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Frisch, Karl Ritter von#

* 20. 11. 1886, Wien

† 12. 6. 1982, München


Zoologe
Nobelpreisträger


Karl Frisch
Karl Frisch. Foto, um 1946.
© Bildarchiv d. ÖNB, Wien, für AEIOU

Karl Frisch war Sohn des Medizinprofessors Anton Ritter von Frisch. Er studierte zuerst ab 1905 Medizin an der Universität Wien, ab 1908 Zoologie bei R. Hertwig an der Universität München.

Frisch promovierte 1910 in Wien, wurde dann in München Assistent und habilitierte sich 1912. Im Jahre 1919 wurde er außerordentlicher Professor in München, 1921 Professor an der Universität Rostock, 1923 an der Universität Breslau (Wroclaw), und 1925 als Nachfolger des emeritierten Hertwig ordentlicher Professor an der Universität München.

Wegen Kriegszerstörung seines Institutes in München übernahm Frisch 1946 eine Honorar-Professur an der Universität Graz, kehrte aber 1950 in seine Stellung nach München zurück. Viele seiner Forschungen führte er auf dem Familienbesitz in Brunnwinkl am Wolfgangsee im Salzkammergut durch.

Frisch begann mit sinnesphysiologischen Forschungen an Fischen; ab 1912 folgten die Forschungen an Bienen. In Dressurversuchen konnte er nachweisen, dass – entgegen den Zweifeln des Ophthalmologen Carl von Hess – die Bienen Farben unterscheiden können und die Farben der Blumen, wie oft schon angenommen, eine biologische Bedeutung für das Anlocken von Insekten haben.

Aus der Beobachtung, dass eine von Bienen eines Stockes gefundene Futterqueue bald von zahlreichen anderen Sammelbienen desselben Stockes beflogen wird, erhob sich für Frisch die Frage einer "Verständigung" der Bienen innerhalb eines Stockes. Frisch erkannte an markierten Bienen (ab 1920), dass sie im Stock tänzelnde Bewegungen ausführen, die der Information dienen ("Sprache der Bienen").

Frisch konnte unter Mitarbeit von Schülern zunehmend deren Feinheiten auffinden, wie durch Rundtänze Informationen über nahe Futterquellen und durch Schwänzeltänze in unterschiedlichem Rhythmus Informationen auf Entfernung und Richtung von Futterquellen zwischen 100 m und etwa 11 km vermittelt werden.

Er erkannte ab 1949, dass die Bienen die Polarisation des Sonnenlichtes wahrnehmen und in Verbindung mit ihrem inneren Zeitsinn dadurch zu ihrer teilweise erstaunlichen Orientierung befähigt sind. – Frisch erkannte überdies schon 1936, dass verletzte Elritzen einen Stoff abgeben, der, im Wasser gelöst, bei den Artgenossen Fluchtreaktionen auslöst, also einen "Schreckstoff" darstellt. Frisch gilt als einer der bedeutendsten deutschsprachigen Verhaltensforscher und leistete bedeutende Forschungen zur Sinnesphysiologie und zum Verhalten der Tiere, besonders der Bienen und etlicher Fische.

Er erhielt den Nobelpreis für Physiologie 1973 (mit K. Lorenz und N. Tinbergen).


Frisch suchte seine Erkenntnisse über Bienen auch der Imkerei nutzbar zu machen und stellte seine Forschungen in vorbildlicher Weise allgemeinverständlich dar.

Der biografische Text wurde dem Austria Forum freundlicherweise seitens Nikol Verlag, Hamburg, bzw. Harri Deutsch Verlag, Frankfurt a.M., zur Verfügung gestellt. (www.harri-deutsch.de)


--> Historische Bilder zu Karl Frisch (IMAGNO)

Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#

  • 1960 Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst
  • 1962 Balzan-Preis für Biologie
  • 1973 Nobelpreis für Physiologie bzw. Medizin (gem. mit Konrad Lorenz u. Nikolaas Tinbergen)
  • Die Karl-Ritter-von-Frisch-Medaille der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (DZG) ist der wichtigste Wissenschaftspreis der Zoologie in Deutschland und wird mit 10.000 Euro dotiert. Er wird alle zwei Jahre an Wissenschaftler verliehen, deren Arbeiten eine Integration von Erkenntnissen mehrerer biologischer Einzeldisziplinen darstellen.

