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vom 14.12.2020, aktuelle Version,

Perkeo

Perkeo auf einem Gemälde des frühen 18. Jahrhunderts, Pfälzisches Museum, Heidelberg

Der kleinwüchsige, enorm trinkfeste Perkeo, eigentlich Clemens Pankert, nach anderen Quellen Giovanni Clementi (* 1702 in Salurn, Südtirol; † 1735) war Hofzwerg des Kurfürsten Karl III. Philipp von der Pfalz und Hüter des Großen Fasses im Heidelberger Schloss.

Leben

Perkeo, der ursprünglich Knopfmacher gewesen sein soll, machte vermutlich 1718, im Alter von sechzehn Jahren, die Bekanntschaft Karl Philipps, der 1712 Gubernator der ober- und vorderösterreichischen Lande in Innsbruck und erst 1716 durch den Tod seines Bruders Kurfürst von der Pfalz geworden war. Beeindruckt von seiner Trinkfestigkeit und Schlagfertigkeit nahm der Fürst Perkeo als Hofzwerg in seinen Dienst und mit nach Heidelberg, wo er sich am 18. August 1718 niederließ.

Der Künstlername Perkeo soll sich daraus ableiten, dass Perkeo auf Fragen – zum Beispiel die, ob er das große Fass im Heidelberger Schloss leertrinken wolle – gern auf Italienisch antwortete: „perché no?“ (Warum nicht?). In Heidelberg machte der Kurfürst ihn zum Hüter dieses Fasses, des Vorgängers des nur wenig größeren Riesenfasses von 1751, das sich bis heute erhalten hat.

Perkeo war für eine unfassbare Trinkfestigkeit berühmt. Seine „Zwergenhaftigkeit“ liegt wahrscheinlich in Pseudoachondroplasie begründet.[1]

Victor Hugo schrieb 1840 nach einem Besuch des Heidelberger Schlosses:

„Wenn man in dem Schatten des großen Fasses dahingeht, bemerkt man plötzlich hinter den stützenden Bohlen eine eigenartige Gestalt aus Holz, auf die eine Öffnung in der Mauer einen fahlen Lichtschimmer fallen läßt. Man könnte sagen, es ist ein kleiner, lustiger Alter, grotesk aufgeputzt. […] Der kleine Alte ist ein Hofnarr […] Er war der Hofnarr des Pfalzgrafen Karl Philipp; Perkeo war sein Name. Er maß drei Fuß sechs Zoll, wie sein Standbild, unter dem sein Name steht. Täglich trank er fünfzehn doppelte Flaschen Rheinwein. Darin lag seine Stärke. Er brachte um 1710 etwa den Kurfürsten von Bayern und den Kaiser von Deutschland, diese Schatten, die damals hier vorüberzogen, viel zum Lachen. Eines Tages, als mehrere fremde Fürsten beim Pfalzgrafen waren, maß man Perkeo an einem jener „langen Kerls“ Friedrich Wilhelms I., Königs von Preußen, die in ihren Stiefeln mit hohen Absätzen und den hohen Helmen die Stufen der Paläste rückwärts hinuntergehen mußten. Der Narr reichte kaum über den Stiefel der Grenadiere. Das rief ein großes Gelächter hervor, berichtet ein zeitgenössischer Erzähler. Arme Fürsten einer altersschwachen Zeit, die sich mit Zwergen und Riesen befaßten und die Menschen darüber vergaßen! Wenn Perkeo seine fünfzehn Flaschen nicht getrunken hatte, peitschte man ihn aus.[2]

Rezeption

Statue von Perkeo am Gasthaus Perkeo

Viktor von Scheffel nahm das Trinklied Perkeo in seine unter dem Titel Gaudeamus veröffentlichte Sammlung Heidelberger Lieder auf.[3]

Der kleinwüchsige Schauspieler Peter Brownbill nahm 2014 das Trinklied Perkeo in einer klassischen und einer modernen Version auf.

Die Figur des Perkeo gilt zwar als spezifisch für Heidelberg, ist aber auch aus anderen Residenzen der Zeit überliefert. In Heidelberg symbolisiert er die heimische Weinkultur. Seit einigen Jahren feiert Perkeo seine Wiederauferstehung in der Kurpfalz als Traditionsfigur in der Heidelberger Fastnacht, ebenso in Salurn.

