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vom 31.05.2020, aktuelle Version,

Gymnasium Stubenbastei

Gymnasium Stubenbastei
Das Gymnasium Stubenbastei mit der Hauptfront zur Stubenbastei mit der Ecke zur Zedlitzgasse
Schulform Gymnasium
Gründung 1872
Adresse

Stubenbastei 6–8

Ort Wien
Bundesland Wien
Staat Österreich
Koordinaten 48° 12′ 24″ N, 16° 22′ 41″ O
Leitung Nina Hochleitner
Website www.stubenbastei.at
Auf der Glastür befinden sich die Namen bekannter ehemaliger Schüler und Lehrer
Ansicht Stubentor Blickrichtung Braunbastei mit daraufgebautem Palais Coburg – Situation vor Abriss der Basteien 1858. Bei den kleinen Häusern dazwischen wo die Bäume sichtbar sind, ist etwa der heutige Schulstandort [1] [2] [3]
Eingangsbereich innen
Das in einem Schülerprojekt verhängte Kriegerdenkmal

Das Gymnasium Stubenbastei, auch GRG Wien 1 genannt, ist ein seit 1872 bestehendes Gymnasium im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt. Das Schulgebäude steht unter Denkmalschutz.

Geschichte

Vorläufiges Quartier in der Hegelgasse 3/Schellinggasse

Eröffnet wurde die Schule durch kaiserliche Entschließung vom 13. Februar 1872 als Staatsgymnasium in der Inneren Stadt im Oktober des gleichen Jahres – provisorisch noch untergebracht im staatlichen Pädagogikum (= Lehrerbildungsanstalt) in der Schellinggasse 11, also nicht weit von ihrem heutigen Standort.[4] Allerdings verzögerte die wirtschaftliche Entwicklung aufgrund des Wiener Börsenkrachs von 1873, dass ein weiterer Ausbau sofort stattfinden konnte. 1875 wurde dann die Schule als Verlängerung dieses Provisoriums und bis zur Errichtung ihres späteren eigenen Schulgebäudes in der Hegelgasse 3 in ein Wohnhaus eingemietet. Für die nun zur Verfügung stehende etwas größere Nutzfläche war ein Jahresmietzins von 13.000 Gulden veranschlagt.[5]

Der Ursprung der Schule liegt damit in der prosperierenden Epoche der Gründerzeit und des Baus der Wiener Ringstraße. Deren Bebauungszone beginnt mit ihrem geplanten Straßenraster[1] geradewegs vor dem heutigen Schulstandort/Schultor auf der anderen Straßenseite der Stubenbastei.[2] Die Schule erhielt 1879 den Namen k.k. Franz-Joseph-Gymnasium. Von Anfang an waren – wie die alten Kataloge (= Schülerakten / Notenbögen) zeigen – Schüler katholischen und mosaischen Glaubensbekenntnisses etwa gleich stark vertreten. Die Knaben entstammten dem Bürgertum. Die meisten Eltern der mosaischen Schüler waren überwiegend aus den Städten der benachbarten Kronländer zugezogen. Gerade in den ersten Jahrzehnten war die Schule daher ein Katalysator in dem Assimilationsprozess einer Migrantenschicht, der es sehr stark daran gelegen war, dass ihre Kinder – oft auch unter Entbehrungen – die Aufstiegschancen durch Bildung ergriffen.[6] Bei der ersten Maturitätsprüfung Anfang Juli 1879 bestanden 12 der 17 angetretenen Knaben. 1886 wird die „Location“ (= Reihung und Sitzplatz der Schüler nach ihrer Gesamtleistung) aufgehoben (Anm.: aus dieser Zeit stammen Bezeichnungen wie "Primus" für den Klassenbesten, oder der Begriff "Eselsbank" für die letzte Bankreihe).

