Elßler, Fanny (Franziska)#
* 23. 6. 1810, Wien,
† 27. 11. 1884, Wien
Tänzerin
Fanny Elßler wurde am 23. Juni 1810 in Wien Gumpendorf als Tochter von Tochter von Johann Elßler geboren.
Sie studierte an der renommierten Ballettschule des Wiener Hoftheaters und tanzte bereits als Kind mit ihrer Schwester Theresia Elßler am Theater an der Wien.
Bereits ihr erstes Engagement führte sie weit weg von ihrer Heimat: 1824 ans Teatro San Carlo in Neapel. Zwei Jahre später kehrte sie nach Wien ans Kärntnertortheater zurück und gastierte in Berlin, London und Paris.
Fanny Elßler - eine der berühmtesten Tänzerinnen der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts - trat 1851 von der Bühne ab.
Bekannt und berühmt geworden war sie vor allem durch ihre ausgesprochen realistische National- und Charaktertänze (Cachucha, Cracovienne, Smolenska, Russkaja), die sie in den entsprechenden Nationalkostümen ausführte. ( Ballett)
Literatur#
- R. Raab, F. Elßler. Eine Weltfaszination, 1962
- I. Guest, F. Elßler, 1970
- L. Denk, F. Elßler, 1984
- J. Weißenböck, F. Elßler, 1984
Text aus dem Buch "Große Österreicher"#
Fanny Elßler 1810-1884
Auch um sie ranken sich Mißverständnisse und Legenden sonder Zahl - wobei man freilich diejenigen, die sie selbst noch geschürt und ihrer Popularität wegen nie dementiert hat, von den anderen, die ihr erst Generationen später zugewachsen sind, unterscheiden muß.
Daß sie als Tochter des letzten Kopisten und Dieners von Joseph Haydn ein Taufkind des unsterblichen Komponisten sei, hat zu ihren Lebzeiten kein Mensch behauptet, da haben erst spätere Generationen nicht gut rechnen können und übersehen, daß Haydn schon gestorben war, als sie zur Welt kam.
Daß sie nicht nur die sehr jugendliche Gefährtin des Freiherrn von Gentz, sondern auch ein weiblicher Lichtstrahl im kurzen Leben des Herzogs von Reichstadt, des Sohnes Napoleons, gewesen sei, ist dagegen eine Legende, die patriotische Franzosen bereits niederschrieben, ehe sie zum erstenmal nach Paris kam - und die der Künstlerin von Nutzen waren, also nicht ausdrücklich dementiert werden mußten. Fanny Elßler ist, da wenigstens ist keine Legendenbildung nötig und keine Verzeichnung der Tatsachen, die einzige Tänzerin, die je als geborene Wienerin und von Wien aus eine Karriere machte.
Man nennt - oder nannte - uns einst das Volk der Tänzer und der Geiger; ob der Welt, die sich dafür interessiert, jemals aufgefallen ist, daß wir nur einen über alle Grenzen und mehrere Generationen bekannten Geiger und nur eine weltweit bekannte und nach vielen Generationen immer noch gekannte Tänzerin aufzuweisen haben?
Der Geiger war unzweifelhaft Fritz Kreisler, die Tänzerin selbstverständlich Fanny Elßler, die somit in den Kreis der illustren Österreicher tritt.
Fanny Elßler wurde geboren, als ihr Vater seinen Posten als der treue Diener des greisen Joseph Haydn schon verloren hatte - Vater Elßler hatte ihn von seinem Vater übernommen und war aus einer Dienerfamilie, die schon in Eisenstadt dem Kapellmeister der Fürsten Esterhazy treu zur Verfügung standen. Haydn hatte immer wieder den Elßlers entweder den Taufpaten gemacht oder zu Taufen Geschenke gesandt, er hätte also ganz gewiß auch der kleinen Fanny sein Wohlwollen geschenkt, wäre er nicht schon Jahre vor ihrer Geburt hochbetagt gestorben.
Mit seinem Tod endete die sichere Existenz der Familie Elßler, Fanny wurde in eine Arme-Leute-Familie hineingeboren, die in einer Wiener Vorstadt nächst dem Theater an der Wien sich recht und schlecht durchs Leben schlug. Wie ihre Schwester, die zeitlebens dann auch als ihre Partnerin oder Begleiterin bei ihr blieb, kam Fanny in ein damals berühmtes und alsbald auch berüchtigtes Kinderballett, das an der Wien auftrat und außer Kinderarbeit auch noch ein zweites unschönes Mal an sich hatte: die nicht mehr Allerjüngsten des Ensembles wurden an alte Adelige »vermietet« und der Ballettmeister dann eines Tages als ein alter Falott davongejagt. Fanny Elßler ließ deshalb später, als sie zu Weltruhm gelangt war, diesen allerersten Teil ihrer künstlerischen Biographie gern aus und berichtete nur über die Zeit, da man sie immerhin ins Ensemble des Kärntnertortheaters aufgenommen hatte.
