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vom 27.05.2022, aktuelle Version,

Hans-Joachim Kulenkampff

Hans-Joachim Erwin „Kuli“ Kulenkampff[1] (* 27. April 1921 in Bremen; † 14. August 1998 in Seeham, Österreich) war ein deutscher Schauspieler und Fernsehmoderator.

Kulenkampff (1966)
Kulenkampff, mittig (1969)

Biografie

Kulenkampff war der zweite Sohn des Bremer Kaufmanns Friedrich Wilhelm Kulenkampff (1893–1964) und dessen Frau Else Kulenkampff (1895–1968), geborene Pfeifer. Die Kulenkampffs sind eine bekannte, alte Bremer Familie (erstmals 1495 erwähnt). Die wohlhabende Familie wohnte in Bremen-Schwachhausen, Parkstraße 68.[2] Kulenkampffs Großvater mütterlicherseits war Pianist und Musikprofessor.[3] Ein Vetter seines Vaters war der bekannte Violinvirtuose Georg Kulenkampff. Sein älterer Bruder Helmut (1920–1977) war Lehrstuhlinhaber für Anatomie am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg.

Kulenkampff war in seiner Jugend in mehreren Sportvereinen (Radsport, Tennis) aktiv. 1939, nach dem Abitur am Gymnasium Lettow-Vorbeck-Schule (heute Hermann-Böse-Gymnasium) in Bremen, studierte er an der Schauspielschule des Deutschen Theaters Berlin, wo u. a. Agnes Windeck seine Lehrerin war. Er diente ab 1941 in der Wehrmacht und war im Krieg gegen die Sowjetunion eingesetzt. Dort amputierte er sich eigenhändig mehrere erfrorene Zehen und hatte auch andere traumatische Erfahrungen.[4] Der Kriegseinsatz wurde zu einem Tabu, über das er selten sprach, und bei Kriegsfilmen der 1960er Jahre verließ er weinend den Raum.[5] Sein Debüt gab er 1943 am Bremer Schauspielhaus und spielte auch an Theatern in Österreich und der Schweiz. Zu Kriegsende musste er in Berlin nochmals an die Front und kam in britische Kriegsgefangenschaft.[4] Von 1947 an trat er regelmäßig in Frankfurt am Main im Kleinen Theater im Zoo (heute Fritz Rémond Theater) auf. Zu seinen größten Erfolgen zählte die Rolle des Generals Harras in Des Teufels General von Carl Zuckmayer.

1950 begann Kulenkampff zudem als Ansager beim Hessischen Rundfunk zu arbeiten, wobei er auch zum Team des Frankfurter Weckers gehörte. Auf der 18. Großen Deutschen Rundfunk-, Phono- und Fernseh-Ausstellung in Düsseldorf startete am 29. August 1953 seine erste Show Wer gegen wen?, mit der „Kuli“ wegen seines Charmes und seiner Schlagfertigkeit zu einem Liebling des Fernsehpublikums wurde. 1958 und 1961 spielte Kulenkampff zusammen mit Heinz Erhardt in den Filmen Immer die Radfahrer und Drei Mann in einem Boot. Viel Aufmerksamkeit brachten in jener Zeit auch seine Werbespots für die Pfeifen- und Tabakfirma Stanwell mit dem Slogan Drei Dinge braucht der Mann: Feuer, Pfeife, Stanwell. Mit einem weiteren Markenzeichen, dem Überziehen der Sendezeit, setzte er bereits 1961 in der Sendung Kleine Stadt – ganz groß mit 75 Minuten über der regulären Sendezeit einen Rekord, der 46 Jahre Bestand hatte, bis Stefan Raab in Schlag den Raab 2007 mit 103 Minuten überzog.[6]

Ab 1964 moderierte Kulenkampff 43-mal die Quizsendung Einer wird gewinnen, kurz EWG genannt, beendete seine Tätigkeit aber zunächst 1969 ungeachtet des außerordentlichen Erfolgs. In der Folgezeit wirkte er in diversen Fernsehformaten mit, welche aber allesamt wegen mangelnder Popularität vorzeitig eingestellt wurden, darunter die Samstagabend-Spielshows Guten Abend, Nachbarn und Acht nach 8 sowie die Talkshow Feuerabend. Bei letzterer saß er mit drei prominenten Gästen an einem offenen Kaminfeuer. Das Programmformat war seiner Zeit zwar voraus, fand aber nicht genügend Zuschauer.

