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vom 28.11.2019, aktuelle Version,

Eduard März

Eduard März (geboren 21. Dezember 1908 in Lemberg, Österreich-Ungarn; gestorben 9. Juli 1987 in Wien) war ein österreichischer Wirtschaftshistoriker.

Leben

Eduard März wurde als Sohn eines Uhrmachers im damals zur Habsburgermonarchie gehörigen Lemberg geboren und kam im Zuge der Ereignisse des Ersten Weltkriegs als Kind nach Wien. Er wuchs in Wien auf, maturierte mit Auszeichnung an der Höheren technischen Lehranstalt für Textiltechnik und studierte an der damaligen Hochschule für Welthandel, die er mit dem Grad eines Diplomkaufmanns abschloss. März war aber auch literarisch interessiert und schloss sich, politisiert durch die Ereignisse des Juli 1927, früh der sozialistischen Bewegung an. März war Mitgründer einer linken Kabarettgruppe („Rote Spieler“) und näherte sich in der Radikalisierungsphase der politischen Auseinandersetzungen zu Anfang der 1930er-Jahre wie zahlreiche seiner Bekannten (Ernst Fischer, Fritz Jensen, Elias Canetti, Walter Hollitscher und andere) der KP. Während der Zeit des Austrofaschismus war März zunächst noch als Vortragender an der Volkshochschule Ottakring tätig, erhielt aber wegen seiner marxistischen Auffassungen Lehrverbot.

Wegen seiner jüdischen Herkunft von den Nationalsozialisten bedroht, gelang es März, der zur Finanzierung seines Studiums nebenberuflich für die IBM tätig gewesen war, dank der Unterstützung seines Arbeitgebers über die Türkei in die USA zu emigrieren. Dort diente März als Soldat bei der US-Marine und schloss ein Studium an der Harvard Universität mit dem Doktorgrad (PhD) ab. Einer seiner wichtigsten und prägendsten Lehrer war Joseph Alois Schumpeter. März lehrte nach Abschluss seines Studiums an amerikanischen Universitäten, kehrte aber 1953 im Zuge der McCarthy-Ära nach Österreich zurück, wo er zunächst im österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung bei Franz Nemschak Aufnahme fand. März löste sich in der Folge langsam von der in Österreich chancenlosen KPÖ und profilierte sich als unabhängiger linker Denker im Rahmen der SPÖ. Er baute ab 1956 in der Arbeiterkammer Wien die Wirtschaftswissenschaftliche Abteilung auf, die er 1957 bis 1973 leitete. Sie wurde zu einem bedeutenden Think Tank der Arbeitnehmerseite im Rahmen der österreichischen Sozialpartnerschaft, aus ihr gingen so profilierte Experten wie Oskar Grünwald und Ferdinand Lacina (langjähriger österreichischer Finanzminister) hervor, sie bot aber auch anregenden Querdenkern wie Theodor Prager eine Heimstätte.

März verfolgte aber auch seine wissenschaftliche Laufbahn weiter. Die angestrebte Habilitation an der Universität Wien blieb ihm aus wahrscheinlich vorrangig politischen Gründen versagt, aber 1971–1973 war er als Gastprofessor an der Universität Salzburg tätig, und später erhielt er eine Honorarprofessur an der Universität Wien. Die von März und seinem Mitarbeiter Fritz Weber verfassten Studien zur Geschichte der Creditanstalt gelten als Standardwerke der österreichischen Bankengeschichte. Der zeit seines Lebens literarisch interessierte März hat auch in seiner Jugend politische Lyrik verfasst (etwa über die Scottsboro Boys) und er hat in späteren Jahren zwei Lesedramen geschrieben, von denen das erste das Schicksal des österreichischen Finanzministers Karl Ludwig von Bruck behandelte und das andere einen imaginären „Skandal in Neu-Kakanien“ mit Anklängen an die Biografie von Josef Joham. Kurz vor seinem Tod ist Eduard März noch mit viel beachteten kritischen Erinnerungen an seinen zeitweiligen Weggefährten Elias Canetti hervorgetreten.

März hatte eine Tochter (* 1938) und einen Sohn, den Biochemiker Richard März (* 1947). Eduard März wurde im Urnenhain der Feuerhalle Simmering (Abteilung ML, Gruppe 61, Nummer 8) in Wien beigesetzt.

Auszeichnungen

Schriften (Auswahl)

  • Die Marx'sche Wirtschaftslehre im Widerstreit der Meinungen. Wien 1959.
  • Österreichische Industrie- und Bankpolitik in der Zeit Franz Josephs I Wien Frankfurt Zürich 1963.
  • Österreichs Wirtschaft zwischen Ost und West. Wien 1965.
  • Einführung in die Marxsche Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung. Wien 1976.
  • Österreichische Bankpolitik in der Zeit der großen Wende 1913–1923. Am Beispiel der Creditanstalt für Handel und Gewerbe. Oldenbourg Verlag 1981.
  • Joseph Alois Schumpeter: Forscher, Lehrer, Politiker. Wien 1983, (engl. Ausgabe Yale University Press 1992).

Literatur

  • Günther Chaloupek (Hrsg.): Eduard März als Wirtschaftshistoriker und Wirtschaftspolitiker, ÖGB-Verlag, ISBN 978-3-99046-140-2
  • Robert Schediwy: Eduard März als Kulturmensch. In: ders.: Ein Jahrhundert der Illusionen. Ökonomie Politik und Kultur im 20. Jahrhundert, Bremen 2008, S. 169ff
  • Günther Chaloupek: März, Eduard. In: Harald Hagemann, Claus-Dieter Krohn (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen wirtschaftswissenschaftlichen Emigration nach 1933. Band 2: Leichter–Zweig. Saur, München 1999, ISBN 3-598-11284-X, S. 406–409.
  • Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. Band 1: Politik, Wirtschaft, Öffentliches Leben. München : Saur, 1980, S. 468f.