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vom 21.05.2019, aktuelle Version,

Erbrecht (Österreich)

Das subjektive Erbrecht bezeichnet in Österreich das Recht, die ganze Verlassenschaft oder Teile davon zu erwerben. Der Begriff „Erbrecht“ (im objektiven Sinn) bezeichnet darüber hinaus die Summe an Rechtsnormen, die sich mit dem Übergang des Vermögens einer Person nach ihrem Tod (Verstorbener) auf seine Rechtsnachfolger befassen. Das Erbrecht ist in Österreich vorwiegend im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt und wurde mit Inkrafttreten am 1. Jänner 2017 grundlegend reformiert.

Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch

Das Erbrecht ist in Österreich einfach-gesetzlich im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch verankert. Das Erbrecht als solches ist nicht verfassungsgesetzlich gewährleistet. Mit der Erbrechtsreform 2015 hat der österreichische Gesetzgeber die Bestimmungen über das Erbrecht im Achten Hauptstück des ABGB (§§ 531 – 858) grundlegend überarbeitet und modernisiert. Die Bestimmungen traten mit 1. Jänner 2017 in Kraft.

Entstehung des Erbrechts

Der Erbe erwirbt das Erbrecht mit dem Tod des Verstorbenen (Erblassers). Das Erbrecht kann auch weitervererbt werden, wenn der Erbe vor Einantwortung in die Verlassenschaft selbst stirbt (§§ 536f ABGB). Wer erbunwürdig ist, ist von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen. Als Erbunwürdigkeitsgründe nennt das Gesetz die absichtliche Vereitelung des letzten Willens oder den Versuch dies zu tun (Unterdrückung eines Testaments, Fälschung eines Testaments) oder gerichtlich strafbare Handlungen gegen den Erblasser oder nahe Angehörige, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit einer Freiheitsstrafe von über einem Jahr bedroht sind. Weiters ist erbunwürdig, wer dem Verstorbenen in verwerflicher Weise schweres Leid zugefügt hat oder seine Pflichten aus dem Verhältnis zwischen Eltern und Kindern gröblich vernachlässigt hat. In allen Gründen der Erbunwürdigkeit kann der Verstorbene dem Erben zu Lebzeiten verzeihen, wodurch die Erbunwürdigkeit beseitigt ist (§ 539ff ABGB).

Gesamtrechtsnachfolge

Mit dem Tod gehen das Vermögen sowie Verbindlichkeiten und sonstige Rechte des Verstorbenen – anders als in Deutschland gem. § 1922 BGB – nicht sogleich auf die Erben, sondern zunächst auf die sog. „Verlassenschaft“ als juristische Person über. Die Erben erwerben die Vermögenswerte und die sonstige Rechtsposition des Verstorbenen erst aufgrund des sog. Verlassenschaftsverfahrens, das mit der Einantwortung in die Verlassenschaft abgeschlossen wird (§ 547 ABGB).

Gesetzliche Erbfolge

Wenn der Verstorbene kein oder kein gültiges Testament errichtet hat, kommt die gesetzliche Erbfolge zur Anwendung (§ 727ff ABGB). Das Vermögen des Verstorbenen geht dann auf den gesetzlichen Erben über oder, wenn mehrere gesetzliche Erben vorhanden sind, geht das Vermögen auf diese quotenmäßig über (Miteigentum). Gesetzliche Erben des Verstorbenen sind der Ehegatte/die Ehegattin oder der eingetragene Partner sowie die Nachkommen des Verstorbenen (Kinder, Enkel oder Urenkel, 1. Linie). Falls zum Todeszeitpunkt keiner dieser gesetzlichen Erben vorhanden ist, erben die Eltern des Verstorbenen oder deren Nachkommen (2. Linie), sind auch in dieser Linie keine Personen vorhanden, erben die Großeltern des Verstorbenen oder deren Nachkommen (3. Linie) und letztlich, sollten auch in der 3. Linie keine Personen vorhanden sein, die Urgroßeltern des Verstorbenen (4. Linie, sogenannte Erbrechtsgrenze) (§ 741 ABGB). Wenn bishin zu den Urgroßeltern keine Erben vorhanden sind, erbt nach der gesetzlichen Erbfolge ein etwaiger Lebensgefährte des Verstorbenen (§ 748 ABGB). Wenn schließlich auch kein Lebensgefährte vorhanden ist und der Verstorbene auch keine letztwillige Verfügung (Testament, Vermächtnis) errichtet hat, erwirbt der Bund (Republik Österreich) die Verlassenschaft (sog. Heimfallsrecht) (§ 750 ABGB).