Nach diesen Misserfolgen beschloss die ARD, EWG wieder aufleben zu lassen, was 1979 (erste Show am 15. September[7]) mit erneut großem Erfolg gelang. Die Sendereihe fand 1987 ihr endgültiges Ende, als Kulenkampff angeblich aus Altersgründen aufhörte.

1993 moderierte Kulenkampff unerwartet ein letztes Mal eine Samstagabendshow. Nachdem Wim Thoelke nach vielen Jahren die Moderation der ZDF-Rateshow Der Große Preis abgegeben hatte, sollte zunächst Sabine Sauer die Sendung übernehmen. Das ZDF entschied sich dann aber für Kulenkampff, was Sauer erst aus der Presse erfuhr. Der Sendetermin wurde von Donnerstag- auf Samstagabend verschoben. Kulenkampff moderierte Sendungen dabei nach seinen eigenen Vorstellungen, indem er etwa entgegen den Spielregeln eine Ersatzfrage forderte. Oder aber er verriet selbst aus Versehen die Lösung, indem er etwa fragte: „Wie heißt dieser Vesuv?“ Weil die Sendung aber meist parallel zu konkurrierenden Shows der ARD ausgestrahlt wurde, blieb die Zuschauerbeteiligung wiederum hinter den Erwartungen zurück. Nach nur sechs Ausgaben gab Kulenkampff die Sendung wieder ab. Der Große Preis wurde danach noch bis Ende 1993 von Carolin Reiber moderiert.

Nach einer schweren Operation moderierte er 1997 und 1998 dreimal die von ihm selbst konzipierte Bildungs-Show Zwischen gestern und morgen, die ursprünglich als Aufzeichnung sonntags im Nachmittagsprogramm der ARD ausgestrahlt werden sollte. Dies lehnte Kulenkampff ab, da er auf einer Livesendung bestand. Daraufhin einigten sich der federführende Süddeutsche Rundfunk (SDR) sowie der ORB und der WDR dahingehend, die Quizreihe am Samstagabend in ihren Dritten Programmen auszustrahlen. Wegen ihres anspruchsvollen Niveaus erreichte die Sendereihe nicht die angestrebten Einschaltquoten, so dass sie eingestellt wurde, was Kulenkampff angeblich sehr getroffen haben soll.

Nach Ende der ersten EWG-Staffel war Kulenkampff in den folgenden 25 Jahren immer wieder mit dem gleichen kleinen Tourneetheater auf Gastspielreisen gegangen. Von 1985 bis 1990 war er fast 2000-mal als Rezitator der Nachtgedanken vor dem nächtlichen Sendeschluss des Ersten zu sehen. Von 1990 bis 1991 moderierte er bei RTL plus die Literatur-Sendung Kulis Buchclub. 1997 stand er in dem Zwei-Personen-Stück Mögliche Begegnungen von Paul Barz als Georg Friedrich Händel zum letzten Mal auf der Bühne.

Familie

Grab der Familie Kulenkampff

1946 heiratete Kulenkampff Gertraud (Traudl) Schwarz (1922–2001), die später als Kinderbuchautorin bekannt wurde. Mit ihr hatte er drei Kinder: die Tochter Merle (* 1949) und die Söhne Till (genannt Burli, 1953–1957) und Kai Joachim (* 1959). 1957 fuhr seine Frau mit den Kindern von einem Ferienhaus nach Hause, wobei es zu einem schweren Unfall kam, bei dem Till starb. Im Gegensatz zu seiner Frau sprach Kulenkampff über diesen Schicksalsschlag selten; es war das zweite Tabu seines Lebens.[5]

