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vom 17.03.2022, aktuelle Version,

Der Zauberflöte zweyter Theil

Der Zauberflöte zweyter Theil ist ein Fragment eines Librettos von Johann Wolfgang von Goethe, das von Mozarts Zauberflöte inspiriert ist.

Gedruckt wurde es erstmals 1802. 1807 folgte eine geänderte Fassung im Druck. Von Carl Friedrich Zelter ist die Komposition zumindest einer Ouvertüre zu diesem Text bezeugt.

Entstehung

1795 begann Goethe die Arbeit an einer Fortsetzung von Mozarts Zauberflöte – eine Arbeit, die allerdings in den folgenden Jahren immer wieder unterbrochen wurde. So blieb Goethes Fortsetzung ein Fragment, was immer wieder damit in Zusammenhang gebracht wurde, dass Goethe für sein Werk keinen Komponisten fand, selbst wenn Kontakte zu Paul Wranitzky bestanden. Wahrscheinlich war der Grund aber die Tatsache, dass Emanuel Schikaneder, der Librettist der Zauberflöte, inzwischen selbst eine Fortsetzung geschrieben und einen Komponisten dafür gefunden hatte.[1]

In Vossens Musenalmanach auf das Jahr 1796 erschien aus Goethes Fortsetzung das Lied: „Von allen schönen Waren“ und später in Friedrich Wilmans Taschenbuch auf das Jahr 1802 ein größerer Teil seines Fragments.

Handlung

Goethes Fortsetzung beginnt als eine Rachehandlung: Die Königin der Nacht will durch Monostatos den inzwischen geborenen Sohn von Pamina und Tamino entführen lassen. Zwar kann Sarastros Zaubermacht dies verhindern, jedoch gelingt es Monostatos, das Kind in einen Sarg einzuschließen. Dieser Sarg lässt sich nicht öffnen, muss aber immerzu in Bewegung gehalten werden, damit das Kind nicht stirbt. Eine Reihe von Parallelhandlungen führt dieses Motiv fort: So muss unter anderem Sarastro als Pilger auf eine einjährige Wanderschaft gehen, wodurch seine schützende Fürsorge für die Gemeinschaft ausfällt. Unterwegs trifft er auf Papageno und Papagena, die ihre Kinderlosigkeit beklagen. Sarastro zaubert ihnen drei Vogelkinder aus goldenen Eiern herbei. Durch die Macht der Mutterliebe kann schließlich das eingeschlossene Kind von Pamina und Tamino befreit werden: als ein „Genius“ entsteigt es dem Sarg und entschwebt. Damit endet der ausgearbeitete Teil des Fragmentes. Überliefert sind außerdem noch ein weiterführendes Szenar und Paralipomena.

Das Szenar der Fortsetzung, Paralipomena

Kurze Landschaft
Sarastro und Kinder
Tiefe Landschaft
Genius(,) Pamina(,) Tamino
Papagena(,) Monostatos
Papagena(,) Papageno(,) Kinder
Genius wird gefangen
Pamina(,) Tamino die Vorigen
Monostatos(,) die Vorigen
Nachtszene mit Meteoren
Königin (,) Sarastro
Königin (,) Monostatos
Schlacht
Tamino siegt
Papageno gerüstet
Palast aufgeputzt
Weiber und Kinderspiel
Monostatos unterirdisch
Brand
Zeughaus
Die Überwundenen(,) Priester

Die überlieferten Paralipomena umfassen inhaltlich jeweils soviel, dass sie sich einzelnen Abschnitten des Szenars mit einiger Sicherheit zuordnen lassen.

Besondere Bedeutung als Vorarbeit für Goethes "Faust"-Dichtung und andere Werke

Besondere Bedeutung erhält Der Zauberflöte zweyter Theil hinsichtlich der motivischen Verwandtschaft zu anderen Werken Goethes, wie insbesondere seiner Faust-Dichtung. Zahlreiche Untersuchungen legen überzeugend motivische Entsprechungen zu anderen Werken dar[2] und zeigen wie die Zauberflöten-Fortsetzung „Goethes allertiefsten Symbolen Pate gestanden“[3] hat. Das weitaus populärste Beispiel ist die Geniusfigur als Vorbild für den Euphorion in Faust II. Thomas Mann beschrieb Goethes Zauberflöte sogar als einen kleinen Faust:

"Das ist der kleine Faust, – die Zauberflöte, wo Homunculus und der Sohn noch Eines sind im leuchtenden Kästchen ..." – Thomas Mann[4]

Symbolik der Mysterien

Hinter der Handlung des Knaben im Kasten bzw. der Geniusfigur (der sogenannten „Zentralerfindung“[5] von Goethes Zauberflöten-Fortsetzung) verbirgt sich eine symbolische Bildersprache der Isis-Mysterien.[6] Der Knabe durchläuft symbolisch die Reise des Sonnengottes Horus, die der einfachen Vorstellung des Sonnenlaufs nachempfunden war, und wonach die Sonne am Abend im Erdreich versinkt und am Morgen aus der Erde wieder hervorkommt. Der Knabe ist mit solaren Symbolen wie bspw. dem Gold und Leuchten des Kastens ausgestattet. Besonders hervorstechend zeigt sich die Sonnengottsymbolik im Schlussbild: Von zwei Löwen gesäumt, die der Erdgottheit Aker entsprechen, fliegt er hell leuchtend empor.

In Faust II finden sich der Vergleich zum Sonnengott ("wie ein kleiner Phöbus") sowie eine symbolische Reise in die Unterwelt und ein anschließendes erleuchtetes Emporkommen ebenso für den Euphorion:[7]

Doch auf einmal in der Spalte rauher Schlucht ist er verschwunden,

Und nun scheint er uns verloren. Mutter jammert, Vater tröstet,

Achselzuckend steh’ ich ängstlich. Doch nun wieder welch Erscheinen!