Um die Jahrhundertwende fanden mit dem wirtschaftlichen Strukturwandel auch die Auseinandersetzungen um die Monopolstellung der humanistischen Gymnasien mit großer Heftigkeit statt. Neben diesem Typ entstanden daher Gymnasien neuen Typs – die sogenannten Realgymnasien. 1908 wurden als Resultat der probeweisen Einführung dieser Gymnasien neuen Typs die Schule in ein Realgymnasium (k.k. Franz-Joseph-Realgymnasium) umgewandelt. Anstelle des Griechischen wurde Französisch unterrichtet, mathematisch-naturwissenschaftliche Gegenstände bekamen mehr Gewicht, Geometrie kam dazu. Das brachte der Schule einen Zustrom neuer Schüler. 1909 erfolgte die erstmalige Durchführung einer Schülerreise als Bildungsfahrt (für die die Stubenbastei später legendär sein wird) mit dem Ziel Rom – 1911/1912 dann ein erster Schulschikurs in Hütteldorf! 1913 gewinnt die Schulmannschaft beim „Ersten Mittelschulmannschafts-Ski-Abfahrtsrennen“ am Semmering den 1. Preis.

Eigenes Schulgebäude Stubenbastei 6–8

Im Jahr 1912 übersiedelte die Schule nach 40 Jahren Untermiete vom ursprünglichen Standort an der Hegelgasse in das nicht weit davon im 1. Bezirk gelegene neue Gebäude auf den heutigen Standort an der Stubenbastei 6–8 – siehe Karte[3] nahe dem Stubentor, wo sie sich trotz wechselvoller Ereignisse auch heute noch befindet. Dieser Umzug war besonders den Bemühungen von Direktor Weihrichs zu verdanken. Er finanzierte auf eigene Kosten Planstudien, bemühte sich um geeignete Baugründe und wies das k.k. Ministerium immer wieder auf die unerträgliche Unterrichtssituation hin. Er argumentierte aber auch damit, dass die bisherig angelaufenen Mietskosten die Kosten eines Schulneubaus bereits übertroffen hätten. Laut NOWOTNY (1972, S. 11) wurde er daraufhin von der Schulbehörde gemaßregelt und ihm jede weitere Bemühungen untersagt. Direktor Weihrich zog die Konsequenzen und trat in den Ruhestand. 1911 aber wurde dann doch auf den Gründen des ehemaligen Jakoberhofes der erste Spatenstich getan. Verzögerungen hatte es auch gegeben, weil das Justizministerium dieses Grundstück eigentlich für eine Erweiterung des Handelsgerichtsgebäudes auf der Baublockrückseite in der Riemergasse ins Auge gefasst hatte. Diese und eine dazugekaufte Parzelle Ecke Zedlitzgasse[7] waren jedoch noch immer so eng, dass weder Pausenhof, noch Turnplatz errichtet werden konnten, wie ihn andere Gymnasien auch im dichtverbauten Stadtgebiet von Wien haben. Bei den Bauarbeiten fand man nicht nur Reste (Kasematten) der alten Stadtmauer, sondern auch Waffen- und Knochenreste, die auf die Zeit Zweite Wiener Türkenbelagerung datiert wurden. Nach nur 13-monatiger Bauzeit (Architekt: Gustav Sachs[8]) war das neue Schulhaus auf der Stubenbastei bezugsfertig. Modern ausgelegt für 12 Klassen, zusätzlich einer Reihe von Lehr- und Übungsräumen und einem großen Erholungsraum im fünften Stock.

Eine „Kaiser-Franz-Joseph-Jubiläumsstiftung“ (1898) konnte über die Zinsen ihres beträchtlichen Vermögens (1917 etwa lt. Novotny 1972 S. 12 – waren es 35.562 Kronen) jährlich auch einige Stipendien an Schüler verleihen. Dieses Vermögen zerbröselte im wahrsten Sinn des Wortes nach dem Krieg in der Inflationszeit die Deutschösterreich traf. Sie wurde – inaktiv geworden seit 1919 dann 1932 aufgelöst, nachdem ihr Vermögen nur mehr 1 Schilling und 20 Groschen betrug.[9]

Erster Weltkrieg

In den Kriegsjahren September 1914 bis Jänner 1918 fand in der Schule Wechselunterricht statt: Grund ist die Unterbringung der Klassen des nahegelegenen Akademischen Gymnasiums,[10] dessen Haus als Notlazarett diente, im Gebäude der Stubenbastei. Der Krieg zeigte sich auch 1915/16 mit der Einführung militärischer Übungen für die Schüler der Oberstufe. Wegen einer schweren Grippeepidemie musste der Unterricht zwischen 4. Oktober und 6. November 1918 ausgesetzt werden.