Erbquoten

Hat der Verstorbene mehrere Kinder, erwerben diese die Verlassenschaft zu gleichen Teilen, beispielsweise zwei Kinder jeweils zur Hälfte, drei Kinder jeweils zu einem Drittel (§ 732 ABGB). Der Ehepartner des Verstorbenen erbt neben den Kindern ein Drittel der Verlassenschaft, neben der 2. Linie (den Eltern des Verstorbenen oder deren Nachkommen), zwei Drittel und ansonsten die gesamte Verlassenschaft (§ 744 ABGB). Hinterlässt der Verstorbene zwei Kinder und einen Ehepartner, erhält beispielsweise jeder Erbe ein Drittel der Verlassenschaft.

Gewillkürte Erbfolge

Der Begriff „gewillkürte Erbfolge“ bezeichnet die Erbfolge aufgrund aller Rechtsgeschäfte, mit denen der Verstorbene zu Lebzeiten Einfluss auf die Verteilung seines Vermögens nach seinem Tod nimmt. Das Recht, die Vermögensnachfolge nach dem Tod frei zu regeln, bezeichnet man als „Testierfreiheit“. Das Gesetz nennt folgende Gestaltungsformen der gewillkürten Erbfolge: Testament, Vermächtnis, Schenkung auf den Todesfall, Erbvertrag.

Testament

Ein Testament ist eine zu Lebzeiten des Verstorbenen von ihm höchstpersönlich errichtete Erklärung, die eine bestimmte Person nach seinem Tod zum Erben einsetzt (§ 552 Abs. 2 ABGB). Zu seiner Wirksamkeit bedarf das Testament, wie auch andere letztwillige Verfügungen, einer bestimmten Form (siehe hierzu Formerfordernisse). Die Erbeinsetzung kann hierbei unbestimmt erfolgen, welchenfalls die Erben zu gleichen Teilen erben, oder bestimmt, das heißt unter Festlegung einer bestimmten Erbquote (§ 557f ABGB).

Vermächtnis

Im Gegensatz zum Testament ist das Vermächtnis eine letztwillige Verfügung, die bloß einzelne Verlassenschaftsgegenstände betrifft, beispielsweise Immobilien, Wertgegenstände oder auch einen Geldbetrag (§ 535 ABGB). Der Vermächtnisnehmer, das ist jene Person, der nach dem Willen des Verstorbenen eine Sache zukommen soll, wird nicht unmittelbar Eigentümer dieser Sache im Zeitpunkt des Todes des Verstorbenen, sondern erwirbt bloß einen schuldrechtlichen Anspruch gegenüber der Verlassenschaft bzw. den Erben nach Einantwortung in die Verlassenschaft (§ 649 ABGB).

Schenkung auf den Todesfall

Eine Schenkung auf den Todesfall ist ein zwischen dem Geschenkgeber (zu dessen Lebzeiten) und dem Geschenknehmer abgeschlossener Vertrag, der zwingend in Notariatsaktform abzuschließen ist, bei dem der Geschenkgeber dem Geschenknehmer auf den Todesfall eine Sache schenkt und auf den grundlosen Widerruf dieser Schenkung verzichtet (§ 603 ABGB).

Erbvertrag

Ein Erbvertrag kann nur zwischen Ehegatten oder eingetragenen Partnern bzw. Verlobten geschlossen werden. Gegenstand des Erbvertrages ist die Erbeinsetzung (meist wechselseitige) der einen Vertragspartei durch die andere. Der Erbvertrag ist unwiderruflich und kann nur nach vertragsrechtlichen Grundsätzen wieder gelöst werden (§ 1249ff ABGB).

