der langjährige Chefredakteur der österreichischen Tageszeitung Die Presse, Thomas Chorherr.[5]

Christoph Chorherr ist Leutnant der Miliz des österreichischen Bundesheeres.

Seine Mutter, Autorin Christa Chorherr, wurde 85-jährig Opfer eines Trickbetrugs nach der Methode Falscher Polizist – wofür sie sich "eigentlich ... schämt". In einem Aufklärungsvideo vom 28. Jänner 2021 von Innenministerium und Polizei schildert sie Ihre Erfahrung.[6][7]

Politik

Von 1997 an war Chorherr Gemeinderat und Landtagsabgeordneter in Wien. Seit der Landtagswahl 2001, aus der die Sozialdemokraten mit absoluter Mehrheit hervorgingen, hat Chorherr mit diesen über 50 rot-grüne Projekte verhandelt und teilweise umgesetzt. Zu diesen zählen etwa ein Biomassekraftwerk und Passivhaussiedlungen.

Ab der Gemeinderatswahl 2010, nach der die Grünen mit der SPÖ die erste rot-grüne Landesregierung bildeten, war Chorherr stellvertretender Vorsitzender des Gemeinderatsausschusses für Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung sowie Mitglied im Gemeinderatsausschuss für Stadtentwicklung, Verkehr, Klimaschutz, Energieplanung und BürgerInnenbeteiligung.[8] Außerdem war er Sprecher für Stadtplanung der Wiener Grünen.

Bei den Wiener Gemeinderatswahlen im Herbst 2005 erreichte Chorherr die größte Anzahl an Vorzugsstimmen aller Nicht-Spitzenkandidaten, was neben Diskussionsveranstaltungen auf die Popularität seines Weblogs zurückzuführen ist und auch als Votum für den Realo-Flügel der Wiener Grünen gewertet wurde.

Am 27. Februar 2019 legte er sein Landtags- und Gemeinderatsmandat zurück, für ihn rückte Ursula Berner nach.[9] Im September 2019 legte Chorherr wegen der Spenden-Vorwürfe seine Mitgliedschaft bei den Grünen zurück.[2] Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt seit 2017 gegen Chorherr wegen Amtsmissbrauchs, Bestechlichkeit und der Bestechung.[10]

Korruptionsvorwürfe

Im Oktober 2017 wurde durch Veröffentlichungen der Tageszeitung Kurier bekannt, dass Chorherrs Verein von Immobilieninvestoren teilweise sehr hohe Spendenbeträge erhielt. Hervorgehoben wurden Zahlungen durch einen früheren Manager des Londoner Hedgefonds Lawnsdowne (EUR 300.000), die Signa Holding GmbH sowie eine Finanzberatungsfirma (je EUR 100.000), an der zum damaligen Zeitpunkt auch Michael Tojner, Investor des umstrittenen Hochhausprojekts „Heumarkt neu“, minderheitsbeteiligt war.[11][12] Gegen Chorherr wurde Anzeige bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen Amtsmissbrauchs und verbotener Geschenkannahme eingebracht.[13] Im Oktober 2017 kündigte Chorherr Klagen gegen "alle" an, "die ihn korrupt nennen",[14] setzte diese allerdings bis Anfang Dezember 2017 nicht um.[15] Im Februar 2018 wurde bekannt, dass Chorherr alle seinen Funktionen im Verein s2arch zurückgelegt hat.[16] Im März 2019 stellte der Wiener Stadtrechnungshof fest, dass die Förderungen für Chorherrs Verein s2arch in Höhe von jährlich EUR 50.000 nicht nach den internen Vorgaben für Nichtregierungsorganisationen, sondern ohne Ausschreibung als ‚Sonderprojekt‘ erfolgte. Der Verein bekam diese Förderungen acht Jahre lang ohne seine Leistungen ausreichend nachzuweisen, da die zuständige MA27 die Weisung erhalten hatte, fehlende Unterlagen nur einmal zu urgieren und danach das Fehlen sanktionslos zu akzeptieren.[17] Aufgrund fehlender Unterlagen war auch eine Überprüfung der Reisekosten nicht möglich.

Im September 2019 wurde bekannt, dass die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Einschau in Akten der MA 21 im Zusammenhang mit den Ermittlungen gegen Chorherr und sieben andere Personen wegen des Verdachts des Amtsmissbrauchs, der Bestechlichkeit und Bestechung nahm.[18][19][20][21] Laut „Kurier“ vom 2. August 2021 hat Chorherrs Anwalt, Richard Soyer, bereits im Mai 2021 einen Antrag auf Diversion gestellt. Dadurch hätte das Strafverfahren beendet werden können, ohne dass ein förmliches Strafverfahren durchgeführt und ein Urteil gefällt worden wäre.[22][23] Im November 2021 wurde allerdings bekannt, dass die WKStA Anklage in dieser Causa erheben werde. Mitangeklagte sind u. a. die Immobilienunternehmer Michael Tojner und René Benko.[24][25]

Trivia

Christoph Chorherr fährt Hochrad.

