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vom 06.06.2020, aktuelle Version,

Sturmpetition (1619)

Als Sturmpetition bezeichnet man die Audienz einer Deputation der protestantischen Stände Niederösterreichs bei Erzherzog[1] Ferdinand (reg. 1619–1637 als Kaiser im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation) am 5. Juni 1619 in der Wiener Hofburg. Dabei versuchten die vom Grafen Paul Jakob von Starhemberg geführten Ständevertreter vom Erzherzog einen Verzichtfrieden mit den aufständischen Böhmen[2] und Zugeständnisse hinsichtlich der Ausübung des evangelischen Glaubens zu erwirken. Der Erzherzog ließ sich jedoch zu keinen Kompromissen bewegen. Als schließlich noch während der Audienz einige Kornette (Kompanien) Kavallerie des erst kurz zuvor aufgestellten Regiments Dampierre unter dem Kommando von Gilbert de Saint-Hilaire in die Hofburg einritten, gaben die durch das unerwartete Auftauchen der Kavalleristen eingeschüchterten Ständevertreter schließlich klein bei. Die Vorgänge in der Hofburg hatten sich in einer Zeit starker Verunsicherung weiter Bevölkerungskreise zugetragen, nicht zuletzt, weil während dieser Audienz eine von Heinrich Matthias von Thurn (1567–1640) kommandierte Armee der aufständischen böhmischen Stände im Anmarsch auf Wien gewesen war. Daher wurden sie schon bald Gegenstand einer reichen Legendenbildung und auch in älteren österreichischen Geschichtswerken nicht selten als entscheidend für den weiteren Verlauf der österreichisch-habsburgischen Geschichte angesehen.

Literatur

  • Helmut Kretschmer: Sturmpetition und Blockade Wiens im Jahre 1619 (= Militärhistorische Schriftenreihe, Heft 38). Österreichischer Bundesverlag, Wien 1978, ISBN 3-215-02743-7.

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Ferdinand war seinem Vater 1590 als Landesfürst Innerösterreichs nachgefolgt, wobei die Regierungsgeschäfte zunächst noch in den Händen einer Vormundschaftsregierung gelegen waren. Ab 1596 hatte er die Herrschaft über die innerösterreichische Ländergruppe allein ausgeübt. Im Juni 1617 war Ferdinand als König von Böhmen „angenommen“ worden, was bedeutet, dass er von den böhmischen Ständen nicht etwa gewählt, sondern von jedem einzelnen der Ständevertreter quasi als künftiger König bestätigt worden war. 1618 war er zum König von Ungarn gewählt worden und im August 1619 wurde er schließlich zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gewählt.
  2. Im Juli 1619 hatten sich die Stände Böhmens, Mährens, Schlesiens und der Lausitzen zur Confoederatio Bohemica zusammengeschlossen und sich damit eine neue Verfassung gegeben, die unter anderem in den Ländern der Wenzelskrone das Wahlkönigtum festschrieb. Die protestantischen Stände der heutigen österreichischen Bundesländer Ober- und Niederösterreich traten der Konföderation zwar nicht bei, unterhielten aber enge Beziehungen zu ihr.