Formerfordernisse für letztwillige Verfügungen

Letztwillige Verfügungen unterliegen, anders als die meisten Verträge, besonderen Formerfordernissen: Bei Testamenten und Vermächtnissen unterscheidet man zwischen eigenhändigen und fremdhändigen Verfügungen. Eigenhändige Testamente oder Vermächtnisse sind solche, die der Verstorbene zu Lebzeiten selbst eigenhändig, also beispielsweise nicht mittels eines Computers oder einer Schreibmaschine, geschrieben und unterschrieben hat. Derartige letztwillige Verfügungen sind ohne weitere Voraussetzungen formgültig (§ 578 ABGB). Fremdhändige Verfügungen hingegen muss der Verfügende in Gegenwart von drei gleichzeitig anwesenden Zeugen eigenhändig unterschreiben und zusätzlich eigenhändig auf der letztwilligen Verfügung vermerken, dass diese seinen letzten Willen enthält (beispielsweise „Dies ist mein letzter Wille“) (§ 579 ABGB). Die Zeugen müssen die letztwillige Verfügung eigenhändig unterschreiben und eigenhändig auf ihre Eigenschaft als Zeuge hinweisen (beispielsweise „als ersuchter Testamentszeuge“). Den Inhalt der letztwilligen Verfügung müssen die Zeugen nicht kennen (§ 579 ABGB).

Pflichtteils- oder Noterbrecht

Das Pflichtteilsrecht begrenzt die Testierfreiheit des letztwillig Verfügenden. Es bestimmt, dass gewisse nahe Angehörige des Verstorbenen nicht übergangen werden und einen Mindestanteil am Erbe erhalten sollen (sog. Noterben).[1]

Pflichtteilsberechtigt sind hierbei der Ehegatte bzw. eingetragene Partner des Verstorbenen und die Nachkommen des Verstorbenen, also seine Kinder und Kindeskinder (§ 757 ABGB).

Die Pflichtteilsquote beträgt die Hälfte der gesetzlichen Quote, sodass beispielsweise ein Kind, dem bei gesetzlicher Erbfolge eine Erbquote von 1/3 zukäme, einen Pflichtteilanspruch von 1/6 hat.

Die Pflichtteilsberechtigten erwerben anders als die Erben aber nicht Miteigentum am Erbe, sondern haben einen schuldrechtlichen Anspruch gegen die Verlassenschaft bzw. die Erben nach Einantwortung (§ 764 ABGB). Der Pflichtteilsanspruch wird mit dem Tod des Verstorbenen fällig, kann aber erst nach einem Jahr, unter gesetzlicher Verzinsung von 4 %, von den Pflichtteilsberechtigten gefordert werden. Ein Pflichtteilsberechtigter hat sich auf seinen Pflichtteil alles anrechnen zu lassen, was er als Erbteil, Vermächtnis oder Schenkung (auch auf den Todesfall) vom Verstorbenen erhalten hat (§ 780 ABGB).

Für die Berechnung des Pflichtteils können auch Schenkungen des Verstorbenen zu Lebzeiten zu berücksichtigen sein. Schenkungen an oder Geschäfte, die nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt einer Schenkung gleichkommen, mit Pflichtteilsberechtigten sind zur Berechnung des Pflichtteils der Verlassenschaft zeitlich unbefristet hinzuzurechnen (§ 781 ABGB). Hat der Verstorbene daher beispielsweise zu Lebzeiten sein wesentliches Vermögen an einen Pflichtteilsberechtigten verschenkt, mindert dies nicht die Pflichtteilsansprüche der übrigen Personen, sondern der Wert des Geschenkes wird dem Wert der Verlassenschaft rechnerisch hinzugeschlagen und danach hieraus der Pflichtteilsanspruch berechnet. Schenkungen an dritte Personen, die nicht dem Kreis der Pflichtteilsberechtigten angehören, werden nur dann der Verlassenschaft hinzugerechnet und erhöhen die Pflichtteile, wenn sie innerhalb von zwei Jahren vor dem Tod des Verstorbenen gemacht wurden (§ 782 ABGB).