1. Republik

Im Schuljahr 1919/20 wurden erstmals auch Mädchen an der Stubenbastei aufgenommen. 1921 erstmalige Konstituierung eines Elternvereins an der seit diesem Jahr auch in „Bundesrealgymnasium Wien 1“ benannten Schule. Sie stand unter der Leitung des Sozialdemokraten Radnitzky, einem engen Mitarbeiter des Schulreformers Otto Glöckel. Daher wurde er nach den Februarereignissen 1934 zwangspensioniert.

1922/23 wurde in der Schule das Gaslicht durch eine elektrische Beleuchtung ersetzt und im Zuge dieser Umbauarbeiten auch der große Festsaal mit Bühne im 5. Stock ausgebaut. Am Flachdach entstand auch ein Garten. 1928/29 wurden die 1. und 2. Klassen (= 5. bzw. 6. Schulstufe) aufsteigend nach den neuen Lehrplänen auf Grund des Mittelschulgesetzes vom 2. August 1927 unterrichtet.[11] Die Klassengrößen der Unterstufen lagen laut Katalogseintragungen in den 1930er Jahren weit über 40 Schüler.

Anschluss

Schon am 17. März 1938 kurz nach dem Anschluss Österreichs (und noch vor der sogenannten Volksabstimmung am 10. April 1938 dazu!) wurden per Erlass (Zl.: 2213/1-IIa-1938) Direktor Jungwirth sowie vier Professoren ihres Amtes enthoben, drei weitere Lehrer wurden versetzt und ein kommissarischer neuer Leiter (Tschernach – Lehrer für M, Geometrie) eingesetzt.[12] Am 19. März wurde der Lehrkörper auf den Führer und Reichskanzler vereidigt. Am 25. März regelte ein Erlass die Einführung des „Deutschen Grußes“ jeweils am Beginn und Ende jeder Stunde! Bis Pfingsten 1938 absolvierten acht willfährige Lehrkräfte im Sinne der Umerziehung NS-Führerschullehrgänge. Das Vorwort des Jahresberichts 1938 (die Schule hatte damals 16 Klassen) ist ein Zeitdokument – dort schrieb er „Wurden zunächst alle jüdischen Lehrer enthoben, wodurch der beschämende und widernatürliche Zustand, dass Juden arische Kinder unterrichten, ein Ende gesetzt war, so folgte in kürzester Zeit die Trennung der arischen von den jüdischen Schülern; damit strömte auch in unsere Anstalt, die wohl seit ihrem Bestand zum erstenmal judenfrei war, förmlich fühlbar reine, frische Luft ein. Schon am 29. April konnten wir die uns neu zugewiesenen arischen Schüler aus dem II. Bezirk empfangen, die Bahn war frei gemacht für jene großen Aufgaben, die die Schule im nationalsozialistischen Staat zu erfüllen hat. … Unsere neue Schule muß ferner die ihr anvertraute Jugend so früh als möglich mit den aus der besonderen Lage Deutschlands sich ergebenden Problemen, die durch den Mangel an Raum und Rohstoffen bedingt sind, bekanntmachen und den jungen Leuten immer wieder vor Augen führen, welche schweren Aufgaben später an sie herantreten werden. Die Zeiten, wo viele junge Menschen lediglich studierten, um eine sogenannte allgemeine Bildung zu erwerben und dann glaubten, voll Bildungsdünkel auf alle Schaffenden herabsehen zu können, sind endgültig vorbei!“

