Karl-Günther von Hase
Karl-Günther Paul Otto von Hase (* 15. Dezember 1917 auf Gut Wangern, Landkreis Breslau, Niederschlesien) ist ein deutscher Offizier, Diplomat und Intendant. Im Zweiten Weltkrieg diente er als Generalstabsoffizier. Er war von 1962 bis 1967 unter den Bundeskanzlern Adenauer, Erhard und Kiesinger Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung. Danach war er Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung und als solcher politischer Beamter. Von 1970 bis 1977 wirkte er als Deutscher Botschafter in London. Von 1977 bis 1982 war er als ZDF-Intendant tätig.
Familie
Günther von Hase entstammt einer schlesischen Gutsbesitzerfamilie. Er ist der Sohn des preußischen Majors a. D. Günther von Hase (1881–1948), der von 1920 bis zum vorzeitigen Ruhestand 1934 als Polizeioffizier, zuletzt als Oberst der Landespolizei und Stabschef in Berlin Dienst tat, und dessen Frau Ina, geb. Hicketier (1882–1972). Sein Vater galt als „politisch unzuverlässig“. Sein Onkel Generalleutnant Paul von Hase († 1944) war von 1940 bis 1944 Wehrmachtskommandant von Groß-Berlin und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus; der lutherische Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer († 1945) war ein Vetter von Hases. Zu seinen Urgroßvätern gehört der bedeutende evangelische Kirchenhistoriker Karl von Hase.
Von Hase heiratete per Ferntrauung am 13. Februar 1945 und – nach seiner Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft – am 30. Dezember 1949 auch kirchlich in Rendsburg in Schleswig-Holstein die aus Ostpreußen stammende Krankenschwester Renate Stumpff (1925–2011), eine Tochter des Generalobersten der Luftwaffe Hans-Jürgen Stumpff. Das Ehepaar hat fünf Töchter.
Heute wohnt von Hase in einer Stadtvilla im Bonner Stadtteil Schweinheim (Bad Godesberg).
Militärischer Werdegang
Er wurde im niederschlesischen Wangern geboren, wuchs aber in Berlin auf. Nach dem Abitur 1935 am humanistischen Prinz-Heinrich-Gymnasium in Berlin-Schöneberg, das er ab 1923 besuchte, leistete von Hase Reichsarbeitsdienst. Im Jahre 1936 trat er in Hannover/Celle als Fahnenjunker des Artillerie-Regiments 19 in die Wehrmacht ein. 1936/37 besuchte er die Kriegsschule in Potsdam.
Im Zweiten Weltkrieg nahm er am Kriegsgeschehen in Polen, Frankreich, Russland und Italien teil: 1940 wurde er Regimentsadjutant des Artillerie-Regiments 92, später dann Batteriechef des Panzer-Artillerie-Regiments 92. 1942 wurde er in Russland verwundet. Als Angehöriger der Führerreserve im Oberkommando des Heeres war er 1943 zum Stab der 161. Infanterie-Division und zum Generalstab des XI. Armeekorps (11.) kommandiert. 1943/44 absolvierte er den Generalstabslehrgang in Hirschberg.
Im Mai 1944 wurde er zum Generalstab kommandiert, im Juni erfolgte die Beförderung zum Major. Er war dann als Erster Generalstabsoffizier (Ia) zum Stab des Befehlshabers der Operationszone Alpenvorland kommandiert, wo er beim LXXVI. Armeekorps (76.) im oberitalienischen Predappio stationiert war. Nach dem gescheiterten Attentat vom 20. Juli 1944 wurde der Berufsoffizier als Neffe des Widerstandskämpfers Paul von Hase – wie auch seine Eltern – in „Sippenhaft“ genommen und vom Heerespersonalamt beurlaubt, anschließend zum Dienst unter Oberst Heinrich Remlinger an der Ostfront zur Verteidigung der Festung Schneidemühl geschickt.
Im Februar 1945 geriet er in sowjetische Kriegsgefangenschaft, wo er bis Dezember 1949 in verschiedenen Lagern verblieb.
Ziviler Werdegang
1950/51 besuchte er die Diplomatenschule in Speyer, anschließend trat er in den diplomatischen Dienst des Auswärtigen Amtes (AA) ein. 1951/52 war er im Protokoll tätig. Mit einem Stipendium studierte er 1952 amerikanische Geschichte an der Georgetown University, einer Eliteuniversität in Washington, D.C./USA. Von 1953 bis 1956 war er Gesandtschaftsrat an der Deutschen Botschaft Ottawa in Kanada, die seinerzeit von Carl Werner Dankwort geleitet wurde. 1956 wurde von Hase als Legationsrat I. Klasse stellvertretender Leiter des Pressereferats im AA in Bonn, deren Leitung er 1958 übernahm; Außenminister war damals Heinrich von Brentano (CDU). 1959 erfolgte die Beförderung zum Vortragenden Legationsrat I. Klasse. 1961 wurde er im Range eines Ministerialdirektors zum Leiter der Politischen Abteilung West II bestellt, dem jüngsten der deutschen Nachkriegsgeschichte.[1] Diese war für die Referate NATO, Verteidigung, Großbritannien, USA, Mittel- und Südamerika und Afrika südlich der Sahara zuständig.