Sein Wahlheimatort war Seeham im Salzburger Land in Österreich. Seine Urne wurde auf dem Friedhof der Wallfahrtskirche Frauenstein (Gemeinde Molln/ Bezirk Kirchdorf) in Oberösterreich beigesetzt.[8]

Kontroversen

Kulenkampff sorgte in der Sendung Quiz ohne Titel am 10. Oktober 1959 für einen ersten Skandal, als er die Zuschauer mit „Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren […] in der Bundesrepublik, in der DDR […]“ begrüßte und damit nicht die sonst übliche Bezeichnungen „Sowjetisch besetzte Zone“, „Sowjetzone“ oder „sogenannte DDR“ wählte. Insbesondere aus Kreisen der CDU, aber auch der SPD erhielt er massive Vorwürfe, da dies eine „Anerkennung des Unrechtsstaates in Mitteldeutschland“ sei.[9]

Politisch nahm er kein Blatt vor den Mund. 1969 unterstützte er gegen Anfeindungen offen den SPD-Kanzlerkandidaten Willy Brandt.[5]

Für einen Skandal sorgte Kulenkampff am 15. Januar 1988 als Gast der NDR-Talkshow, als er die Äußerung Willy Brandts (vom 12. Mai 1985), der damalige CDU-Generalsekretär Heiner Geißler sei „der schlimmste Hetzer seit Goebbels“, verstärkte, indem er ihn als Hetzer „schlimmer als Goebbels“ bezeichnete. Kulenkampff sagte nach der Sendung: „Warum habe ich Rindvieh nur nicht ‚der schlimmste seit …‘ statt ‚schlimmer als …‘ gesagt? Kein Aas hätte mir da an den Wagen fahren können.“ Zwei Wochen später, am 29. Januar 1988, war Kulenkampff erneut in die NDR-Talkshow eingeladen, diesmal mit seinem Kontrahenten Heiner Geißler, bei dem er sich schließlich öffentlich entschuldigte. 1992 ließ er sich in der Zeit zitieren, dass der Vergleich eine „Verwechslung“ gewesen sei: „Ich hatte Herrn Stoiber gemeint, weil der sagte, die Nationalsozialisten seien auch Sozialisten gewesen.“[10]

Filmografie

Kino

Fernsehen (Auswahl)

  • 1958: Es bleibt in der Familie
  • 1958: Blätter im Winde
  • 1961: Es fing so harmlos an
  • 1962: Der lustige Mann und das Schwäbische Meer
  • 1962: Die Sonntagsrichter (6-teilige TV-Serie, bis 1963)
  • 1964: Karussell (TV-Serie, Folge 1.2)
  • 1965: Die Frauen meiner Freunde
  • 1966: Münchhausen ist unter uns (Mini-Serie)
  • 1968: Nicht zuhören, meine Damen!
  • 1972: Das Geheimnis der Mary Celeste
  • 1974: Käpt’n Senkstakes Abenteuer: Ay, ay, Sheriff
  • 1974: Käpt’n Senkstakes Abenteuer: Das Spukschloß von Baskermore
  • 1974: Käpt’n Senkstakes Abenteuer: Ehrenhäuptling der Watubas
  • 1979: Noch ’ne Oper
  • 1981: Klein aber mein – Die große Zeit der kleinen Autos (Mini-Serie)
  • 1985: Ein Mann macht klar Schiff (10-teilige TV-Serie)
  • 1987: Im Zweifel für den Angeklagten (Einpersonenstück)
  • 1988: Münchhausens letzte Liebe
  • 1992/1993: Die große Freiheit (8-teilige TV-Serie)

Fernsehsendungen

Quizsendungen

  • 1953–1956: Wer gegen wen?
  • 1956–1957: Zwei auf einem Pferd
  • 1957–1958: Die glücklichen Vier
  • 1958–1959: Sieben auf einen Streich
  • 1959–1960: Quiz ohne Titel (nach kurzer Zeit umbenannt in: Der große Wurf)
  • 1961: Kleine Stadt – ganz groß
  • 1964–1987: Einer wird gewinnen
  • 1971/1972: Guten Abend, Nachbarn
  • 1973: Acht nach 8
  • 1977: Wie hätten Sie’s denn gern?
  • 1993: Der Große Preis
  • 1997–1998: Zwischen Gestern und Morgen

