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vom 02.01.2022, aktuelle Version,

Reichshofratsagent

Ein Reichshofratsagent (auch Reichsagent) war der Vertreter meist mehrerer Reichsstände und Privatpersonen beim Reichshofrat.

Geschichte

Reichshofratsagent Jonas Schrimpf (ca. 1605–1696)

Durch die Hofordnung Maximilians I. von 1498 wurde der Reichshofrat ins Leben gerufen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts traten die ersten Reichshofratsagenten auf, die die Interessenvertretung von Reichsständen und Privatpersonen am Kaiserhof und vor dem Reichshofrat übernahmen.[1] Im Zeitraum von 1558 bis 1740 gab es jeweils nur 20 bis 30 zugelassene Reichshofratsagenten[2], die daher oft etwa 20 Auftraggeber vertraten. Die Mehrheit dieser Agenten war katholisch. Ihre Aufgaben waren vielfältig. Neben der Führung von Prozessen vor dem Reichshofrat vertraten sie ihre Auftraggeber auch in Lehensangelegenheiten und übernahmen diplomatische Aufgaben. Nächst den offiziellen Auftritten gehörten der Aufbau von Netzwerken und die informelle Kontaktaufnahme mit wichtigen Personen des Kaiserhofes zum Handwerk der Agenten. Hierzu gehörten auch Geschenke an die entscheidenden Personen, womit der Graubereich zur Korruption betreten wurde.[3] Darüber hinaus wirkten die Agenten als Nachrichtendienst und zeitweise auch als Ankäufer von Kunst- und Luxusgütern für ihre Auftraggeber. Entsprechend dem Aufgabenspektrum waren Beziehungsnetz und Reputation bei Hofe die wichtigsten Kriterien der Stände für die Auswahl ihrer Agenten.[4]

Wer Agent werden wollte, musste sich beim Präsidenten des Reichshofrates und dem Reichsvizekanzler bewerben und wurde dann einer Prüfung durch zwei Mitglieder des Reichshofrates unterzogen, wobei Herkunft, Leumund, Rechtskenntnisse und Rechtspraxis eine Rolle spielten. Ernannte Agenten mussten einen speziellen Eid ablegen und wurden in ein Register eingetragen.[5] Aber bereits die Zulassung zum Examen war eine hohe Hürde, die nur durch gute Beziehungen überwunden werden konnte. Die Agenten waren dann meist lebenslang tätig bzw. bis sie altershalber ihre Stellung aufgaben. Seit 1650 bildeten sich Agentenfamilien heraus, d. h. die Nachfolger kamen oft aus der Familie des bisherigen Agenten. Agenten gab es bis zum Ende des alten Reiches 1806.

Literatur

  • Johann Jacob Moser: Neues teutsches Staatsrecht Teil 8,2: Von der teutschen Justiz-Verfassung. Zweyter Theil, Franckfurt und Leipzig 1774, S. 63–72 Digitalisat; S. 105–116 Digitalisat
  • Thomas Dorfner: Mittler zwischen Haupt und Gliedern. Die Reichshofratsagenten und ihre Rolle im Verfahren (1658-1740) (= Verhandeln, Verfahren, Entscheiden. Historische Perspektiven, Bd. 2), Münster 2015. ISBN 978-3-402-14656-9 (zugleich: Münster, Universität, Dissertation 2014).
  • Thomas Dorfner: Diener vieler Herren. Die Reichs-Agenten am Kaiserhof (1558–1740), in: Potestas. Estudios del Mundo Clásico e Historia del Arte 10 (2017), 87–101. Digitalisat
  • Susanne Gmoser: Liste der Reichshofratsagenten, 2016 Digitalisat

Einzelnachweise

  1. siehe Dorfner S. 89
  2. gemäß Moser S. 64 war die Zahl auf 24 bis 30 beschränkt
  3. siehe Dorfner S. 95
  4. siehe Dorfner S. 97
  5. siehe Moser S. 64