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vom 07.07.2022, aktuelle Version,

Wilhelm von Haidinger

Wilhelm Haidinger, Lithographie von Josef Kriehuber, 1844

Wilhelm Karl Haidinger, ab 1865 Ritter von Haidinger (* 5. Februar 1795 in Wien; † 19. März 1871 in Dornbach bei Wien, im heutigen 17. Wiener Gemeindebezirk) war ein österreichischer Geologe und Mineraloge.

Leben

Wie schon sein Vater, Karl Haidinger, interessierte sich auch Wilhelm für die Bestandteile der Erdkruste. Er studierte ab 1812 am Johanneum in Graz bei Friedrich Mohs Mineralogie und setzte ab 1817 sein Studium bei Mohs an der Bergakademie Freiberg fort, nachdem dieser als Nachfolger Abraham Gottlob Werners dessen Lehrstuhl in Freiberg übernommen hatte. Dabei assistierte er Karl Gustav Adalbert von Weissenbach bei der Katalogisierung der Gesteinssammlungen Werners und fertigte Zeichnungen der Mineralien.

Zwischen 1822 und 1826 bereiste er mit dem Bankier Thomas Allan aus Edinburgh Europa und übersetzte Mohs ins Englische. Mit seinen zwei Brüdern Eugen Haidinger (1790–1861) und Rudolf Haidinger (1792–1866) leitete er von 1827 bis 1840 die im Familienbesitz befindliche, 1811 gegründete Porzellanmanufaktur Gebrüder Haidinger in Elbogen in Westböhmen.

1840 erfolgte Haidingers Berufung als Bergrat nach Wien. Er leitete, ordnete und erfasste die Mineraliensammlung der Hofkammer und gab 1845 eine geognostische Karte für die österreichischen Länder heraus.

Am 15. November 1849 traf Kaiser Franz Joseph die Entschliessung, womit er das k.k. Ministerium für Landescultur und Bergwesen zur „Einrichtung einer geologischen Reichsanstalt“ beauftragte. Am 29. November 1849 ernannte er Haidinger zum Direktor der „kaiserlich-königlichen geologischen Reichsanstalt“ in Wien (nunmehr Geologische Bundesanstalt), deren Direktor dieser 17 Jahre lang war.[1]

Wilhelm Ritter von Haidinger ging 1866 in den Ruhestand. Den im selben Jahr auf damals österreichischem Gebiet in den heute ukrainischen Waldkarpaten niedergegangenen Knyahinya-Meteoriten beschrieb er als Erster.

Ehrungen

1824 wurde er zum Fellow der Royal Society of Edinburgh gewählt.[2] Seit dem 7. April 1842 ist Haidinger in der Preußischen Akademie der Wissenschaften als korrespondierendes Mitglied eingetragen. Im Jahr 1847 wurde er zum Mitglied der Leopoldina gewählt,[3] 1847 wurde er zum korrespondierenden und 1859 zum auswärtigen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt.[4] 1852 wurde er zum Ehrenmitglied des Nassauischen Vereins für Naturkunde ernannt. Seit 1855 war er gewähltes Mitglied der American Philosophical Society[5] sowie der Académie des sciences in Paris.[6] 1856 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg aufgenommen.[7]

Vom König von Sachsen erhielt er 1854 das Ritterkreuz des Albrechts-Ordens.[8] Als Zeichen der Dankbarkeit und Verehrung erhielt Haidinger am 29. April 1856 als erster die nach ihm benannte Haidinger-Medaille, die höchste Auszeichnung, die seit ihrer Hundertjahrfeier von der Geologischen Bundesanstalt vergeben wird.[9] Im Jahre 1857 wurde er in den Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste aufgenommen. Für seine Verdienste als Direktor wurde er 1865 zum Erbritter als Ritter von Haidinger geschlagen.

Zu seinen Ehren wurde ein Mineral Haidingerit benannt. In Neuseeland wurde der Mount Haidinger und auf dem Mond ein Mondkrater nach ihm benannt. Die zwischen 1844 und 1854 beschriebene Kontrasterscheinung polarisierten Lichtes wird nach ihrem Entdecker Haidinger-Büschel genannt. Das von Haidinger entwickelte Dichroskop, eine Lupe zur Analyse von Kristallen, wird auch als Haidingerlupe bezeichnet.