Ebenfalls interessant ist die damals im Sommer 1938 abgehaltene Reifeprüfung: Noch aus der Schulreformzeit stammten sogenannte „Hausarbeiten“ (zur Matura verfasst – wie sie 2015 wieder als VWA auftauchen): „Die Donau, eine Großwasserstraße“ (Gg); „Prinz Eugens Beziehungen zur Kunst und Wissenschaft“ (H = Geschichte); „Das menschliche Auge“ (Ng); „Treibstoffe“ (Ch); „Tirol von 1805–1815“ (H); „Herstellung einer Streustrahlenblende“ (Ph); „Modell-Dispersionsfilter“ (Ph); „Das Haar des Menschen“ (Ng). Aufschlussreich sind auch die ab 30. Mai zur schriftlichen gestellten (neuen) Themen: In Deutsch zur Auswahl: „1. Ostern 1938, das Ende der deutschen Passion; 2. Technik und Chemie, die deutschen Großmächte; 3. Agnes Bernauer, Gemeinnutz geht vor Eigennutz“. Daneben gab es noch schriftliche Prüfungen in Latein und in Französisch – dort stach nur in der 8b das 3. Wahlthema hervor: „L'Anschluss (le rattachement)“. Umgekehrt hatte nur ein Beispiel der Matura in Mathematik – diesmal bei der 8a – eine einschlägige Fragestellung: „Zwei Artilleriebeobachter A und B, deren gegenseitige Entfernung a ist sehen das Mündungsfeuer einer feindlichen Batterie C unter dem Winkel BAC = Alpha und ABC = Beta, während sie die eigene rückwärts liegende Batterie D unter dem Winkel BAD = Gamma und ABD = Delta sehen. Wie weit ist die eigene Batterie von der feindlichen entfernt und welche Seite bezl. des Hilfszieles A erhält die eigene Batterie beim Beschießen der feindlichen? (a= 1950 m, Alpha = 22.30; Beta = 12.36, Gamma = 49.30, Delta = 73.48)“. Von den 12 bzw. 32 in den beiden Klassen von 1938 für reif erklärten Schülern gaben in der 8 a zwei, in der 8 b hingegen 12 den Berufswunsch Offizier an. Interessant ist ein weiterer Vergleich zu heute – die überwiegende andere Zahl der Absolventen gab technische oder naturwissenschaftliche Studienrichtungen als ihr weiteres Ziel an.

Ende April 1938 wurden so infolge des deutschen Einmarsches und der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 274 von 634 Schülern, die nach den Rassegesetzen des Dritten Reichs als „rassisch minderwertig“ bezeichnet wurden, fast ausschließlich jüdischer Abkunft, gezwungen, die Schule zu verlassen.[13] Sie wurden zunächst im RG II dem, damals in der Kleinen Sperlgasse noch angesiedelten, heutigen Sigmund-Freud-Gymnasium zusammengezogen.

Nachsatz: Im Juni 1986 erfolgte auf Initiative von Lehrern des Gymnasiums in einem Festakt durch den Bundesminister für Unterricht, Herbert Moritz eine späte Ehrenmatura an folgende ehemalige Schüler der 6a und 6b des Jahrganges 1937/38: Arthur Cooper, Henry Grunwald, Herbert Lamm, Paul Lynton, Egon Schwarz,[14] Georg Temmer, Eric Kruh,[15] John K. Kautsky.[16]

Zweiter Weltkrieg

Während des Zweiten Weltkriegs wurde das Schulhaus mehrmals für Wehrmachtszwecke beschlagnahmt, Klassen auswärts untergebracht (etwa 1941 in der Oberschule für Jungen, Radetzkystraße im 3. Bezirk, 1942 8. Klassen im Akademischen Gymnasium, 1944 in der Oberschule, Schottenbastei im 1. Bezirk). In dieser Zeit wurden alle Jugendliche der Schule immer wieder zu Hilfsdiensten bzw. zum Reichsarbeitsdienst herangezogen. Im Winter 1942/43 begann wegen Verdunkelungsmaßnahmen der Unterricht erst um 9 Uhr, die Unterrichtsstunden wurden auf 35–40 Minuten gekürzt. 1944 wurden Unterstufenschüler ins Kinderlandsverschickungsheim Klamm am Semmering gebracht. Oberstufenschüler wurden als Luftwaffenhelfer eingezogen.

Die in der 7.b Klasse 1943/44 als Luftwaffenhelfer eingezogenen Schüler Franz Putschi, Ernst Krivanec, Friedrich Leibnitz und Anton Sieberer wurden nach einer Anklage ihres vorgesetzten Oberleutnants vom 5. April 1944 durch ein Feldgericht am 22. April 1944 wegen Zersetzung der Wehrkraft verurteilt (u.a. drückten sie ihrer Meinung aus, dass „der Krieg ein baldiges Ende finden werde, da ihn Deutschland schon verloren habe….“)[17], und sie eine Widerstandsgruppe aufzubauen versucht hatten. Sie bekamen drei Monate Jugendgefängnis Kaiser-Ebersdorf und wurden nach einem Erlass des Reichsministeriums für Erziehung und Volksbildung von sämtlichen höheren Schulen verwiesen. Am 5. November 1944 wurde bei einem Luftangriff das Schulhaus getroffen und beschädigt. Es sollte nicht der einzige Kriegsschaden sein.[18] Zahlreiche Schüler und Lehrer hatte man zunehmend in den Kriegsdienst der Wehrmacht und des Volkssturm einberufen. Im Katalog der 8. Klassen gingen etwa im Februar 1944 von 34 Schülern 17 als Luftwaffenhelfer an die Batterie Johannesberg (= am Südostabhang des Laaer Bergs) von der Schule früher ab.[19] Die sogenannte „Kriegsmatura“ erfolgte damals schon im Februar!