Publikationen

Commons: Christoph Chorherr  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Christoph Chorherr: Bäckerei bei Nordbahnhof. In: orf.at. 25. Februar 2019, abgerufen am 25. Februar 2019.
  2. 1 2 Politik: Chorherr nicht mehr Grünen-Mitglied. In: orf.at. 19. September 2019, abgerufen am 19. September 2019.
  3. Christoph Chorherr dockt bei Soravia an. In: diepresse.com. 4. Juni 2019, abgerufen am 6. Juni 2019.
  4. Bio-Bäcker Gragger eröffnet Bäckerei mit Ex-Politiker Chorherr. In: kurier.at. 24. November 2019, abgerufen am 5. Dezember 2019.
  5. Christoph Chorherr: Heute ist mein Vater gestorben. In: diepresse.com. 17. Juni 2018, abgerufen am 17. Juni 2018.
  6. Falsche Polizisten: Mehr als 800 Fälle orf.at, 28. Jänner 2021, abgerufen am 29. Jänner 2021.
  7. Prävention Trickbetrug | Falsche Polizisten BMI, Polizei Österreich bewegt , youtube.com, veröffentlicht am 28. Jänner 2021, abgerufen am 29. Jänner 2021. – "Die Polizei fordert und verwahrt NIEMALS Geld oder Wertgegenstände." Video (7:32).
  8. Christoph Chorherr. Die Grünen Wien, abgerufen am 3. November 2017.
  9. Chorherr-Rückzug: Postenkarussell der Wiener Grünen dreht sich. In: kurier.at. 28. Februar 2019, abgerufen am 1. März 2019.
  10. Causa Chorherr: Ermittlungen gegen 22 Personen. Wiener Zeitung, 4. März 2020, abgerufen am 13. November 2021.
  11. Dominik Schreiber, Kid Möchel: Grüner Chorherr legt Namen der Spender nicht offen. In: kurier.at. 31. Oktober 2017, abgerufen am 3. November 2017.
  12. Kid Möchel, Dominik Schreiber: Chorherr: Spendenliste mit Beigeschmack. In: kurier.at. 26. Oktober 2017, abgerufen am 3. November 2017.
  13. Vorwürfe gegen Chorherr wegen Spenden. In: orf.at. 27. Oktober 2017, abgerufen am 3. November 2017.
  14. Anna Thalhammer: Christoph Chorherr: „Klage alle, die mich korrupt nennen“. In: diepresse.com. 30. Oktober 2017, abgerufen am 3. November 2017.
  15. Josef Galley: Heumarkt-Eklat: Klagsflut gegen Kritiker. In: österreich.at. 3. Dezember 2017, abgerufen am 12. November 2021.
  16. Heumarkt: Chorherr legt Funktionen in karitativem Verein zurück. In: diepresse.com. 26. Februar 2018, abgerufen am 26. Februar 2018.
  17. Brisant: Rechnungshof zerpflückt Förderung für Ex-Verein von Chorherr. In: kurier.at. 15. März 2019, abgerufen am 27. März 2019.
  18. David Krutzler: Ermittlungen im Wiener Magistrat wegen Causa Chorherr bestätigt. In: derstandard.at. 16. September 2019, abgerufen am 16. September 2019.
  19. Politik: Erhebungen gegen Magistratsbeamten. In: orf.at. 16. September 2019, abgerufen am 19. September 2019.
  20. Politik: Flächenwidmung: Opposition will prüfen. In: orf.at. 17. September 2019, abgerufen am 19. September 2019.
  21. Politik: Flächenwidmung: Für Hebein „politischer Fehler“. In: orf.at. 18. September 2019, abgerufen am 19. September 2019.
  22. Chorherr will Diversion bei Spenden-Affäre, Webseite: kurier.at vom 2. August 2021.
  23. Causa Chorherr: Antrag auf Diversion, Webseite: orf.at vom 2. August 2021.
  24. WKStA-Anklage gegen Ex-Grünen-Politiker Chorherr: Spender erwarteten "gewogene Amtstätigkeit". Abgerufen am 12. November 2021 (österreichisches Deutsch).
  25. Kristina Gnirke: René Benko: Anklage gegen Immobilienunternehmer in Wien. In: Der Spiegel. 11. November 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 12. November 2021]).

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