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vom 08.06.2020, aktuelle Version,

Weltanschauungsgemeinschaft

Eine Weltanschauungsgemeinschaft ist ein Zusammenschluss von Menschen zum Zwecke der gemeinschaftlichen Pflege einer Weltanschauung.

Rechtliche Situation in Deutschland

Die Weimarer Verfassung, deren Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 gemäß Art. 140 das deutsche Grundgesetz übernommen hat, nennt eine solche Gemeinschaft eine „Vereinigung zur gemeinschaftlichen Pflege einer Weltanschauung“.

Nach dem deutschen Verfassungsrecht wird zwischen Weltanschauungsgemeinschaften einerseits und Religionsgemeinschaften (Religionsgesellschaften) andererseits unterschieden.

Weltanschauungsgemeinschaften sind demnach Gemeinschaften, die sich die Pflege einer nichtreligiösen Weltanschauung zur Aufgabe gemacht haben. Als solche ist der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) anerkannt. Aber auch die im Dachverband freier Weltanschauungsgemeinschaften versammelten Organisationen verstehen sich als Weltanschauungsgemeinschaften; zudem ordnet das Statistische Jahrbuch des Amts für Statistik Berlin-Brandenburg die Unitarische Kirche als Weltanschauungsgemeinschaft ein.[1]

Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Weltanschauungsgemeinschaft in Deutschland den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erhalten. Diesen besitzen z. B. mehrere Landesverbände im Humanistischen Verband Deutschlands und auch der Bund für Geistesfreiheit Bayern.

Als Weltanschauungsgemeinschaft gilt „ein Zusammenschluss von Personen, der ein Minimum an organisatorischer Binnenstruktur aufweist, im Sinne der Gewähr der Ernsthaftigkeit auf Dauer angelegt ist und von einem sich nach außen manifestierenden gemeinsamen und umfassenden weltanschaulichen Konsens der Mitglieder getragen und dieser Konsens – soweit es um die Gemeinschaft als solche geht – nach außen bezeugt wird“.[2]

Die Religions- und Weltanschauungsfreiheit überlässt es dem einzelnen, seine Weltanschauung frei zu wählen. Sie ist als zentrales Menschenrecht anerkannt.

Rechtliche Situation in Österreich

In Österreich werden Weltanschauungsgemeinschaften nicht als Körperschaften des öffentlichen Rechts, so wie es für Religionsgemeinschaften vorgesehen ist, anerkannt. Weltanschauungsgemeinschaften müssen sich als Vereine konstituieren. Rechte und Förderungen sind damit nicht dieselben wie für Religionen.

Am 30. Dezember 2019 hat die "Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich" (ARG) einen Antrag auf Eintragung als "religiöse Bekenntnisgemeinschaft" gestellt[3]; die Bearbeitung dieses Antrags ist noch nicht abgeschlossen. Würde dem Antrag der ARG stattgegeben, hieße dies, dass die Behörden den Begriff der Religion im österreichischen Recht so weit auffassen, dass er auch Gemeinschaften wie die ARG umfasst, die nach deutscher Terminologie Weltanschauungsgemeinschaften sind. Bei Erfüllung der weiteren Voraussetzungen könnte die ARG dann später auch den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erwerben.

Rechtliche Situation in anderen Ländern

Die belgische Verfassung sieht seit 1993 "durch Gesetz anerkannten Organisationen" vor, "die moralischen Beistand aufgrund einer nichtkonfessionellen Weltanschauung bieten" (Art. 181 § 2[4]) und deren Amtsträger daher wie die Geistlichen der anerkannten Religionsgemeinschaften ("Kulte") vom Staat besoldet werden. Auf dieser Grundlage wurde die Freigeistige Weltanschauungsgemeinschaft gesetzlich anerkannt.

In Norwegen können Weltanschauungsgemeinschaften ("livssynssamfunn", wörtlich übersetzt "Lebensanschauungsgesellschaften") dieselbe staatliche Förderung erhalten wie Religionsgemeinschaften[5]; so bezuschusste Weltanschauungsgemeinschaften können dann wie Religionsgemeinschaften das Recht erwerben, Eheschließungen mit bürgerlicher Wirkung vorzunehmen[6], wovon insbesondere die Weltanschauungsgemeinschaft "Human-Etisk Forbund" Gebrauch gemacht hat.

Einzelnachweise

  1. Statistisches Jahrbuch für Berlin 2012. Abgerufen am 7. Mai 2013. (PDF; 583 kB)
  2. Christine Mertesdorf: Weltanschauungsgemeinschaften: Eine verfassungsrechtliche Betrachtung mit Darstellung einzelner Gemeinschaften. Schriften zum Staatskirchenrecht. Peter Lang – Internationaler Verlag der Wissenschaften, Pieterlen (Schweiz) 2007, S. 243.
  3. ORF.at: Atheisten stellten Antrag auf Bekenntnisgemeinschaft.
  4. Text auf der Website des Belgischen Senats.
  5. Lov om tilskott til livssynssamfunn.
  6. § 12 Ekteskapsloven.