Weitere Sendungen

  • 1975–1976: Feuerabend
  • 1985–1990: Nachtgedanken
  • 1990–1991: Kulis Buchclub

Fernseh-Dokumentationen

  • 2008: Ein Abend für Hans-Joachim Kulenkampff – Der Kuli der Nation. Dokumentation, Deutschland, 90 Minuten, Buch und Regie: Christian Breidert. Hergestellt vom NDR Fernsehen und vom Hessischen Rundfunk.[11]
  • 2011: Legenden – Hans-Joachim Kulenkampff. Porträt, Deutschland, 43 Minuten. Ein Film von Philipp Engel, hergestellt vom Hessischen Rundfunk.[12]
  • 2018: Kulenkampffs Schuhe. Dokumentation, Deutschland, 92 Minuten, Buch und Regie: Regina Schilling. Entstanden im Auftrag des SWR.

Hörspiele (Auswahl)

Werke

  • Hans Ludwig Kulenkampff: Stammtafeln der Familie Kulenkampff (Osterholzer Zweig). Bremen 1968.
  • Segeln lernen mit Hans Joachim Kulenkampff. Ein Kurs bis zum A-Schein. Heyne, München 1974, ISBN 3-453-41096-3.
  • Carola Herzogenrath: Hans-Joachim Kulenkampff im deutschen Fernsehen. Charakteristische Formen der Moderation. Wissenschaftler-Verlag, Bardowick 1991, ISBN 3-89153-016-1.
  • Georg Schmidt: Hans-Joachim Kulenkampff. Ein Bremer Junge. Wartberg, Gudensberg-Gleichen 2000, ISBN 3-86134-982-5.

Auszeichnungen

Stern von Hans-Joachim Kulenkampff auf dem Boulevard der Stars in Berlin

Literatur

Commons: Hans-Joachim Kulenkampff  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bettina Musall: Belami für Volkshochschüler. In: Der Spiegel. 28. Februar 1993, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 20. April 2022]).
  2. Uwe Waldmann: Hans-Joachim Kulenkampff. Dossier, Hamburg 2012.
  3. Munzinger-Archiv, 1988
  4. 1 2 Nikolaus von Festenberg: Ein Mozart des Plaudertons. In: Der Spiegel. Nr. 35, 1998, S. 99 (online).
  5. 1 2 3 Bericht von Philipp Engel mit Aussagen von Familienmitgliedern in Kulturzeit, 6. April 2011 19:20, 3sat
  6. TV Today 22/2014; S. 16
  7. „Dieser Kuli ist der Größte!“ In: Arbeiter-Zeitung. Wien 18. September 1979, S. 19 ( Digitalisat).
  8. Wird Frauenstein jetzt ein „Kulenkampff-Wallfahrtsort“ werden? (Memento vom 9. April 2016 im Internet Archive) Interview mit Johannes Silberhuber, Pfarrer von Frauenstein; aufgerufen am 30. März 2012
  9. Telemann: FERNSEHEN / FERNSEH-SPIEGEL: Kuli-Aufstand / Von Telemann. In: Der Spiegel. Nr. 43, 1959 (online).
  10. Solveig Grothe: "Seit Goebbels der schlimmste Hetzer im Land!": Kulenkampff und Geißler. In: einestages. Spiegel Online. 22. November 2010. Archiviert vom Original am 25. April 2011. Abgerufen am 25. April 2011.
  11. Ein Abend für Hans-Joachim Kulenkampff – Der Kuli der Nation auf ard.de; abgerufen am 3. August 2014.
  12. Legenden – Hans-Joachim Kulenkampff auf daserste.de; abgerufen am 29. April 2012.
  13. Hans-Joachim Kulenkampff. Ein Dossier. Medienwissenschaft Hamburg, 12. August 2012, abgerufen am 26. Juni 2020.