Ein Erlass vom 22. Februar 1944 verfügte, dass wegen des Rohstoffmangels alle Türklinken aus Messing durch solche aus Holz zu ersetzen seien. Der letzte Erlass, der die Schule erreichte verfügte, dass sich die Lehrer der Schule zu Schanzarbeiten für die Verteidigung Wiens einzufinden hätten. In diesem März 1945 entfernte der langjährige Schulwart Adolf Prochaska die beim Abzug eines deutschen Luftwaffenstabes in den letzten Kriegstagen[20] noch angebrachten Sprengladungen. Auch in den Tagen danach bemühte er sich, das Schulhaus und Inventar vor der anrückenden Roten Armee zu bewahren. Zwischen 6. April[21] und 9. April[22] ging die Front des XXI. Gardeschützenkorps der 3. Ukrainischen Front der Roten Armee über die Innere Stadt hinweg.[23] Am 10. April war die deutsche Front dann hinter den Donaukanal zurückgenommen worden.

2. Republik

Als Ende April 1945 in Wien die Kampfhandlungen beendet waren, besetzte sowjetisches Militär die Schule und richtete im Schulgebäude erst ein Notlazarett und dann eine Telephonzentrale ein. Der Unterricht konnte erst 16. August 1945 wieder provisorisch aufgenommen werden. Im Schulhaus waren auch bis 1948 Klassen des RG für Mädchen II. Schützengasse untergebracht. Am 1. September 1946 wurde Radnitzky als Direktor wieder zurückgeholt. Noch am 25. März 1947 wurde festgestellt, dass als Folge der Kriegseinwirkungen noch immer 1359 Fensterscheiben fehlten.

Bei den Mittelschulwettkämpfen 25. Juni 1949 siegten im Bundesbewerb Schüler der Anstalt im 1000-Meter-Lauf mit neuer österreichischer Bestzeit von 2.38,7. Ab 1954/55 wurden unter Leitung des damaligen Direktors Franz Häußler Unterrichtsversuche zur Neugestaltung der Oberstufe begonnen. Dabei wurde die Möglichkeit erprobt, den aufgefächerten Unterricht etwas enger zu binden. Ein Thema konnte von verschiedener Sicht (Deutsch, Geschichte, Geographie, Naturgeschichte, Kunst, …) zugleich behandelt werden, einige Lehrer konnten zugleich in einem Stundenblock mit diesem Ziel integriert unterrichten. Auch die Reifeprüfung orientierte sich an solchen Versuchen. Sogenannte „Bildungsfahrten“ waren ein Kulminationspunkt.[24]

Architektur

Das dreiseitige monumentale späthistoristische Schulgebäude in neobarocken Formen mit einem Mittelrisalit zur Stubenbastei wurde 1911 nach den Plänen der Architekten Hans Miksch und Julian Niedzielski erbaut. Das Vestibül unter einer Kassettendecke hat eine Mitteltreppe mit neobarocker Steinbalustrade. Die Wände im Vestibül haben Wandfelder mit schlichten Stuckrahmen und zeigen links eine Marmorgedenktafel mit einer Bauinschrift und rechts eine bemerkenswerte Gedenktafel für die gefallenen Schulangehörigen des Weltkrieges mit einem monumentalen Relief vom Bildhauer Josef Bayer (1922) – entstanden ist es aus dem damaligen Zeitgeist, und montiert ist es worden unter sozialdemokratischen Direktoren. Schüler der 6B (2002/2003) im Dialog mit den Bildhauern Stefan Buxbaum und Roman Spiess verdeckten teils mit Gussteilen das Kriegerdenkmal und sprachen sich damit (in einer heute anderen Interpretation der Vergangenheit) gegen die verherrlichende und verharmlosenden Darstellung von Krieg und Gewalt aus.