Von 1962 bis 1967 war er als Nachfolger von Felix von Eckardt, der Bundesbevollmächtigter wurde, im Range eines Beamteten Staatssekretärs Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung und gleichzeitig Regierungssprecher der Kabinette Konrad Adenauers, Ludwig Erhards und Kurt Georg Kiesingers (alle CDU).
Im Juli 1967 wurde von Hase einstimmig zum Intendanten der Deutschen Welle gewählt, die er allerdings auf Wunsch von Bundeskanzler Kiesinger Mitte Oktober wieder verließ, um 1968 an Stelle von Karl Carstens, der als Chef in das Bundeskanzleramt wechselte, Beamteter Staatssekretär im Bundesministerium der Verteidigung zu werden. Mit dem Ende der Großen Koalition 1969 und dem einhergehenden Ministerwechsel von Gerhard Schröder (CDU) zu Helmut Schmidt (SPD) 1969 schied er aus.
Von 1970 bis 1977 war er als Nachfolger von Herbert Blankenhorn deutscher Botschafter an der Deutschen Botschaft London im Vereinigten Königreich. Danach war er als Ständiger Vertreter der Bundesrepublik Deutschland bei der EG in Brüssel vorgesehen, wurde dann aber als Nachfolger von Karl Holzamer (Gründungsintendant) als Intendant des ZDF nominiert. Er übte von 1977 bis 1982 sein Amt aus. In dieser Zeit war er u. a. ein Befürworter des dualen Rundfunksystems. 1978 reiste er mit einer Delegation in die Volksrepublik China. 1982 trat er nicht erneut an und wurde in den Ruhestand verabschiedet; sein Nachfolger wurde Dieter Stolte. 1985 war er Sonderbotschafter und Leiter der Bonner Delegation während des gesamteuropäischen KSZE-Kulturforums in Budapest, Ungarn.
Sonstiges
Von Hase betätigt sich auch als Autor und Herausgeber, so ist er Mitherausgeber des Buches Die Soldaten der Wehrmacht.
1967 war er Mitglied des Rundfunkrats des Auslandsrundfunks Deutsche Welle und von 1968 bis 1970 des Deutschlandfunks. Seit 1968 ist er Mitglied im (ehrenamtlichen) Beirat der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus in Bad Honnef-Rhöndorf. Von 1981 bis 1993 war er 1. Vorsitzender der Deutsch-Englischen Gesellschaft; mit der Königswinter Konferenz wurde er wegen seines Engagements Ehrenpräsident[2]. 1981 war er Präsident der Generalversammlung des internationalen Rundfunkpreises Prix Italia. 1984 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des European Institute for the Media in Düsseldorf/Paris. Von 1987 bis 1995 war er Vorsitzender des European Advisory Committee von Radio Free Europe/Radio Liberty. 1989 wurde er Mitglied des Ältestenrates der CDU.
Auszeichnungen
1933–1945
- 1940: Eisernes Kreuz II. Klasse
- 1940: Eisernes Kreuz I. Klasse
- 1943: Deutsches Kreuz in Gold
- 1945: Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes
nach 1945
- 1964: Großes Goldenes Ehrenzeichen mit dem Stern für Verdienste um die Republik Österreich[3]
- 1965: Großkreuz des Verdienstordens der Italienischen Republik
- 1967: Karnevalsorden Wider den tierischen Ernst in Aachen
- 1969: Großes Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland
- 1982: Großes Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband der Bundesrepublik Deutschland
- 1987: Ehrendoktorwürde im Fachbereich Rechtswissenschaften der Universität Manchester
Schriften (Auswahl)
- (Hrsg.): Konrad Adenauer und die Presse (= Rhöndorfer Gespräche. Bd. 9). Bouvier, Bonn 1988, ISBN 3-416-02047-2.
- mit Hans Poeppel, Wilhelm Karl Prinz von Preußen (Hrsg.): Die Soldaten der Wehrmacht. Mit einem Geleitwort von Gerhard Stoltenberg, 6. Auflage (Sonderproduktion), Herbig, München 2000, ISBN 3-7766-2057-9.
