Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!

unbekannter Gast
vom 04.07.2020, aktuelle Version,

Volksabstimmung 1920 in Kärnten

Die Abstimmungszonen A und B mit den Bedingungen für das Stimmrecht

Die Volksabstimmung 1920 in Kärnten (slowenisch: Koroški plebiscit – „Kärntner Volksabstimmung“) war eine der Volksabstimmungen im Gefolge des Vertrags von Saint-Germain. Sie sollte über die staatliche Zugehörigkeit der nach dem Ersten Weltkrieg durch Jugoslawien beanspruchten, überwiegend von Slowenen bewohnten Gebiete im Südosten Kärntens entscheiden.

Vorgeschichte

Die alliierte Kommission zur Überwachung der Volksabstimmung
„Am 10. Oktober endet das Leiden der Slowenen unter dem Terror der Deutschen und Renegaten!“
Ein slowenischer Aufkleber mit der Aufschrift: „Zerreißen Sie den weißen Stimmzettel, sonst zerreißen Sie Ihre Heimat!“

Nachdem Kärnten durch seine Verfassung von 1918 den Beitritt zur Republik Deutschösterreich erklärt hatte, drangen am 5. November 1918 Truppen des Staates der Serben, Kroaten und Slowenen (SHS-Staat) in die südöstlichen Landesteile ein. Die SHS-Polizei rückte in das Rosen- und untere Gailtal vor. Ferlach und das nördlich der Drau gelegene Völkermarkt wurden besetzt. Die Landesregierung verlegte ihren Sitz angesichts dieser Bedrohung nach Spittal an der Drau.

Am 5. Dezember 1918 beschloss die provisorische Kärntner Landesregierung unter dem Landesverweser Arthur Lemisch – ohne Unterstützung durch die Wiener Regierung und sogar gegen deren Willen – den bewaffneten Widerstand gegen ein weiteres Vordringen der SHS-Truppen. Der Kampf, auch als Kärntner Abwehrkampf bezeichnet, begann im Gailtal mit der Rückeroberung von Arnoldstein am 5. Jänner 1919, einem Vormarsch gegen das Rosental und der Rückeroberung von Ferlach. Am 14. Jänner wurde ein Waffenstillstand geschlossen; eine US-amerikanische Kommission (die sogenannte „Miles-Mission“, benannt nach ihrem Leiter Lt. Col. Sherman Miles) studierte vor Ort die strittigen Gebietsfragen. Bis zum 7. Mai 1919 waren alle bis auf die laut Waffenstillstandsvertrag geräumten Gebiete entsetzt.

Der Friedensvertrag von St. Germain 1919 sah eine Volksabstimmung in Südkärnten vor; ohne Abstimmung wurden das Kanaltal Italien und das Mießtal, Unterdrauburg und die Gemeinde Seeland (Kankertal) dem SHS-Königreich zugeschlagen und gehören heute zu Slowenien. Nach dem Beschluss einer Volksabstimmung versuchte Jugoslawien erneut, durch Waffengewalt vollendete Tatsachen zu schaffen. Reguläre Truppen unter dem Befehl von General Rudolf Maister überschritten am 28. Mai 1919 die Grenze und besetzten am 6. Juni Klagenfurt, das sie aber nach Aufforderung des Obersten Rats der Alliierten in Paris wieder räumen mussten. Von da an unterblieben weitere Kämpfe. Bis 13. September 1920, also kurz vor der Volksabstimmung, war die südliche „Zone A“ von Truppen des SHS-Staates besetzt und blieb bis nach der Volksabstimmung unter SHS-Kontrolle, die nördliche „Zone B“ verblieb unter österreichischer Kontrolle. Hätte sich „Zone A“ für einen Anschluss an das SHS-Reich entschieden, hätte ebenfalls in der „Zone B“ (die auch Klagenfurt beinhaltete) abgestimmt werden müssen.

Abstimmung

Am 10. Oktober 1920 fand eine Volksabstimmung im Grenzgebiet Südkärntens statt, in dem die slowenischsprachige Volksgruppe ca. 70 % der Gesamtbevölkerung ausmachte: 59,04 % aller Stimmen gingen dabei an Österreich. Aus dem Ergebnis ging hervor, dass auch ein erheblicher Teil (etwa 40 %) der Kärntner Slowenen für den Verbleib bei Österreich gestimmt hatte. Dabei war die Zustimmung zur Angliederung an den SHS-Staat in den südlichen, an Slowenien angrenzenden Gemeinden tendenziell stärker als in den nördlicher gelegenen Gemeinden.

Ergebnisse der Volksabstimmung nach Gemeinden

Das Votum der Slowenen für Österreich ist vor allem auf die tradierten sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bindungen innerhalb der historisch gewachsenen Grenzen Kärntens zurückzuführen. Klagenfurt war auch für die „Zone A“ das wirtschaftliche und infrastrukturelle Zentrum. Durch die von Jugoslawien angestrebte Grenzziehung sah man Absatzmärkte gefährdet und Familien von Trennung bedroht. Glaubens- und Mentalitätsunterschiede, die demokratische Staatsform Österreichs und dessen höherer Entwicklungsgrad und Wohlstand sowie die Zusagen bezüglich des Minderheitenschutzes spielten ebenfalls eine Rolle.