Liegen Schätze dort verborgen? Blumenstreifige Gewande

Hat er würdig angethan.

Quasten schwanken von den Armen, Binden flattern um den Busen,

In der Hand die goldne Leyer, völlig wie ein kleiner Phöbus,

Tritt er wohlgemuth zur Kante, zu dem Ueberhang; wir staunen.

Und die Eltern vor Entzücken werfen wechselnd sich an’s Herz.

Denn wie leuchtet’s ihm zu Haupten? Was erglänzt ist schwer zu sagen,

Ist es Goldschmuck, ist es Flamme übermächtiger Geisteskraft. (9614–9624)

Einzelnachweise

  1. Gerd Scherm: Das Labyrinth – Der Zauberflöte zweyter Theil. (Nicht mehr online verfügbar.) Archiviert vom Original am 1. November 2012; abgerufen am 14. Mai 2009.
  2. Siehe für einen Überblick der Forschungsliteratur: Waldura, Markus: "Der Zauberflöte Zweyter Theil". Musikalische Konzeption einer nichtkomponierten Oper. In: Hans Heinrich Eggebrecht [Hrsg.]: Archiv für Musikwissenschaft,Stuttgart 1993 (Jg. 50. 1993, H. 4), S. 259–290, S. 260. Hartmann, Tina: Goethes Musiktheater. Singspiele, Opern, Festspiele, "Faust", Tübingen 2004, S. 299.
  3. Brown, Jane K.: An den Grenzen des Möglichen. Goethe und "Die Zauberflöte". In: Mathis Mayer [Hrsg.]: Modell "Zauberflöte". Der Kredit des Möglichen. Kulturgeschichtliche Spiegelungen erfundener Wahrheiten, Hildesheim 2007 (Echo; Bd. 10), S. 187–200, S. 190.
  4. Mann, Thomas: Lotte in Weimar, Frankfurt am Main 1965, S. 263.
  5. Henkel, Arthur: Goethes "Hommage á Mozart". Bemerkungen zu "Der Zauberflöte ZweiterTheil". In: Robert B. Palmer / Robert Hamerton-Kelly [Hrsg.]: Philomathes. Studies and Essays in the Humanities in Memory of Philip Merlan, Den Haag 1971, 485–502, S. 496.
  6. Cebadal, George [Hrsg.] / Goethe, Johann Wolfgang von[Aut.]: Goethes: Die Zauberflöte II. Die Entdeckung von Goethes ägyptischen Mysterien im Bindeglied zwischen Mozarts "Zauberflöte" und der "Faust"-Dichtung. Vollständiges Textbuch von Goethes "Der Zauberflöte zweyter Theil –Fragment" mit einer Einleitung und Neuinterpretation von George Cebadal, Norderstedt 2016, S. 45 ff.
  7. Cebadal, George: Goethe, Schiller und die verschleierte Wahrheit. Ein kleiner Beitrag zur Mysterienkultur in Goethes "Faust"-Dichtung und der Weimarer Klassik, Norderstedt 2019, S. 43 f.

Literatur

  • Andreas Blödorn: Fortgehn ins Unendliche: Goethes 'Der Zauberflöte Zweyter Theil' als kosmologische Allegorie auf Mozarts Oper. In: Rüdiger Görner (Hg.): Mozart – eine Herausforderung für Literatur und Denken [= Jahrbuch für Internationale Germanistik, Reihe A, Bd. 89, 2007], S. 125–149.
  • Dieter Borchmeyer: Goethe, Mozart und die Zauberflöte. Göttingen 1994.
  • George Cebadal: Goethes: Die Zauberflöte II. Die Entdeckung von Goethes ägyptischen Mysterien im Bindeglied zwischen Mozarts "Zauberflöte" und der "Faust"-Dichtung. Vollständiges Textbuch von Goethes "Der Zauberflöte zweyter Theil –Fragment" mit einer Einleitung und Neuinterpretation von George Cebadal. Norderstedt 2016.
  • Hans-Georg Gadamer: Die Bildung zum Menschen. ’Der Zauberflöte anderer Teil‘. In: Ders.: Vom geistigen Lauf des Menschen. Studien zu unvollendeten Dichtungen Goethes. Godesberg 1949, S. 28–55.
  • Arthur Henkel: Goethes Fortsetzung der ’Zauberflöte‘. In: Zeitschrift für Deutsche Philologie, Bd. 71, Heft 1 (1951), S. 64–69.
  • Erwin Jaeckle: Goethes Zauberflöten-Fragment. In: Ders.: Die Elfenspur. Zwei Essays. Zürich 1958.
  • Victor Junk: „Goethes Fortsetzung der Mozartschen Zauberflöte“. A.Duncker, Berlin 1899
  • Oskar Seidlin: Goethes Zauberflöte. In: Ders.: Von Goethe zu Thomas Mann. Zwölf Versuche. 2. Aufl. Göttingen 1969, S. 38–55.
  • Markus Waldura: ’Der Zauberflöte Zweyter Theil‘. Musikalische Komposition einer nicht komponierten Oper. In: Archiv für Musikwissenschaft. H. 4, 1993, S. 259–290.
  • Walter Weiss: Das Weiterleben der 'Zauberflöte' bei Goethe. In: Johann Holzer/Michael Klein/Wolfgang Wiesmüller (Hg.): Studien zur Literatur des 19. und 20. Jahrhunderts in Österreich. Innsbruck 1981, S. 15–24.

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