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vom 27.02.2020, aktuelle Version,

Karl Polanyi

Karl Polanyi
Gedenktafel für Karl Polanyi in der Vorgartenstraße 203 in Wien 2

Karl Paul Polanyi (geboren 21. Oktober 1886 in Wien, Österreich-Ungarn; gestorben 23. April 1964 in Pickering (Ontario)) war ein ungarisch-österreichischer Wirtschaftshistoriker und Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, der bekannt wurde durch seine von der traditionellen ökonomischen Lehre abweichende theoretische Position, die sich durch die Betonung der sozialen und institutionellen Einbettung von Marktprozessen auszeichnete. Die fruchtbare Verbindung von Wirtschaftstheorie und -geschichte, Politikwissenschaft und Kulturanthropologie schlug sich in zahlreichen und ein breites Themenfeld behandelnden Publikationen nieder.

Sein einflussreiches Buch The Great Transformation wird zu den Hauptwerken der Soziologie gezählt.[1] Daneben verfasste Polanyi auch wichtige Arbeiten zu den Ursprüngen monetärer Wirtschaftsformen.

Leben

Das Leben und Wirken von Karl Polanyi fiel in eine Zeit und Umgebung, die mit ihren einschneidenden Ereignissen einen großen Einfluss auf seine wissenschaftliche Arbeit und sein Leben hatten. Geboren in Wien, studierte er in Budapest Jura und Philosophie. Er stammte aus einem intellektuellen und bürgerlichen familiären Umfeld, in dem seine Geschwister und er schon früh von der Mutter Cecile Wohl[2] sozialistisch geprägt wurden. Karl Polanyi ist der ältere Bruder von Michael Polanyi.

An der Universität engagierte er sich in linken Studentengruppen und war aktiv an der sozialistischen Bildung von Arbeitern beteiligt. Nach der Niederschlagung der ungarischen Räterepublik zog er nach Wien und arbeitete dort als Redakteur in der Zeitschrift „Der Österreichische Volkswirt“ und der deutschen Ausgabe: „Der Deutsche Volkswirt“. Er lebte mit seiner Familie unter ärmlichen Bedingungen, da er sein Gehalt an die zahlreichen Flüchtlinge spendete; die Familie wohnte von 1924 bis 1933 im 2. Bezirk, Vorgartenstraße 203.[3] 1934 reisten seine Frau und seine Tochter aus, er selbst verließ Österreich, wie seine Tochter angab, 1935, nachdem er seine Anstellung verloren hatte und die faschistischen Tendenzen deutlich zugenommen hatten. Er emigrierte nach Großbritannien, wo er vor allem in der Arbeiterbildung tätig wurde.

1940 kam er in die USA, um mit einem zweijährigen Stipendium der Rockefeller-Stiftung von 1941 bis 1943 The Great Transformation fertigzustellen.[4] Im Jahre 1947 berief ihn die Columbia University auf eine Gastprofessur, die er bis 1953 wahrnahm. Bis 1958 leitete er gemeinsam mit Conrad M. Arensberg ein Forschungsprojekt über wirtschaftliche Aspekte von Institutionen. Es entstand Trade and Market in the Early Empires. Danach arbeitete er auf dem Feld der Anthropologie. Er starb 1964 in Kanada, wo er sich aufhielt, weil seine Frau als bekennende Sozialistin und ehemalige Aktivistin der ungarischen Räterepublik (1919) kein Visum für die USA erhalten hatte. Sein letztes Werk Dahomey and the Slave Trade erschien posthum 1966.

Karl Polanyi und seine Frau Ilona Duczyńska (1897–1978) sind die Eltern der kanadischen Wirtschaftswissenschaftlerin Kari Polanyi-Levitt (* 1923).

Schriften (Auswahl)

  • Primitive, archaic and modern economies: Essays. Hrsg. George Dalton. Anchor, Garden City 1968.
  • Ökonomie und Gesellschaft. Dt. von Heinrich Jelinek. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft stw 295, Frankfurt 1979, ISBN 3-518-27895-9 & ISBN 3-518-07895-X.
  • The Great Transformation: The political and economic origins of our time. Beacon, Boston 2001 [Erstausgabe 1944], ISBN 0-8070-5643-X.
    • Deutsche Übersetzung von Heinrich Jelinek: The Great Transformation. Politische und ökonomische Ursprünge von Gesellschaften und Wirtschaftssystemen. 8. Auflage. Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft, Frankfurt 1973, ISBN 3-518-27860-6.
  • Chronik der großen Transformation: Artikel und Aufsätze (1920–1945). hrsg. von Michele Cangiani. 3 Bände. Metropolis, Marburg 2002–2005:
  • Karl Polanyi, Conrad M. Arensberg, H. W. Pearson (Hrsg.): Trade and Markets in the Early Empires. The Free Press, Glenco 1957.
  • Karl Polanyi: Dahomey and the Slave Trade. UP of Washington, Seattle 1966.
  • Karl Polanyi: The Livelihood of Man. Studies in Social Discontinuity. Hg. von Harry W. Pearson. New York, Academic Press. 1977.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Vgl. Wolfgang Streeck in Dirk Kaesler, Ludgera Vogt (Hrsg.): Hauptwerke der Soziologie (= Kröners Taschenausgabe. Band 396). Kröner, Stuttgart 2000, ISBN 3-520-39601-7, S. 359–361 sowie Carsten Klingemann in Sven Papcke und Georg W. Oesterdiekhoff (Hrsg.): Schlüsselwerke der Soziologie: Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, 2001, S. 394–396.
  2. Judith Szapor: An Outsider Twice Over: Cecile Wohl Pollacsek, Salonist of Fin-de-Siecle Budapest. In: Judith Szapor (Hrsg.): Jewish Intellectual Women in Central Europe 1860–2000 : twelve biographical essays. Lewiston, N.Y. : Mellen, 2012 ISBN 978-0-7734-2933-8, S. 29–58
  3. Der Vordenker aus der Vorgartenstraße, Interview von Lukas Wieselberg mit Kari Polanyi-Levitt, publiziert auf der ORF-Website, 21. Februar 2017
  4. Karl Polanyi, Vorwort zu The Great Transformation

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Karl-Polanyi-Gedenktafel, Vorgartenstraße 203 Eigenes Werk Clemens Mosch
CC BY-SA 4.0
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Polányi Károly (született Pollacsek) (Bécs, 1886. október 25. – Pickering (Kanada), 1964. április 23.) magyar gazdaságtörténész, szociálfilozófus, társadalompolitikus. https://www.greenleft.org.au/content/evaluating-karl-polanyi-%E2%80%94-contradictory-vital-economic-thinker Autor/-in unbekannt Unknown author
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