Abstimmungsergebnis vom
10. Oktober 1920
Deutsch­österreich SHS-Staat
Distrikt Rosegg 1980 (46,0 %) 2318 (54,0 %)
Distrikt Ferlach 6427 (56,3 %) 4981 (43,7 %)
Distrikt Völkermarkt 8306 (77,3 %) 2444 (22,7 %)
Distrikt Bleiburg 5312 (49,0 %) 5535 (51,0 %)
Insgesamt 22.025 (59,0 %) 15.278 (41,0 %)

Folgen

Ein slowenischer Aufkleber mit der Aufschrift: „Klagenfurt gehört uns!“

Nach der Volksabstimmung versuchte der SHS-Staat neuerlich, Kärnten zu besetzen, musste aber nach einer kategorischen Aufforderung der Botschafterkonferenz in Paris vom 16. Oktober 1920 und nachfolgenden Demarchen ähnlichen Inhalts durch Großbritannien, Frankreich und Italien seine Truppen aus Kärnten wieder zurückziehen. Auch seitens des Wiener Außenamtes erfolgten energische Proteste. Am 18. November 1920 gelangte die „Zone A“ wieder unter österreichische Verwaltung. Am 22. November 1920 kehrte das Abstimmungsgebiet unter die Souveränität Österreichs zurück.

Der 10. Oktober ist in Kärnten ein – nicht generell arbeitsfreier – Feiertag. Schulen, Ämter und Behörden haben an diesen Tagen geschlossen.

Die Volksabstimmung vom 10. Oktober 1920 ist einer der wenigen Fälle demokratischen Ausdrucks des von Woodrow Wilson proklamierten Selbstbestimmungsrechts der Völker nach 1918. Allerdings sorgt das etwa zwei Wochen vor Volksabstimmung abgegebene Versprechen der Kärntner Landesversammlung, dass sie die „sprachliche und ihre nationale Eigenart [der Slowenen] jetzt und alle Zeit wahren will“, bis heute für Kontroversen wie beispielsweise den Ortstafelstreit.

Literatur

Commons: Volksabstimmung 1920 in Kärnten  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

License Information of Images on page#

Image DescriptionCreditArtistLicense NameFile
Abstimmungsgebiete für die Volksabstimmung in Kärnten am 10. Oktober 1920 Scan durch Eixi aus der Zeitung Kärntner Landsmannschaft, 14. April 1920, im Privatbesitz. (Derivative work from de:Datei:Abstimmungsgebietekaernten.jpg )
Public domain
Datei:Abstimmungsgebietekaernten.jpg
The Wikimedia Commons logo, SVG version. Original created by Reidab ( PNG version ) SVG version was created by Grunt and cleaned up by 3247 . Re-creation with SVG geometry features by Pumbaa , using a proper partial circle and SVG geometry features. (Former versions used to be slightly warped.) Reidab , Grunt , 3247 , Pumbaa
CC BY-SA 3.0
Datei:Commons-logo.svg
Nalepka ob plebiscitu Celovec je naš! Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl 7U6K3EYG Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Nalepka ob plebiscitu Celovec je naš 1920.jpg
Nalepka ob plebiscitu Kmet je knez v Jugoslaviji, v Nemški Avstriji pa judi in baroni! Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl RRX2BRH7 Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Nalepka ob plebiscitu Kmet je knez v Jugoslaviji 1920.jpg
Nalepka ob plebiscitu Strgaj belo glasovnico, drugače strgaš tvojo domovino! Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl SFW47ORV Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Nalepka ob plebiscitu Strgaj belo glasovnico 1920.jpg
Nalepka ob plebiscitu Z 10. oktobrom se konča slovensko trpljenje in teror Nemcev in renegatov! Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl 3S1Y604B Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Nalepka ob plebiscitu Z 10. oktobrom 1920.jpg
Plakat ob plebiscitu Plakat ob plebiscitu Korošci, spoznajte zrnje, ki raste v Jugoslaviji Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl TTEMWO9E Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Plakat ob plebiscitu Korošci, spoznajte zrnje 1920.jpg
Plakat ob plebiscitu Koroški Slovenci! 10. oktober naš največji narodni praznik - zmaga sijajna Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl RPSYKWJS Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Plakat ob plebiscitu Koroški Slovenci 1920.jpg
Avstrijski propagandni plakat ob plebiscitu. »Mama, ne štimajte glasujte za Jugoslavijo, kar moram ajnrukat v vojsko za kralja Petra!« Nemška stran je poskušala s takimi sporočili ustvariti prepričanje, da sta vojaštvo in krvoločnost značilnost jugoslovanstva/slovenstva (v tem primeru zaradi splošne vojaške obveznosti), avstrijstvo/nemštvo pa je bilo prikazano kot miroljubno. Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl 2S2TJ8AB Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Plakat ob plebiscitu Mama, ne štimajte za Jugoslavijo 1920.jpg
Österreichisches Propagandaplakat in slowenischer Sprache: Lasst uns abstimmen gehen! Es ist unsere heilige Pflicht, unsere Heimat ruft uns. Ihr seid Kärntner, und solltet auch Kärntner bleiben! Diese Datei stammt aus der Digitalen Bibliothek Sloweniens unter der Kennzahl 95TBV5PQ Bitte beachten : Dies ist keine Lizenzvorlage . Es wird eine zusätzliche gültige Lizenz benötigt. Autor/-in unbekannt Unknown author
Public domain
Datei:Plakat ob plebiscitu Pojdimo vsi k glasovanju 1920.jpg