Ulrich Plenzdorf
Ulrich Plenzdorf (* 26. Oktober 1934 in Berlin; † 9. August 2007 ebenda) war ein deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramaturg. Sein bekanntestes Werk ist das 1972 in Halle uraufgeführte Bühnenstück Die neuen Leiden des jungen W.
Leben
Ulrich Plenzdorf wurde als Sohn eines Maschinenbauers in Berlin-Kreuzberg geboren. Seine Eltern wurden wegen ihrer Mitgliedschaft in der KPD während der Zeit des Nationalsozialismus mehrmals inhaftiert. Von 1949 bis 1952 besuchte er die Internatsschule im brandenburgischen Himmelpfort, eine Abspaltung der Schulfarm Insel Scharfenberg in Berlin-Tegel.[1] 1950 zog die Familie von West- nach Ost-Berlin um, wo Plenzdorf 1954 in Lichtenberg das Abitur bestand.
In Leipzig studierte Plenzdorf anschließend Marxismus-Leninismus und Philosophie am Franz-Mehring-Institut der Karl-Marx-Universität Leipzig, verließ die Hochschule aber ohne Abschluss. Parallel zu seinem Studium arbeitete Plenzdorf von 1955 bis 1958 als Bühnenarbeiter. 1958–1959 war er Soldat der Nationalen Volksarmee.
Ab 1959 besuchte er die Deutsche Hochschule für Filmkunst in Potsdam-Babelsberg. Ab 1963 arbeitete er als Drehbuchautor und Dramaturg im DEFA-Studio Babelsberg.
Bekannt wurde der DDR-Autor auch in der Bundesrepublik Deutschland durch seine 1972 in der Zeitschrift Sinn und Form veröffentlichte gesellschaftskritische Erzählung Die neuen Leiden des jungen W. Ursprünglich 1969 als Filmszenarium für die DEFA geschrieben, erschien die Erzählung 1973 in Buchform und wurde seitdem in mehr als 30 Sprachen übersetzt.[2] Die 1972 in Halle uraufgeführte Bühnenfassung war in der Spielzeit 1974/75 das meistgespielte Gegenwartsstück auf den Bühnen der BRD und wurde dort auch verfilmt.[3] Im Jargon der DDR-Jugend der 1970er Jahre erzählt Plenzdorf die tragische Geschichte eines Jugendlichen, der aus seiner kleinbürgerlichen Umwelt auszubrechen versucht und beim Lesen von Goethes Werk Die Leiden des jungen Werthers (1774) immer wieder Parallelen zu seinem eigenen Leben findet.
Plenzdorf machte sich aber vor allem auch als Drehbuchautor einen Namen. Von ihm stammen die Drehbücher zu dem von Heiner Carow gedrehten Kinofilm Die Legende von Paul und Paula, die Hans-Fallada-Verfilmung Der Trinker mit Harald Juhnke oder Frank Beyers Film Abgehauen nach der Autobiografie von Manfred Krug. Er schrieb auch die Drehbücher der vierten von den fünf Staffeln von Jurek Beckers ARD-Fernsehserie Liebling Kreuzberg.
Für die in der Legende von Paul und Paula verwendeten Lieder der Puhdys, etwa Geh zu ihr, schrieb er die Texte, teilweise unter Verwendung von Bibelzitaten.
Seit 1992 war er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Im Jahr 2004 hatte er eine Gastdozentur am Deutschen Literaturinstitut der Universität Leipzig inne.
Ulrich Plenzdorf war seit 1955 verheiratet und hatte drei Kinder. Seine Frau war Redakteurin im Verlag Volk und Wissen. Seinen Berliner Wohnsitz hatte Plenzdorf lange Jahre in der Wilhelm-Pieck-Straße (seit 1990: Torstraße) 5 im Stadtbezirk Mitte.
Ulrich Plenzdorf starb im Alter von 72 Jahren nach längerer Krankheit in einer Klinik bei Berlin. Beigesetzt wurde Ulrich Plenzdorf am 23. August 2007 dort, wo er zuletzt gewohnt hatte: in Alt Rosenthal bei Seelow, Landkreis Märkisch-Oderland.[4] Sein Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[5]
Auszeichnungen und Ehrungen
- 1971: Kunstpreis des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes für Kennen Sie Urban?
- 1971: Heinrich-Greif-Preis I. Klasse für Kennen Sie Urban?