Besonderheiten heute

1945 wurde auf Wunsch der sowjetischen Besatzungsmacht in der Stubenbastei als einer der wenigen Schulen Wiens Russisch als lebende Fremdsprache eingeführt. Unter diesen zählt das Gymnasium zu der einzigen Schule mit „grundständigem“ (= achtjährigem) Russischunterricht. In diesen Klassen wird ab der 3. dann Englisch als zweite Fremdsprache dazugenommen. Das brachte der Schule bis heute auch einen starken Zuzug von Schülerinnen aus Osteuropa – Kinder von Kommunisten, Geschäftsleuten, Diplomaten, Flüchtlinge (etwa infolge der Ereignisse 1956, 1968, 1981/1982, ab 1991), ergaben eine bunte Mischung insbesondere in diesen Klassen und prägen weiterhin das multikulturelle Bild und Stil der Schule.[25]

Seit 2008 wird der vom Mathematiker Franz Alt (Maturajahrgang 1928) gestiftete Förderungspreis für Fachbereichsarbeiten vergeben.[26]

Als UNESCO-Schule läuft an der Stubenbastei seit 2003 ein Schulpartnerschaftsprojekt[27] mit einer Schule im Dorf Ouarmini (ca. 2000 Einwohner), 20 km südlich von Ouagadougou, der Hauptstadt Burkina Fasos. Im Laufe der Jahre entstand daraus ein eigener Verein zur Aufbringung laufender Unterstützung und auch zum Kulturaustausch. 2011 gipfelten diese Kontakte auch in einer Reise einer Wahlpflichtfachgruppe in die Partnerschule.

In den 1980er Jahren wurde im Zuge des Baus der U-Bahn-Station am benachbarten Luegerplatz die als Gegeneinbahn zum Ring stark befahrene Durchgangsstraße vor der Schule endlich verkehrsberuhigt und in eine Fußgängerzone umgestaltet. Dieser Raum wurde in den letzten Jahren durch ein Schulprojekt urbanistisch umgestaltet.[28] Dies erfolgte in mehreren Projektphasen.[29][30]

2013/14 wurde ein langjähriger Wunsch der Schule erfüllt: ein größerer Umbau ermöglichte die Einrichtung eines neuen, gemeinsamen flächenmäßig erweiterten und moderne Ansprüchen erfüllenden Naturwissenschaftsbereichs (wobei auch der Musiksaal verlegt und neu ausgestattet werden konnte).

Bekannte ehemalige Schüler und Lehrer

Eine Absolventenliste ist auf Schulhomepage/Chronik ab dem Jahr 1900 einsehbar.[34]

Zu den bekannt gewordenen Lehrern der Anstalt gehören

Leitung

  • 1872–1874 Karl Schmidt (L(atein), GR(iechisch)) – dann Dir. des Akademischen Gymnasiums
  • 1874–1890 Karl Burkhard (L, GR) – Pensionierung
  • 1890–1894 Stephan Kapp (L, GR, E(nglisch), F(ranzösisch)) – Ernennung zum Landesschulinspektor
  • 1894–1902 Ignaz Wallentin (M(athematik), Ph(ysik)) – vorher Dir. am Staatsgym. Troppau – dann Ernennung zum LSI
  • 1902–1908 Franz Weihrich (D(eutsch), L, Phil(ilosophie)) – hatte vorher die Leitung des Unterrichts der Kinder des Erzherzogs Carl Ludwig
  • 1908–1920 Karl Klement (L, GR) plötzlicher Tod während Spaziergang im nahegelegenen Stadtpark
  • 1920–1922 Alois Brommel (M, Ph) – Ernennung zum LSI
  • 1922–1934 Johann Radnitzky (L, GR) – enthoben aus pol. Gründen 12. März 1934 – wiederbestellt 1. September 1946
  • 1934–1934 Sept. prov. Leiter Franz Neugebauer (Ng, M)
  • 1934–1938 Heinrich Jungwirt (L, GR, D) – enthoben aus pol. Gründen 17. März 1938 – dann pensioniert
  • 1938–1943 Julius Tschernach (M, Geometrie) – wird zum Leiter d. Oberschule für Jungen Mödling
  • 1943–1945 Johann Schikola (D, L) – bis April 1945
  • 1945–1945 Sept. prov. Sachwalter Fritz Opawa (Ng (= Biologie), M, Ph) Ernennung zum Dir. BRG Wien XVIII
  • 1946–1949 Wiederbestellung Dr. Radnitzky – bis Pensionierung
  • 1950–1953 Leiter Norbert Krejcik (D, E, Stenographie)- bleibt auch Leiter nach Ernennung Starks – danach Dir. BG Wien XVIII
  • (1951–1958) Felix Stark (M, Ph) – als Dir. dem Stadtschulrat als Personalreferent zugeteilt, danach LSI
  • 1954/1958–1958 Leiter für Stark, 1958 Franz Häußler (D, F, Phil) bis zu plötzlichem Tod
  • 1959–1972 Ernst Novotny (D, L, Phil) – Ernennung zum LSI
  • 1972–1992 Karl Hecht (D, H) – bis zu seiner Pensionierung
  • 1992 02 bis 08 prov. Leitung durch Eugen Lukaschek (Bio, M, LüK)
  • 1992–2002 Margit Auer (E, H) – danach LSI und Leitung der AHS-Abt. im SSR für Wien
  • 2002–2003 prov. Leitung durch Marianne Schröder (D,H)
  • 2003–2009 Gabriele Dangl (M, F) – danach LSI und Leitung der AHS-Abt. im SSR für Wien
  • 2009–2010 prov. Leitung durch Administrator Carl Metnitz (Inf, D, H)
  • seit 2010 Nina Hochleitner (M, F)

