Verlorener Haufen
Der Verlorene Haufen (seltener Der verlorene Haufe), auch Forlorn Hope, von nl. verloren hoop (franz. enfants perdus), bezeichnet eine besondere Truppe von Landsknechten, die nicht in die Schlachtordnung eingereiht waren, sondern vor dem Gevierthaufen ein zerstreutes Gefecht führten. Aus der zweiten Reihe traten sie hervor und stellten sich direkt vor die erste, was das Überraschungsmoment des Angriffs bildete. Faktisch handelte es sich dabei um eine zum Tode verdammte Vorhut. Es gibt einige militärhistorische Entsprechungen zu dieser Art von Vorhut, zum Beispiel Les Enfants perdus im Französischen oder die Schweizer Knabenschaften.
Im Angriff sollten sie den Feind überrumpeln und mit dem Zweihänder den nachdrängenden Kolonnen eine Gasse durch die feindlichen Karrees hauen, die hundert Mann breit und hundert tief waren. Eine andere Aufgabe war es, den Feind hervorzulocken und ihn so in die Reichweite des hinter ihnen stehenden „Gewalthaufens“, der Hauptstreitmacht, die meist mit Piken bewaffnet war, zu holen. Sie trugen in manchen Gefechten die Blutfahne, einen roten Wimpel oder eine Fahne.[1]
In der Verteidigung war es ihre Aufgabe, den ersten Ansturm aufzuhalten und die gegnerische Schlachtreihe in Unordnung zu bringen. Wegen des hohen Risikos kämpften im verlorenen Haufen die Doppelsöldner und Landsknechte, die sich wegen begangener Verfehlungen bewähren mussten. Selbst besondere Geldanreize genügten nicht, um genügend Soldaten für diese Einheiten zu rekrutieren, so dass meist zum Tod verurteilte Männer genommen wurden, die sich mit diesem Einsatz ihre Freiheit erkämpfen konnten. So waren es Männer mit größtem Mut oder tiefster Verzweiflung, die diese Gruppe ausmachten. Diese Stoßtruppen wurden oft von jungen Offizieren angeführt, die sich nach diesen Einsätzen, sollten sie überleben, einer Beförderung und eines Karriereschubes sicher sein konnten.
Im Englischen Bürgerkrieg war das Forlorn Hope Regiment eine Freiwilligen-Truppe der New Model Army. Viele waren Puritaner und andere Protestanten, unter ihnen wohl auch viele Männer holländischer Herkunft, was die Namensherkunft unterstreicht. Solche Truppen wurden von den Engländern auch gegen die Inder im 19. Jahrhundert eingesetzt. Ebenso unterhielten manche Fürsten des Mittelalters solche Kompanien als Doppelsöldner.
Mit der zunehmenden Verbreitung von Handfeuerwaffen änderte sich auch die Taktik des Verlorenen Haufens zum „verlorenen“ Feuergefecht. In späteren Kriegen wurden auch Einheiten, die auf „verlorenem Posten“ kämpften, als Verlorener Haufen bezeichnet. Dies spiegelt sich auch in der Literatur und in Kriegsfilmen gelegentlich wider,[2][3] besonders häufig wird der Verlorene Haufen während des Zweiten Weltkrieges als Thema zitiert, beispielsweise auch von der SS, die eine ihrer Sondereinheiten „Verlorener Haufen“ benannte. Arnold Schönberg komponierte zwei Balladen mit dem Namen „Verlorener Haufen“ (op. 12, 1907).
Literatur
- Douglas Miller, Gerry A. Embleton: The Landsknechts (= Men-at-arms Series. Band 58). Osprey Publishing, London 1994, ISBN 0-85045-258-9, Tactics and Formations, S. 7 f. (englisch).
- Hannsjoachim W. Koch: Illustrierte Geschichte der Kriegszüge im Mittelalter. Bechtermünz, Augsburg 1998, ISBN 3-8289-0321-5, Abschnitt „Professionalisierung“, S. 199.
Einzelnachweise
- ↑ Rolf Michaelis: Geschichte vom Verlorenen Haufen. In: Die Zeit, Nr. 20/1988
- ↑ Rudolf Adler: Der Verlorene Haufen. Erinnerungen eines Fallschirmjägers. Books on Demand, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1507-X.
- ↑ Ein verlorener Haufen. Kriegsfilm von John Ford mit John Wayne, USA 1945 (Originaltitel: They Were Expendable)
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Schlacht bei Moncontour 1569; Kupferstich, um 1570 | Universitätsbibliothek Salzburg, G 40 III (aus dem ehemaligen Wolf-Dietrich-Klebeband Städtebilder ; alte Signatur: V.4.A.14); www.ubs.sbg.ac.at | Anonym Unknown author | Datei:Wolf-Dietrich-Klebeband Städtebilder G 040 III.jpg |