Denkt man, wie groß Wien damals schon war, wie viele junge Wienerinnen zum Ballett wollten und wie relativ rasch es Fanny Elßler zu kleinen Solorollen im Ballett des Kaisers brachte, dann muß man zugeben, daß sie wahrscheinlich tatsächlich rasch als besonderes Talent erkannt wurde. Sie wurde allerdings auch als liebenswertes Mädchen entdeckt: Anläßlich ihres ersten Auslandsengagements in Italien empfing sie ein Kind - entweder von Leopold, Prinz von Salerno und beider Sizilien, oder aber, wie schon angedeutet, vom Herzog von Reichstadt.
Und anläßlich ihrer ersten triumphalen Heimkehr nach Wien wurde sie die offizielle Freundin des Freiherrn von Gentz, des Sekretärs Metternichs. Der nicht mehr junge, jedoch außerordentlich geistreiche und wohl auch galante Mann erlebte mit Fanny Elßler seine letzte Leidenschaft - sie mit ihm ihre erste richtige Beziehung zur nicht nur großen, sondern auch gebildeten Welt. Friedrich von Gentz gab ihr nicht nur die ersten kostbaren Geschenke, richtete ihr nicht nur die erste geschmackvolle Wohnung ein, sondern versuchte auch, ihr etwas Ahnung von Literatur, von bildender Kunst, von Lebensart beizubringen. Als Fanny Elßler zu ihrem ersten Gastspiel nach Berlin aufbrach, war sie bereits so etwas wie das Geschöpf des alten Gentz und hatte außerdem in Berlin die guten gesellschaftlichen Beziehungen ihres Mentors zur Verfügung. Sie war in Berlin eine erfolgreiche Tänzerin, sie kam zurück nach Wien und bezauberte allgemein, sie war jedoch als internationale Größe wohl erst anerkannt, als sie nach Paris ging und dort die tanzwütige Gesellschaft und die ersten Kritiker ihrer Zeit davon überzeugte, daß sie gegen alle bedeutenden Rivalinnen zu siegen verstand.
Ihr Vorteil gegenüber allen Tänzerinnen ihrer Zeit: sie scheint zu dem Können, das man damals von einer Tänzerin erwartete, ein Übermaß an natürlichem Charme und blendendem Witz geboten zu haben. Sie war nicht nur eine vollendete Technikerin und Virtuosin, sondern vor allem eine exquisite Schauspielerin, die ihre Partien nicht mehr tanzte, sondern nacherlebte.
Als sie sich zudem noch entschloß, Nationaltänze auf die Bühne zu bringen, war ihre Popularität grenzenlos. Eine Tänzerin, die Paris verzauberte, der man eigene Ballette schrieb, die ganz nach dem Muster lebte, das Paris sich für große Tänzerinnen erdacht hatte ...
Fanny Elßler aber war mit Pariser Ruhm allein nicht zufrieden. Als allererste Tänzerin nahm sie ein verlockendes Angebot nach Amerika an, gewann sich New York im Sturm und tingelte dann Jahre durch den ganzen Kontinent, war in Südamerika eine Sensation, scheffelte - so hieß es wenigstens - Dollars und Brillanten. Und hatte dabei offensichtlich keine allzu glückliche Hand in der Auswahl ihrer Begleiter und Impresarios, denn als sie schließlich heimkehrte, war sie zwar eine Berühmtheit, jedoch längst nicht die reichste Künstlerin der Welt. Aber die berühmteste, daran darf man nicht zweifeln. Mit ihren Tänzen hatte sie sich Europa und Amerika erobert.
Und immer als die Fanny Elßler aus Wien - nie unter falschem Namen oder phantastischer Nationalität, sondern als eine offenbar »resche« Wienerin, die nicht nur darauf aus war, Sensation zu sein, sondern auch ihrem Publikum eine künstlerisch wertvolle Attraktion zu bieten. Freilich, das »klassische« Ballett allein war es doch nicht, es waren auch die unzähligen Nationaltänze, die sie immer wieder bieten mußte, um den gewohnten Sturm zu erzeugen. Fanny Elßlers Leben endete erstaunlich bürgerlich und unsensationell. Sie kehrte nach Wien zurück und wurde eine begüterte, stille Frau, die zu allen den anderen Kunststücken auch das sensationellste hinzufügte: sie beendete ihre Karriere zu einem von ihr selbst gewählten Zeitpunkt - also noch ehe man von ihr gesagt hätte, es sei langsam an der Zeit, von der Bühne abzutreten.
Die alte Dame, die ihren Lebensabend still und vornehm in Wien verbrachte und weiterhin nicht öffentlich in ihren Erinnerungen kramte, starb 1884. Sie hinterließ ein ansehnliches Vermögen und nur noch einen Teil der Schmuckstücke, die man ihr einst zugeworfen hatte - vieles war verkauft oder verschenkt. Sie war »das Lächeln ihres Jahrhunderts« gewesen - und dies läßt sich nicht vererben.
Weiterführendes#
Quellen#
- AEIOU
- Wiener Zeitung
- Große Österreicher, ed. Th. Chorherr, Verlag Ueberreuter, 256 S.