Literatur

  • Jahresbericht über das Staats-Gymnasium in der Innern Stadt Wien. 1. bis 4. Jg. Selbstverlag des k. k. Staats-Gymnasiums, Wien 1873–1876.
  • Jahresbericht über das Schuljahr. 51. bis 62. Jg. Hrsg. vom Bundes-Realgymnasiums des 1. Bezirks. Selbstverlag, Wien 1923–1934.
  • Ernst Nowotny (Red.): Festschrift 100 Jahre Gymnasium Stubenbastei. 1872–1972. Elternverein des Bundesgymnasiums Wien I, Wien 1972.
  • Egon Schwarz: Rede anlässlich der Verleihung der Ehrenmatura 13. Juni 1986 Stubenbastei. In: Schulheft Nr. 43 schulheft.at J&V Wien. S. 111–113.
  • Die Stubenbastei – Vergangenheit und Gegenwart einer Wiener Schule. Böhlau Verlag Wien 1997, 308 S., ISBN 978-3-205-98777-2.
  • Die Stubenbastei – Jahrbuch mit CD zum 130. Jahr der Schule 2001/2002. Hrsg. vom Bundesrealgymnasium Wien-Innere Stadt (Redaktion: R. Erdinger, M. Sonnweber, H-P. Wittmann), Wien 2002. Seither jährlich herausgegeben
  • Die Kunstdenkmäler Österreichs. Dehio Wien Innere Stadt 2003. Bauten im Straßenverband. Stubenbastei. Nr. 6–8. S. 875.
Commons: Gymnasium Stubenbastei  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1 2 Lage der Basteien auf heutigen Stadtplan projiziert
  2. 1 2 „Die Stubenbastei“ war eigentlich eine 1561 errichtete Kurtine, die von der Dominikanerbastei – durchbrochen vom Stubentor – bis zur Braunbastei reichte, bzw. gab es davor seit 1660 ein freistehendes Ravelin namens „Stubenschanze“ – demoliert 1821. In Stadtbeschreibungen ab etwa 1795 taucht diese Bezeichnung auch für die innerhalb der Mauern gelegene Häuserzeile auf. Die Demolierung dieser Mauer bis hin zum heutigen Palais Coburg und dem Wasserglacis erfolgte zwischen 9. April und 9. September 1862, der Graben wurde planiert und der Straßenzug dann so benannt. Aus: Czeike F.: Historisches Lexikon Wien. Band 5, 1997, S. 386.
  3. 1 2 Standort Gymnasium Stubenbastei auf BING-KARTEN/Luftbild zum zoomen
  4. die folgenden Daten sind alle entnommen aus Nowotny E. (1972): 100 Jahre Gymnasium Stubenbastei. S. 21 ff.
  5. zur Umrechnung von Gulden siehe hier bei Kaufkraftparitäten
  6. John Bunz, in Ratzenböck, Morawk, Amman: Die zwei Wahrheiten. Wien 1989.
  7. Anm.: Zedlitzgasse 2 war die Parzelle der Kirche des 1783 von Josef II aufgehobenen Klosters, vis-a-vis der Schule wurde an ihr die Zedlitzhalle errichtet. Eine 1871 eröffnete Markthalle, die ab 1899 von der Künstlervereinigung Hagenbund genutzt wurde. Zedlitzgasse 7 ist das Haus, in dem am 21. Juli 1914 Bertha von Suttner starb.