- mit Johannes Marré (Hrsg.): Ministerialdirigent a.D. Dr. h.c. Edmund F. (Friedemann) Dräcker. Leben und Werk. Vom kaiserlichen Vizekonsul zum indischen Guru. Eine Dokumentation (= Herausragende Angehörige des Auswärtigen Dienstes. Lfg. 2. Beiträge zur Popularisierung deutscher Behörden. Reihe A. Das Auswärtige Amt. 4d). 2. (immer noch unvollendete) Auflage, Wissenschaftliche Verlags-Anstalt zur Pflege Deutschen Sinngutes, Baden-Baden 2000, ISBN 3-7890-6950-7.
- mit Reinhard Appel (Hrsg.): Preußen. 1701/2001. Eco, Köln 2001, ISBN 3-934519-80-6.
- Erinnerungen. WDV, Meckenheim 2010, ISBN 978-3-930376-71-1.
- Die Rache des Regimes an der Familie von Hase – der Neffe. In: Friedrich-Wilhelm von Hase (Hrsg.): Hitlers Rache. Das Stauffenberg-Attentat und seine Folgen für die Familien der Verschwörer. SCM Hänssler, Holzgerlingen 2014, ISBN 978-3-7751-5537-3, S. 69 ff. (Teil der Anne-Frank-Shoah-Bibliothek)
Literatur
- Walter Henkels: 99 Bonner Köpfe, durchgesehene und ergänzte Ausgabe, Fischer-Bücherei, Frankfurt am Main 1965, S. 112f.
- Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B Band XXII, Seite 163, Band 115 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1998, ISSN 0435-2408
Weblinks
- Literatur von und über Karl-Günther von Hase im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Werken von Karl-Günther von Hase bei perlentaucher.de
- Karl-Günther von Hase, in Internationales Biographisches Archiv 46/1987 vom 2. November 1987 Ergänzt um Nachrichten durch MA-Journal bis KW 25/2013, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- Hase, Karl-Günter von in der Ostdeutschen Biographie (Kulturportal West-Ost)
- Biografie von Karl-Günther von Hase beim ZDF (Stand 2017)
- dpa: Der ehemalige Regierungssprecher und ZDF-Intendant lebt heute in Bad Godesberg. general-anzeiger-bonn.de, 15. Dezember 2007
Einzelnachweise
- ↑ AUSWÄRTIGES AMT: Der Weg nach oben – DER SPIEGEL 39/1961 vom 20. September 1961.
- ↑ Ehrenpräsidenten (Memento vom 4. Januar 2017 im Internet Archive), debrige.de, abgerufen am 13. April 2017.
- ↑ Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,6 MB).
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Herbert Blankenhorn | Deutscher Botschafter im Vereinigten Königreich 1970–1977 |
Hans Hellmuth Ruete |
Personendaten | |
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NAME | Hase, Karl-Günther von |
ALTERNATIVNAMEN | Hase, Karl-Günther Paul Otto von (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Offizier, Diplomat und Intendant |
GEBURTSDATUM | 15. Dezember 1917 |
GEBURTSORT | Wangern, Niederschlesien |
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Kurztitel : Bonn, Empfang für Informationsminister von Irak Archivischer Titel : Mitte: Karl-Günther von Hase Abgebildete Personen: Hase, Karl-Günther von: Bundespressechef, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Bundesrepublik Deutschland Es folgt die historische Originalbeschreibung , die das Bundesarchiv aus dokumentarischen Gründen übernommen hat. Diese kann allerdings fehlerhaft, tendenziös, überholt oder politisch extrem sein. Sachkorrekturen und alternative Beschreibungen sind von der Originalbeschreibung getrennt vorzunehmen. Zusätzlich können Sie dem Bundesarchiv Fehler melden . Alemannisch Boarisch беларуская беларуская (тарашкевіца) català čeština Deutsch English Esperanto español suomi français हिन्दी hrvatski magyar italiano 한국어 македонски Plattdüütsch polski português română русский sicilianu slovenčina slovenščina svenska українська 中文 中文(简体) 中文(繁體) +/− Historische Originalbeschreibung : Essen für den irakischen Informationsminister General Abdul Karim Farhan mit StS. von Hase im Hotel Königshof, Bonn | Diese Datei ist ein Ausschnitt aus einer anderen Datei | Bundesarchiv_B_145_Bild-F018012-0008,_Bonn,_Empfang_für_Informationsminister_von_Irak.jpg : Erdmann derivative work: Hanselmedia ( talk ) | Datei:Karl-Günther von Hase thumb.jpg | |
Begrüßt vom Chef des Stabes beim Wehrbereichskommando I Brigadegeneral Gerhard Schmidt (rechts). | Stadtarchiv Kiel | Magnussen, Friedrich (1914-1987) | Datei:Staatssekretär von Hase trifft per Hubschrauber auf dem Flandernplatz ein (Kiel 43.506).jpg | |
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