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Meynert, Theodor#

* 15. 6. 1833, Dresden (Deutschland)

† 31. 5. 1892, Klosterneuburg (NÖ)


Psychiater, Neuroanatom


Meynert, Theodor
Theodor Meynert. Foto.
© Ch. Brandstätter Verlag, Wien, für AEIOU


Theodor Meynert kam als Sohn des Schriftstellers, Kritikers und Geschichtsschreibers Hermann Günther Meynert zur Welt. Seine Mutter, Marie Meynert, geborene Emmering, war vor ihrer Heirat Sängerin an der Dresdner Oper. 1841 übersiedelte die Familie nach Wien.

Meynert studierte an der Universität Wien Medizin und promovierte 1861. 1865 habilitierte er sich bei Prof. von Rokitansky, der ihn sehr förderte, für das Lehrfach 'Bau und Funktion des Gehirns und Rückenmarks'.

1866 richtete man für ihn eine eigene Prosektorstelle an der niederösterreichischen Landesirrenanstalt ein, 1870 wurde er zum außerordentlichen Professor der Psychiatrie an der Wiener Universität und zum Direktor der neu errichteten Psychiatrischen Klinik des Allgemeinen Krankenhauses ernannt. Diese Position hielt Meynert bis zu seinem Lebensende. 1873 erfolgte Meynerts Ernennung zum ordentlichen Professor. Erst zwölf Jahre später wurde sein Wunsch nach einer fachlich ergänzenden Abteilung für Nervenkranke an seiner Klinik erfüllt.

Meynert Uni Arkaden
Meynert, Büste v. Th. F. Khuen
Universität Wien, Arkadenhof
© Rainer Lenius
Meynert betrieb umfangreiche Forschungen über Bau und Funktion des Gehirns, wies die Verschiedenartigkeit der einzelnen Hirnrindenregionen nach - mit bis dato unbekannten Zelltypen (Zytoarchitektonik) - und schuf so die Strukturlehre der Großhirnrinde. Die pathologische Hirnanatomie war für ihn die Grundlage der Psychiatrie und der Behandlung von Geisteskrankheiten.

Er untersuchte das Fasersystem des Gehirns und erstellte eine Übersicht indem er "Assoziationssysteme" (Verbindungsbahnen zwischen verschiedenen Anschnitten innerhalb einer Hemisphäre) und "Kommissurbahnen" (Verbindungen zwischen Hemisphären) den "Stabkranzsystemen" (für Projektion der Außenwelt auf die Hirnrinde und Transport von Input an Peripherie) gegenüberstellte.


Theodor Meynert galt als einer der führenden europäischen Neuroanatomen der damaligen Zeit.


Sein Privatleben wird als tragisch beschrieben: nach dem frühen Tod seiner Frau hatte er auch seinen erst 17-jährigen Sohn verloren. Diese Erlebnisse verarbeitete er in melancholischen Gedichten, die von Kritikern hoch gelobt wurden. Seine Tochter Dora (Stockert-Meynert) wurde als Schriftstellerin bekannt.


Er ist in Klosterneuburg bestattet.

Kinderklinik des AKH
Meynert, Porträt
Kinderklinik des AKH
© Rainer Lenius
Im Arkadenhof der Universität Wien ist seine Büste von Theodor Franz Khuen aufgestellt, in der Kinderklinik des AKH, Währinger Gürtel 18, ist ein Porträt angebracht und im 9. Bezirk ist eine Gasse nach ihm benannt.


Eponyme:

Man kennt einige nach Meynert benannte Strukturen des Gehirns, wie z.B.:

  • Meynert- Bündel (= Fasciculus retroreflexus): Faserbündel, das vom grauen Nervenkern zu einer Nervenzellenanhäufung im Mittelhirn zieht.
  • Meynert- Haubenkreuzung (= Decussatio tegmentalis): die dorsal in der Mittellinie der Mittelhirnhaube kreuzenden Fasern des Tractus tectospinalis.
  • Meynert- Basalkern (= Nucleus basalis): eine Ansammlung von Nervenzellen in der Substantia inominata.
  • Meynert- Schicht: Zellschicht in der Sehrinde am Sulcus calcarinus.
  • Meynert- Achse: vertikale Achse durch den Hirnstamm; gegenüber gestellt ist die Forel-Achse.
  • Meynerts Kommissur: fibroser Trakt vom sub-thalamischen Bereich bis zur Basis des dritten Ventrikel.