  8. 13 – Das neue Anstaltsgebäude – Seite – Schulprogramme – Digitale Sammlungen. In: digital.ub.uni-duesseldorf.de. Abgerufen am 18. November 2016.
  9. Anm.: zum Vergleich: 1914 bekam man für 1 Silberkrone 1 Gulasch mit 2 Gebäck und 1/4 Liter Wein und 2 Zigarren. Schon 1919 nur mehr für eine Papierkrone einen halben Laib Brot dazu 2 Zigaretten und ein Glas Wasser ! 1903 kostete ein 4 Teilstrecken Straßenbahnfahrschein 48 Heller, 1920 3 Kronen und 1929 64 Groschen – 1934 kostete 1 Kg Reis 69 Groschen, 1 Ei 11 Gr., 1 l Milch 47 Gr., 1 kg Butter 4 Schilling und 86 Gr. Margarine 1,83 S. – Dazu: Wochenlöhne Buchdrucker 70 Schilling, Maler 68 S., Bauhilfsarbeiter 50 S. – (Qu.: Rückblicke, Hrsg. Initiative für Kulturpädagogik Wien o. J., S. 7)
  10. Das Akademische Gymnasium in Wien S. 103
  11. Bundesgesetz vom 2. August 1927, betreffend die Regelung des Mittelschulwesens (Mittelschulgesetz)l
  12. Daten und folgende Zitate entnommen aus Jahresbericht über das 66. Schuljahr 1937/38, Selbstverlag des Staats-Realgymnasiums im 1. Bezirk
  13. Ein Schulprojekt mit Briefen vertriebener Schüler erinnerte 2012 daran – Aus: Kurier 10. Jänner 2012 (Memento vom 3. Januar 2015 im Internet Archive)
  14. Begegnung an der Stubenbastei am 20. Nov 2009 mit Prof. Egon Schwarz
  15. Veronika Gisperg Begegnung mit Eric Kruh „a letter to the stars“-Projekt
  16. Egon Schwarz: Der Politologe John K. Kautsky. In: Der literarische Zaunkönig Nr. 2/1014, S. 27–31
  17. Akten dazu im DÖW 20.100/9143 mit dem Urteil bzw. Vermerk im Katalog der 7b „nach Verbr. § 5 Abs. 1 Zl 1-2 KSStVO“ – im Archiv der Schule
  18. Wenn der Kuckuck ruft. diepresse.com
  19. Archiv der Schule: Katalog Schuljahr 1943/44 – 8. Klasse, und ebenda Maturaprotokoll v. 12. Feb. 1944
  20. Zweiter Weltkrieg im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
  21. vgl. Weissensteiner : Der Kampf um Wien April 1945. In Wr. Zeitung 2005
  22. vgl. dazu Zeitzeugen In: Wr. Zeitung 30. März 2019
  23. siehe Rauchensteiner: Der Krieg in Österreich 1945. Wien 1995. S. 178.
  24. Neumayer H. „von unserer Arbeit“ In: Nowotny E. (1972): 100 Jahre Gymnasium Stubenbastei. S. 71ff
  25. Schulprofil des Gymnasiums Stubenbastei
  26. Franz Alt-Preis
  27. Burkina Faso – Projekt und Verein
  28. Stadtmöblierung vor dem Gymnasiums Stubenbastei
  29. Stadtmöblierung Projekt Prof. R. Herbst
  30. Landschaftsarchitektur – Fotoseite
  31. John K. Kautsky – Politikwissenschafter (1922–2013)
  32. siehe 1984 Besetzung der Hainburger Au und ihre demokratiepolitischen Folgen
  33. Eintrag Ch. Cwik auf cibera Forscher wiki
  34. Absolventen des Gymnasiums Stubenbastei