- 1973: Heinrich-Mann-Preis
- 1978: Ingeborg-Bachmann-Preis für kein runter kein fern
- 1991: Fernsehfilmpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste für Hüpf, Häschen, hüpf
- 1995: Adolf-Grimme-Preis mit Bronze für Liebling Kreuzberg
Werke (Auswahl)
- Die neuen Leiden des jungen W. (Bühnenstück, Uraufführung 1972)
- Die neuen Leiden des jungen W. (Roman, 1972)
- Buridans Esel (Bühnenstück, 1975, nach dem Roman von Günter de Bruyn)
- Auszug (1977)
- kein runter kein fern (Erzählung, 1978; Erstausgabe 1984)
- Legende vom Glück ohne Ende (Roman, 1979)
- Gutenachtgeschichte (1983)
- Ein Tag länger als ein Leben (Drama, 1986)
- Zeit der Wölfe (Drama, 1989)
- Freiheitsberaubung (Drama, 1987, nach der Erzählung von Günter de Bruyn)
- Vater Mutter Mörderkind (Bühnenstück, 1993/94)
- Berliner Geschichten. Eine Autoren-Anthologie, wie sie entstand und von der Stasi verhindert wurde (1995)
- Liebling, Prenzlauer Berg. Ein Anwalt fährt Rikscha. (1998)
- Eins und Eins ist Uneins (1999)
- Dreckige Engel (2004)
- Ich sehn mich so nach Unterdrückung: Songs, Chansons, Moritaten – gebrauchte Lieder (2004)
Filmografie
- 1964: Mir nach, Canaillen!
- 1965/1990: Karla
- 1969: Weite Straßen – stille Liebe
- 1971: Kennen Sie Urban?
- 1973: Die Legende von Paul und Paula
- 1974: Liebe mit 16
- 1974: Der alte Mann, das Pferd, die Straße
- 1975: Die neuen Leiden des jungen W.
- 1978: Glück im Hinterhaus (nach dem Roman Buridans Esel von Günter de Bruyn)
- 1981: Der König und sein Narr
- 1983: Insel der Schwäne
- 1984: Bockshorn (nach dem Roman von Christoph Meckel)
- 1985: Ein fliehendes Pferd (TV, nach der gleichnamigen Novelle von Martin Walser)
- 1990: Der Fall Ö.
- 1991: Der Verdacht
- 1991: Hüpf, Häschen hüpf (Fernsehfilm)
- 1992: Vater Mutter Mörderkind
- 1992: Liebling Kreuzberg
- 1994: Das andere Leben des Herrn Kreins
- 1995: Der Trinker (nach dem gleichnamigen Roman von Hans Fallada)
- 1995: Matulla und Busch
- 1997: Der Laden (nach der gleichnamigen Romantrilogie von Erwin Strittmatter)
- 1998: Abgehauen
- 2005: Noelia oder Fidel wartet nicht (Drehbuch zs. mit Rudolf Steiner)
Hörspiel
- 1987: Kein runter, kein fern, Regie: Norbert Schaeffer, Produktion: SDR/ hr/ NDR
Literatur
- Siegfried Mews: Ulrich Plenzdorf. Beck, München 1984.
- Edwin Kratschmer: Die neuen Leiden des jungen W, in Interpretationen, Erzählungen des 20. Jahrhunderts. Stuttgart 1996
- Arnim-Thomas Bühler: Ulrich Plenzdorf. Personalbibliographie 1970–1993. Kletsmeier, Wetzlar 2000.
- Mark-Oliver Carl: (Un-)Stimmigkeiten bei Ulrich Plenzdorf. Analyse intertextueller Wiederaufnahmen in „kein runter kein fern“, „Die Legende von Paul und Paula“, „Zeit der Wölfe“, „Karla“ und „Die neuen Leiden des jungen W.“ Lang, Frankfurt am Main 2008.
- Leonore Krenzlin: Plenzdorf, Ulrich. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Regine Sylvester: Er brachte es zur Sprache. In: Berliner Zeitung. 10. August 2007
Weblinks
- Literatur von und über Ulrich Plenzdorf im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Werke von und über Ulrich Plenzdorf in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Irmgard Zündorf, Regina Haunhorst: Ulrich Plenzdorf. Tabellarischer Lebenslauf im LeMO (DHM und HdG)
- Ulrich Plenzdorf bei filmportal.de
- Ulrich Plenzdorf in der Internet Movie Database (englisch)
- Biografie Suhrkamp
- Biografie auf defa-stiftung.de
- Andreas Merkel: Haltet ihn fest und lasst euren Drachen steigen. In: Spiegel Online. 9. August 2007
- Ulrich-Plenzdorf-Archiv im Archiv der Akademie der Künste, Berlin
Einzelnachweise
- ↑ Leonore Krenzlin: Plenzdorf, Ulrich. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 2Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- ↑ Ulrich Plenzdorf gestorben. In: Süddeutsche Zeitung. 9. August 2007.
- ↑ digithek.ch
- ↑ knerger.de: Das Grab von Ulrich Plenzdorf
- ↑ Ulrich-Plenzdorf-Archiv Bestandsübersicht bei der Akademie der Künste in Berlin.
Personendaten | |
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NAME | Plenzdorf, Ulrich |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramaturg |
GEBURTSDATUM | 26. Oktober 1934 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 9. August 2007 |
STERBEORT | bei Berlin |
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Ulrich Plenzdorf am 7. Dezember 1993 während der Lesung seiner "ausgewählten Lieder" in der Buchhandlung Starick am Rosenthaler Platz in Berlin. | http://www.foto-prust.de | Günter Prust | Datei:Ulrich Plenzdorf (1993) by Guenter Prust.jpg |