Werke (Auswahl)#

  • Weitere Untersuchungen über den Farbensinn der Fische. Zoologische Jahrbücher (Physiologie) 34, 43-68 (1913)
  • Der Farben- und Formensinn der Biene. In: Zoologische Jahrbücher (Physiologie) 35, 1-188, (1914/15)
  • Über den Geruchssinn der Biene und seine blütenbiologische Bedeutung. In: Zoologische Jahrbücher (Physiologie) 37, 1-238 (1919)
  • Über die 'Sprache' der Bienen. Eine tierpsychologische Untersuchung. In: Zoologische Jahrbücher (Physiologie) 40, 1-186 (1923)
  • Ein Zwergwels, der kommt, wenn man ihn pfeift. Biologisches Centralblatt 43, 439-446 (1923)
  • Aus dem Leben der Bienen. Springer Verlag Berlin (1927) (9. Auflage 1977, Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York)
  • (mit R. Stetter) Untersuchung über den Sitz des Gehörsinnes bei der Elritze. In: Zeitschrift für vergleichende Physiologie 17, 686-801 (1932)
  • Über den Geschmacksinn der Bienen. In: Zeitschrift für vergleichende Physiologie 21, 1-156 (1934)
  • Du und das Leben – Eine moderne Biologie für Jedermann. (1936)
  • Über einen Schreckstoff der Fischhaut und seine biologische Bedeutung. In: Zeitschrift für vergleichende Physiologie 29, 46-145 (1941)
  • Die Tänze der Bienen. In: Österreichische Zoologische Zeitschrift 1, 1-48 (1946)
  • Duftgelenkte Bienen, 1947
  • Die Polarisation des Himmelslichtes als orientierender Faktor bei den Tänzen der Bienen. In: Experientia (Basel) 5, 142-148 (1949)
  • Die Sonne als Kompass im Leben der Bienen. In: Experientia (Basel) 6, 210-221 (1950)
  • Biologie, 2 Bände, Bayerischer Schulbuchverlag, München 1952/53 (mehrere Folgeauflagen)
  • Das kleine Insektenbuch. Insel Verlag (1961)
  • Tanzsprache und Orientierung der Bienen. Springer Verlag, Berlin Heidelberg New York (1965)
  • Erinnerungen eines Biologen. Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1957 (Autobiographie)
  • Tiere als Baumeister. Frankfurt a. M., Ullstein, 1974
  • Die Tanzsprache der Bienen. Originaltonaufnahmen 1953-1962, hrsg. v. Klaus Sander. 2 CD-Set, 100 Min. Supposé, Köln 2005

Literatur#

Deborah R. Coen, Vienna in the Age of Uncertainty: Science, Liberalism and Private Life, Univ. of Chicago, 2007


Text aus dem Buch "Große Österreicher":#

Karl von Frisch (1886-1982)

An seiner Wiege muß eine ganze Schar gütiger Feen gestanden haben«, schrieb Konrad Lorenz, der große Verhaltensforscher, zum 80. Geburtstag seines Kollegen Karl von Frisch. Damals, 1966, ahnte Lorenz noch nicht, daß er sieben Jahre später zusammen mit dem Mann, für den er so ehrende Worte fand, den Nobelpreis für Medizin und Physiologie erhalten würde. »Wenn sich je alle nur möglichen günstigen Umstände, sowohl was Vererbung als auch was seine Umwelt anbelangt, vereint haben, um einen großen Naturforscher hervorzubringen, so haben sie dies bei ihm getan.«

In der Tat: Karl von Frisch, den die Welt heute als den »Bienen-Frisch« kennt, ist so etwas wie ein Glückskind gewesen, beschenkt vom Leben, und das nicht nur, was seine wissenschaftliche Laufbahn betraf, die ihm immerhin die höchste Würdigung einbrachte, welche die Welt für einen Gelehrten parat hat, den Nobelpreis. Frisch ist mit einem hohen Alter gesegnet worden - als er starb war er 95. Er entstammte einer Familie, die schon in seiner frühen Jugend für seine wissenschaftlichen Neigungen Verständnis aufbrachte: »Seine Ahnentafel sieht aus wie die eines Fürsten, nur daß die in ihr vertretene Aristokratie von geistigem Adel ist. Er muß den Drang zum Forschen buchstäblich in die Wiege gelegt bekommen haben«, schrieb Konrad Lorenz.

Vater Frisch ist Professor für Chirurgie und Urologie gewesen, Mutter Frisch, eine geborene Exner, war die Tochter des Philosophieprofessors Dr. Franz Exner, der das österreichische Gymnasial- und Hochschulwesen reformierte, und ein Bruder seiner Mutter war der berühmte Physiologe Sigmund Exner. Daß die Mutter zudem einen regen Briefwechsel mit Gottfried Keller führte, rundet das Bild einer Familie ab, die in der Tat einen geistigen Adel darstellte. Hinzu kamen überaus günstige räumliche Verhältnisse. Schon als Bub durfte der kleine Karl - aus seinen Tagebuchnotizen geht dies hervor - »9 Säugetier-, 16 Vogel- und 27 Fischarten halten«. Als seine Mutter einmal erkrankte und die Familie an die Adria fuhr, konnte er dort die Meeresfauna studieren, sein Vater, der Arzt und Forscher, brachte ihm das Mikroskopieren bei, vor allem aber hatte er im sogenannten »Brunnwinkel« bei St. Gilgen am Wolfgangsee ein Refugium, das später fast so etwas wie ein wissenschaftliches Zentrum wurde. Zuerst mietete sich die Familie in einer alten Mühle ein, später wurden dann ein paar umliegende alte Bauernhäuser dazugekauft, und Marie von Exner konnte an Gottfried Keller schreiben: »Der Rumpelkasten ... samt einem hübschen Stückchen Grund war für 3 000 fl. zu haben, was für uns leichtsinniges Wienervolk gar kein Geld ist, und ich habe nun einen meiner sehnlichsten Wünsche erfüllt, mich alle noch kommenden Sommer und Spätsommer meines Lebens auf demselben Fleckchen Erde einspinnen zu können.«