Er erhielt im Jahr 1892 ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 7), wohin er von seinem ursprünglichen Bestattungsplatz am Dornbacher Friedhof umgebettet wurde.[10] Im Jahr 1874 wurde in Wien-Landstraße (3. Bezirk) die Haidingergasse nach ihm benannt.

Schriften

Literatur

  • Wilhelm von Gümbel: Haidinger, Wilhelm Ritter von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 10, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 381–386.
  • Franz Hantschel: Biographien deutscher Industrieller aus Böhmen. Künstner, Böhmisch Leipa 1920.
  • Heinz Meixner: Haidinger, Wilhelm Ritter von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 7, Duncker & Humblot, Berlin 1966, ISBN 3-428-00188-5, S. 519 f. (Digitalisat).
  • Franz Puchtinger: Goethe in Karlsbad. 1922, S. 188.
  • C. Schiffner: Aus dem Leben alter Freiberger Bergstudenten. E. Maukisch, Freiberg 1935, S. 31f.
  • Heribert Sturm: Biographisches Lexikon zur Geschichte der böhmischen Länder. Herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum. Bd. I, München: Oldenbourg 1979, ISBN 3-486-49491-0, S. 514, Haidinger, Porzellanfabrikanten: Eugen; Rudolf und Wilhelm Haidinger (1797–1871).
  • Johannes Urzidil: Goethe in Böhmen. Darmstadt 1965, Haidinger, Gebrüder, Porzellanfabrikanten in Elbogen bei Karlsbad, S. 415, 442.
  • Constantin von Wurzbach: Haidinger, Wilhelm. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 7. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1861, S. 208–213 (Digitalisat)..
  • Almanach der Wiener Akademie. Bd. 21 (1871).
  • Haidinger Wilhelm von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 2, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1959, S. 150.
  • Manfred Leutner: Wissenschaftstheoretische Fallstudien zur Entwicklung der erdwissenschaftlichen Forschung in Österreich: Wilhelm Haidinger – Franz von Hauer – Otto Ampferer. In: Abhandlungen der Geologischen Bundesanstalt, 55 (1999) (Digitalisat).
  • Karl Kadletz: Wilhelm Haidinger (1795–1871). In: Gerhard Heindl (Hrsg.): Wissenschaft und Forschung in Österreich: Exemplarische Leistungen österreichischer Naturforscher, Techniker und Mediziner. Frankfurt am Main 2000, S. 9–30.
  • Christoph Boden: Wilhelm von Haidinger und Ferdinand von Thinnfeld: Schnittpunkte (Verwandtschaft und analoge Karriereverläufe) – Geologie zwischen politischem Liberalismus und wissenschaftlichem Fortschritt. In: Thomas Hofmann, Marianne Klemun (Hrsg.): Die k. k. Geologische Reichsanstalt in den ersten Jahrzehnten ihres Wirkens: Neue Zugänge und Forschungsfragen. Berichte der Geologischen Bundesanstalt, 95 (2012), S. 11–24 (Digitalisat).
Wikisource: Wilhelm von Haidinger  – Quellen und Volltexte
Commons: Wilhelm von Haidinger  – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Ernennungen des Personals an der k. k. geologischen Reichsanstalt. In: Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. 1. Jahrgang (1850), I. Vierteljahr, S. 6 (zobodat.at [PDF]).
  2. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. (PDF) Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 14. Dezember 2019.
  3. Mitgliedseintrag von Wilhelm Karl Ritter von Haidinger bei der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina, abgerufen am 6. Februar 2016.
  4. Mitgliedseintrag von Wilhelm Ritter von Haidinger (mit Bild) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 6. Februar 2016.
  5. Member History: Wilhelm K. von Haidinger. American Philosophical Society, abgerufen am 19. September 2018.
  6. Verzeichnis der Mitglieder seit 1666: Buchstabe H. Académie des sciences, abgerufen am 21. November 2019 (französisch).
  7. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724. Wilhelm Haidinger. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 13. August 2015 (englisch).
  8. Amtlicher Teil. In: Wiener Zeitung, 27. Dezember 1854, S. 1 (Online bei ANNO).Vorlage:ANNO/Wartung/wrz
  9. Haidinger-Medaille, Geologische Bundesanstalt
  10. Wilhelm von Haidinger – Mineraloge, Macher und Mensch im Standard vom 22. April 2021 abgerufen am 23. April 2021

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Wilhelm Ritter von Haidinger , Lithographie von Josef Kriehuber , 1844 Eigenes Foto einer Originallithographie aus eigenem Besitz Josef Kriehuber
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