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vom 19.09.2020, aktuelle Version,

David Vogel

David Vogel (Jahr unbekannt)

David Vogel (geboren 15. Mai 1891 in Sataniw, Podolien, Russisches Kaiserreich; gestorben 1944 im KZ Auschwitz) war ein österreichischer Dichter, Romanautor und Tagebuchschreiber in hebräischer Sprache.

Leben

Vogel wurde in der Westukraine geboren; sein Vater starb, als er noch klein war. Vogel lebte von 1909 oder 1910 an im damals russischen Wilna und kurz im österreichisch-ungarischen Lemberg. 1912 übersiedelte er von dort nach Wien, wo er als Hebräisch-Lehrer tätig war und Deutsch lernte, aber arm blieb. Während des Ersten Weltkriegs war er zwei Jahre als feindlicher Ausländer interniert.[1] Von 1919 an hatte er eine kurze Ehe mit der tuberkulosekranken Ilka.

Vermutlich 1925 hielt sich Vogel einige Zeit im Asyl für mittellose Juden der Königswarter-Stiftung im nunmehr italienischen Meran auf, um seine angegriffenen Lungen zu kurieren. Dort schrieb er die 1927 erschienene Novelle Im Sanatorium.[2] Im gleichen Jahr übersiedelte Vogel, inzwischen mit österreichischem Pass, nach Paris, wo er drei Jahre lang blieb und auf Hebräisch schrieb.

1929/1930 hielt sich Vogel mit seiner zweiten Frau Ada Nadler in Palästina auf, konnte sich dort aber nicht integrieren. Er war psychisch unfähig, einen ihm angebotenen Posten als Gymnasiallehrer anzunehmen, wie er überhaupt nicht für das Berufsleben geeignet war. Das Ehepaar kehrte mit der dort geborenen Tochter Tamar (sie lebte später als Tamar Vogel Mizrahi in den Vereinigten Staaten) nach Europa zurück, um bis 1933 in Polen und in Berlin zu leben. Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten flüchtete Vogel nach Paris.

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde Vogel 1940 von den Franzosen als feindlicher Ausländer interniert. Nach der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht lebte er bis 1944 in Hauteville im Département Ain, wurde dann von der Gestapo verhaftet und über Lyon und das Sammellager Drancy ins KZ Auschwitz deportiert, wo er umkam.

Werk

Vogel verfasste expressionistische Gedichte, mehrere Novellen, den Roman „Eine Ehe in Wien“ und einen erst 2010 entdeckten weiteren Roman. 1923 erschien seine erste Gedichtesammlung. Sein Werk wurde aber erst nach seinem Tod anerkannt. Die (Wieder-)Entdeckung Vogels leitete Mitte der 1950er Jahre der israelische Dichter Natan Zach ein. Heute wird David Vogel vom Institut zur Übersetzung hebräischer Literatur als großer Erneuerer der hebräischen Literatur und als wichtiger zentraleuropäischer Schriftsteller bezeichnet.

Literaturfund

Die israelische Tageszeitung Haaretz wies im Januar 2012 auf einen literarischen Sensationsfund hin.[3][4] Die Literaturwissenschaftlerin Lilach Netanel habe 2010 bei Genazim, dem Archiv des Hebräischen Schriftstellerverbandes in Tel Aviv, im Nachlass David Vogels, versteckt zwischen den Zeilen des Manuskripts eines anderen Texts, einen bisher völlig unbekannten Roman des Autors entdeckt (ca. 75.000 Wörter).

Das Werk soll im Februar 2012 erstmals im hebräischen Original unter dem Titel „Wiener Roman“ – ORF: Ein passend doppeldeutiger Name, da „Roman“ im Hebräischen nicht nur die Prosaform, sondern auch eine Liebesaffäre bezeichnet – publiziert werden (bei Haaretz wurde der Titel in Englisch als Viennese Romance angekündigt). Die Vorbereitung der Publikation wurde von Lilach Netanel und einigen wenigen von ihr bei der Entzifferung des Manuskripts beigezogenen Personen bis 2012 geheim gehalten, was nun von Anderen, die sich seit Längerem mit Vogels Werk befassen, kritisiert wurde. Wann Vogel den Roman verfasst bzw. fertiggestellt hat, ist unter Literaturwissenschaftlern umstritten.

Im Buch wird eine Dreiecksgeschichte erzählt, bei der der Protagonist kurz nach seiner Ankunft in Wien ein Verhältnis mit seiner Quartiergeberin und später auch mit deren 16-jähriger Tochter beginnt. (Diese Situation ähnle einem im Tagebuch des Autors vermerkten Dreiecksverhältnis, das er selbst in Wien erlebt habe.) Weiters enthält das Werk viele Details der damaligen Lokalszene in Wien vom Kaffeehaus bis zum jiddischen Restaurant, die laut Netanel zeigten, dass der Autor die Atmosphäre im Wien der 1920er Jahre sehr geschätzt habe. Der „mutige“ Roman, der, stark autobiografisch gefärbt, zahlreiche erotische Szenen und Beschreibungen des damals kosmopolitischen Wien enthalte, sei „wunderbar“, schwärmte Haaretz laut ORF. Teile des Textes soll Vogel im Roman „Eine Ehe in Wien“, der 1992 auch auf Deutsch erschien, verwendet haben.

David Vogels nachgelassene Werke haben, wie Haaretz schrieb, immer nur Stück für Stück die Öffentlichkeit erreicht. Privatpersonen in Israel hätten archivalische Materialien jahrzehntelang aufbewahrt, ohne Literaturwissenschaftlern Zugang dazu zu gewähren. Es sei auch unklar, wie und wann die Schriften Vogels überhaupt nach Israel gelangt seien. Dass Vogel die Werke, als er sich gefährdet sah, in Hauteville vergraben habe, hielt Netanel auf Grund des Zustands der Manuskripte für technisch sehr unwahrscheinlich. Auch dass er Kisten mit seinen Werken bei seinen fluchtartigen Ortswechseln in den 1940er Jahren habe mitnehmen können, bezweifelt die Wissenschaftlerin.

Werke

  • Eine Wiener Romanze. Roman. Aus dem Hebräischen von Ruth Achlama. Aufbau, Berlin 2013, ISBN 978-3-351-03548-8.
  • Das Ende der Tage.  : Tagebücher und autobiographische Aufzeichnungen 1912–1922 und 1941/42. Mit einem Vorw. von Amir Eshel. Aus dem Hebr. von Ruth Achlama. List, München 1995.
  • Eine Ehe in Wien. Roman. Aus dem Hebr. von Ruth Achlama. List, München 1992.
  • Im Sanatorium. An der See. Zwei Novellen. Aus dem Hebr. von Ruth Achlama. List, München 1994.

Literatur

  • Klaus Nüchern: Schnaps verführt Himbeerbrause. Rezension Wiener Romanze. In: Literarische Welt, 23. November 2013, S. 4

Einzelnachweise

  1. T. Carmi: The Penguin Book of Hebrew Verse. Penguin, 1981, ISBN 0-14-042197-1, S. 135.
  2. Kein Geld für teure Kuren, bei Jüdische Gemeinde Meran, mit Foto des Autors
  3. Noa Limone: Haaretz Exclusive: Noa Limone reveals a previously unknown novel by David Vogel, Haaretz, 20. Jänner 2012
  4. Unbekannter Wien-Roman von David Vogel entdeckt, auf: ORF-Website, 21. Jänner 2012

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