Eingesponnen hat sich dort nicht nur die Familie Frisch, in der Nachbarschaft siedelte sich auch Theodor Billroth an, Marie von Ebner-Eschenbach kam oft zu Besuch, vor allem aber bot die Einsamkeit des Brunnwinkels - daß er auch heute noch nicht durch eine Asphaltstraße erschlossen ist, bleibt Karl von Frisch zu danken - den Arbeiten des späteren Nobelpreisträgers das geeignete ruhige Ambiente. Frisch studierte in Wien und München, habilitierte sich als Dr. phil. am Zoologischen Institut in der bayrischen Hauptstadt, wurde 1921 Ordinarius für Zoologie an der Universität Rostock und kam über Breslau als Leiter des Zoologischen Instituts der Münchner Universität nach Bayern zurück. Wien hätte er gerne als Wirkungsstätte gewählt, aber das Zoologische Institut der Alma Mater Rudolphina entsprach nicht den Vorstellungen eines Gelehrten vom Zuschnitt Frischs. Zwischen München und dem »Rumpelkasten« im Brunnwinkel hat Karl von Frisch dann jene Forschungsarbeiten geleistet, die ihn zu einem der Väter der modernen Verhaltensforschung machten. Er hat die Theorie des berühmten Leiters der Münchner Augenklinik, Heß, widerlegt, daß die Fische blind seien, und er hat mit der damals vorherrschenden Meinung aufgeräumt, daß die Bienen keinen Farbensinn hätten, indem er mit Hilfe von Zuckerwasser und blauem Buntpapier nachwies, daß sich die Bienen, auch wenn im Schälchen normales Wasser war, nach der Farbe des darunterliegenden Papiers orientierten, sofern sie durch dieses für die Nahrungsaufnahme »konditioniert« worden waren. Frisch hat auf diese Weise die Frage beantwortet, die er selbst gestellt hatte: »Sollte die ganze Farbenpracht der Blumen vor den Augen einer farbenblinden Insektenwelt ihren Sinn verlieren?« Gerade revolutionär aber und epochemachend war Frischs Entdeckung der »Bienensprache«. Er fand heraus, daß die Bienen in der Lage sind, den Artgenossen Botschaften zu übermitteln, die sich nicht nur auf einfache Gefahrensignale oder andere Primitivmitteilungen beschränkten, sondern hochqualifizierte Beschreibungen des Wegs zu einer Nahrungsquelle sind. Frisch hat das im Brunnwinkel studiert, indem er Bienen färbte und dann fliegen ließ - und zugleich den »Schwänzeltanz« studierte, den sie nach der Rückkehr auf der Wabe vollführten. Der Forscher brachte heraus, daß die Insekten auf komplizierte Weise die Richtung des Flugs in seinem Verlauf zur jeweiligen Sonnenstellung darstellten und auch die Entfernung zu übermitteln in der Lage waren. Ein Experiment im Jahr 1949 brachte den endgültigen Beweis, und wie stets, waren die Familienmitglieder beteiligt. In einer Entfernung von 342 Meter, 38 Grad östlich von Nord, wurde in einer gebirgigen Gegend unweit des Brunnwinkels ein Futterplatz eingerichtet, 33 Bienen wurden mit Farbtupfern markiert und losgelassen. Frisch, der nicht wußte, wo sich die Futterstelle befand, studierte den Tanz der heimgekehrten Bienen - und interpretierte aus den Mitteilungen eine Entfernungsangabe von durchschnittlich »328 Metern, 42 Grad östlich von Nord«. Eine Messung ergab später, daß die Luftlinie zum Futterplatz 330 Meter betrug, und im Versuchsprotokoll hieß es: »Ich gehe nach Tisch mit Leni und Anni hinauf, suche erst (vergeblich) die Büsche, die stets etwas mehr südöstlich gelegen sind, ab und finde dann nach wenigen Minuten hinter einem Busch versteckt das Futtertischchen nächst den Punkten der Linie in meinem Plan.«

Karl von Frisch, der geniale Verhaltensforscher, verstand es, die Ergebnisse seiner Experimente auch der Umwelt, und nicht nur der fachlich gebildeten, mitzuteilen: er ist auch einer der ersten sogenannten Sachbuchautoren gewesen. Und er blieb zeit seines Lebens ein Rastloser: »Ich war oftmals, auch in späterer Zeit, wochenlang bedrückt und schwermütig, wenn es mit der Arbeit nicht nach Wunsch vorwärtsging, und überzeugt von meiner Unzulänglichkeit. Viele Jahre lang dachte ich bei jeder Untersuchung, es würde die letzte sein, bei der mir etwas einfiele«, schrieb er einmal. Es ist ihm immer wieder etwas eingefallen. Er ist einer jener ganz Großen gewesen, die dem ganz Kleinen in der Natur nachgespürt haben. Die Welt hat ihn dafür geehrt.

Quellen#


Redaktion: J. Sallachner