Das ABGB räumt dem Testamentserrichter die Möglichkeit ein, den Pflichtteil „in Gestalt eines Erbteiles oder Vermächtnisses oder auch ohne ausdrückliche Benennung“ zu hinterlassen. Wichtig ist hierbei, dass der Pflichtteil dem Noterben „ganz frei“ zu bleiben hat. Er darf also weder mit Bedingungen, Beschränkungen oder Belastungen versehen sein.[2]

Der Erblasser kann allerdings dem Noterben mehr als den gesetzlichen Pflichtteil hinterlassen. Dieses mehr, aber auch nur dieses, kann mit Bedingungen, Beschränkungen oder Belastungen versehen werden. Der Testator kann aber auch, wenn er mehr als den Pflichtteil zuwendet, anordnen, dass sich der Noterbe die Belastung der gesamten Zuwendung gefallen lässt. In diesem Fall hat der Pflichtteilsberechtigte nur mehr die Möglichkeit, entweder das größere Vermächtnis bzw. den größeren Erbteil samt Belastung usw. anzunehmen oder es auszuschlagen und den reinen Pflichtteil in Geld (siehe oben) zu fordern.

Es kommt aber auch oft vor, dass die Zuwendung an einen Pflichtteilsberechtigten weniger als den gesetzlichen Pflichtteil ausmacht.

In solchen Fällen ist der Noterbe berechtigt, die Ergänzung auf den gesetzlichen Pflichtteil zu verlangen. Er kann das zu seinen Gunsten angeordnete Vermächtnis bzw. den ihm zugewendeten Erbteil annehmen und darüber hinaus die Differenz auf seinen wertmäßigen Pflichtteilsanspruch in Geld fordern.

Erbschaftssteuer

Die Erbschafts- und Schenkungssteuer trat in Österreich am 31. Juli 2008 außer Kraft, nachdem der österreichische Verfassungsgerichtshof diese im Jahr zuvor aufgrund der gleichheitswidrigen Bemessungsgrundlage (Einheitswerte bei Liegenschaftsvermögen) aufgehoben und der österreichische Gesetzgeber keine Nachfolgeregelung beschlossen hatte. Eine steuerliche Belastung bei der Erbschaft ergibt sich seitdem in erster Linie aus der Grunderwerbssteuer bei der Übertragung von Liegenschaften vom Verstorbenen auf seine Erben.

Literatur

  • Peter Barth, Ulrich Pesendorfer: Praxishandbuch des neuen Erbrechts. Linde Verlag, Wien 2016, ISBN 978-3-7073-3471-5.
  • CMS Reich-Rohrwig Hainz (Hrsg.): Erbrecht 2017, Richtig vererben, Fehler vermeiden. Linde Verlag, Wien 2016, ISBN 978-3-7073-3596-5.
  • Astrid Deixler-Hübner, Martin Schauer: Erbrecht Neu. LexisNexis Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-7007-6353-6.
  • Peter Apathy: Studienkonzept Zivilrecht VII - Erbrecht. LexisNexis Verlag, Wien 2015, ISBN 978-3-7007-6316-1.
  • Bernhard Eccher: Bürgerliches Recht: Band VI Erbrecht. 6. Auflage. Verlag Österreich, Wien 2016, ISBN 978-3-7046-7609-2.
  • Alexander Winkler: Erbrecht – Ein Leitfaden für die Praxis. Verlag Österreich, Wien 2016, ISBN 978-3-7046-6578-2.
  • Wolfgang Zankl: Erbrecht: Lehr- und Praxishandbuch. Facultas, Wien 2017, ISBN 978-3708915111.

Einzelnachweise

  1. Heinz Barta et al.: Pflichtteils- oder Noterbrecht onlineLehrbuch Zivilrecht, Kap. 17 D, abgerufen am 7. September 2018
  2. § 774 ABGB
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