Werke (Auswahl)#

  • Anatomie der Hirnrinde als Träger des Vorstellungslebens und ihrer Verbindungsbahnen mit den empfindenden Oberflächen und den bewegenden Massen, 1865 (In: Lehrbuch der psychiatrischen Krankheiten, (Hrsg.) M. Leidesdorf)
  • Die Bloßlegung des Bündelverlaufs im Großhirnstamme (1865), Österreichische Zeitschrift für praktische Heilkunde
  • Der Bau der Großhirnrinde und seine örtliche Verschiedenheiten nebst einem pathologisch-anatomischen Corollarium, 1868
  • Vom Gehirn der Säugetiere (1872), In: Handbuch der Lehre von den Geweben der Menschen und Tiere, (Hrsg.) S. Stricker, Verlag Engelmann, Leipzig.
  • Die Wendungen der convexen Oberflache des Vorderhirnes bei Menschen, Affen und Raubthieren (1877), Archiv für Psychiatrie und Nervenkrankheiten Berlin.
  • Über Fortschritte im Verständnis der krankhaften psychischen Gehirnzustände (1878), Braumüller, Wien, 54 S.
  • Über allgemeine Verrücktheit und was damit zusammenhängt (1880), Wiener Medizinische Blätter.
  • Psychiatrie. Klinik der Erkrankungen des Vorderhirns, begründet auf dessen Bau, Leistungen und Ernährung, 1884
  • Klinische Vorlesungen über Psychiatrie auf wissenschaftlichen Grundlagen, für Studierende und Ärzte, Juristen und Psychologen (1890), Braumüller, Wien, 304 S.
  • Sammlung von populär-wissenschaftlichen Vorträgen über den Bau und die Leistungen des Gehirns (1892), Braumüller, Wien (u.a.), S. 253
  • Gedichte (1905), posthum von D. von Stockert*Meynert, Verlag Braumüller, Wien & Leipzig

Meynert war außerdem Herausgeber des "Wiener Jahrbuches für Psychiatrie", sowie Mitherausgeber des "Archivs für Psychiatrie und Nervenkrankheiten" (Berlin). Zusammen mit M. Leidesdorf gab er auch die "Vierteljahrschrift für Psychiatrie" (Neuwied und Leipzig) heraus.



Zitate:

"The main function of the central organ is to transmit the fact of existence to an ego gradually shaping itself in the stream of the brain […] If we look upon the cortex as an organ functioning as a whole then the information that it subserves the processes of the mind is all that can be said […] to think further about the cortex is impossible and unnecessary […] But our hope to understand eventually the function of the hemispheres is raised again by the opposite assumption which leads us straight to an organology of the central surface […] Between these two theoretical possibilities the facts have to decide." (aus Meyert 1868; übersetzt von G. von Bonin).

Literatur#

  • D. von Stockert-Meynert, Theodor Meynert und seine Zeit. Zur Geistesgeschichte Österreichs in der 2. Hälfte des 19. Jhdts., 1930
  • C. Mayer, Obituary, 1933, Wiener klinische Wochenschrift, Band 46, S. 738-741
  • F. G. von Stockert, Theodor Meynert, 1970 (In: Grosse Nervenärzte, (Hrsg.) K. Kolle, Band 2, Thieme Verlag)
  • (Hrsg.) F. Schulz, Prof. Dr. Theodor Meynert, seine gehirnanatomischen und psychiatrischen Arbeiten. 1863-1892, 1977
  • E. Lesky, Die Wiener Medizinische Schule im 19. Jhdt., 1978

Quellen#

  • AEIOU
  • Duden – Das Wörterbuch medizinischer Fachausdrücke (1979), (Hrsg.) Redaktion Naturwissenschaft und Medizin des Bibliographischen Institutes Mannheim (u.a.), Duden & Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 751 S.
  • Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild (1987), ed. W. Kleindel & H. Veigl, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 615 S.
  • Personenlexikon Österreich (2002), (Hrsg.) E. Bruckmüller, Buchgemeinschaft Donauland (u.a.), Wien, 575 S.
  • Österreichisches Biographisches Lexikon



Redaktion: N. Miljković