Die Beauftragung Perkeos als Fasswächter liest sich bei Reinhard Hoppe wie eine Persiflage:

„In Heidelberg ließ ihm der Kurfürst eine farbige Uniform machen, steckte ihm einen großen Orden an und hängte ihm einen riesigen Kellerschlüssel an die Seite. Perkeo erfreute den ganzen Hofstaat und die Bürger der Stadt durch seine Späße. Schon zu seinen Lebzeiten wurde ihm ein Denkmal errichtet, das er selbst entworfen und angefertigt hatte. Heute steht es an der Wand neben dem Faß.[4]

Namenspate

  • Perkeo für Lampen und Lampenteile wurde am 16. Oktober 1894 als erste Marke – unter der Registernummer 1 – beim damaligen Kaiserlichen Patentamt eingetragen; die Marke wurde seither – zuletzt 2014 – stets verlängert.[5][6]
  • Ein Gasthaus in der Heidelberger Altstadt trägt den Namen Gasthaus Perkeo. Perkeo ist auch der Name eines Neutronen-Zerfall-Experiments der Universität Heidelberg.[7]
  • Ingobert Heieck benannte 1982 eine neue Hedera-helix-Sorte der Efeusammlung des Stifts Neuburg in Heidelberg-Ziegelhausen mit dem Sortennamen Perkeo.[8]
  • Perkeo war der Produktname für einen kleinen halbautomatischen Diaprojektor für Magazine mit 36 Diapositiven. Der Wechsel von einem zum anderen Dia wurde durch Bewegen eines Schiebers vorgenommen. Das Gerät war ausgerüstet mit einem Objektiv „Stratat“ 1:3,0/85 mm der Firma Voigtländer sowie einer Stiftsockellampe 220 V/150 W. Der Projektor wurde 1961 von der Firma Zett gebaut und unter Voigtländer vertrieben.
  • Schreibmaschine der Clemens Müller A.G.[9]

Literatur

  • Walter Laufenberg: Der Zwerg von Heidelberg – Perkeo, Hofnarr auf dem Schloß der Pfälzer Kurfürsten. Engelhorn, Stuttgart 1990, ISBN 3-87203-018-3. (Biographischer Roman.)
    • Taschenbuch-Neuauflage unter dem Titel: Perkeo – Der Zwerg von Heidelberg. Verlag Regionalkultur, Ubstadt-Weiher 2008, ISBN 978-3-89735-539-2.
  • Walter Laufenberg: Tödliches Einmaleins – Ein historischer Heidelberg-Krimi. Morio-Verlag, Heidelberg 2017, ISBN 978-3-945424-63-6. (Historischer Kriminalroman.)
Commons: Perkeo  – Sammlung von Bildern
Wikisource: Perkeo  – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Gudrun Rappold: Zu klein geraten. In: Ruperto Carola, Heidelberg 2/2002
  2. Das Lachen des Narren: Aus einem Brief Victor Hugos vom Jahre 1840 Original französisch: «En se promenant dans l’ombre que jette la grosse tonne, on aperçoit tout à coup, derrière des madriers qui l’étançonnent, une singulière statue de bois sur laquelle un soupirail jette un rayon blafard. C’est une espèce de petit vieillard jovial, grotesquement accoutré […] Ce petit vieillard, c’est un bouffon de cour […] C’était le fou du palatin Charles-Philippe. Il s’appelait PERKEO. Il était haut de trois pieds six pouces, comme sa statue, au-dessous de laquelle son nom est gravé. Il buvait quinze doubles bouteilles de vin du Rhin par jour. C’était là son talent. Il faisait beaucoup rire, vers 1710, l’électeur palatin de Bavière et l’empereur d’Allemagne, ces ombres qui passaient alors. Un jour que plusieurs princes étrangers étaient chez le palatin, on mesura Perkeo à l’un de ces grands grenadiers de Frédéric Ier, roi de Prusse, lesquels, bottés à talons hauts et coiffés de leurs immenses bonnets à poil, étaient obligés de descendre les escaliers des palais à reculons. Le fou dépassait à peine la botte du grenadier. Cela fit très-fort rire, dit un narrateur du temps. Pauvres princes d’une époque décrépite, occupés de nains et de géants, et oubliant les hommes ! Quand Perkeo n’avait pas bu ses quinze bouteilles, on le fouettait.» (Le Rhin. Lettres à un ami. Tome deuxiéme. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  3. Scheffel, Joseph Viktor von, Gedichte, Gaudeamus. Lieder aus dem Engeren und Weiteren, Heidelbergisch, Perkêo. In: zeno.org. Abgerufen am 20. Januar 2015.
  4. Reinhard Hoppe: Heimat um Heidelberg (Memento vom 6. Juni 2009 im Internet Archive)
  5. Vgl. Eintrag Registernummer 1, DPMA-Register.
  6. 16. Oktober 1894: Erste Marke ins Markenregister eingetragen, WDR-Stichtag vom 16. Oktober 2014. Abruf 16. Oktober 2014.
  7. Physikalisches Institut Heidelberg: PERKEO – Neutron Decay Experiments. In: physi.uni-heidelberg.de. Abgerufen am 20. Januar 2015.
  8. Andreas Hönemann: Perkeo. In: efeu-ev.org. Abgerufen am 20. Januar 2015.
  9. Sommeregger: Perkeo 1912–1933 typewriters.ch, Schreibmaschinen – Modelle, Geschichte(n), Personen, 9. Oktober 2011, abgerufen 1. Juli 2018