Nußbaumer, Otto#
* 31. 3. 1876, Innsbruck (Tirol)
† 5. 1. 1930, Salzburg
Physiker, Erfinder
Nachdem Nußbaumer an der Landesoberrealschule in Graz maturiert hatte, absolvierte er an der Technischen Hochschule Graz ein Maschinenbau-Studium, das er 1901 abschloss.
Von 1901 bis 1907 war er am Institut für Physik der TU Graz als Konstrukteur und Assistent beschäftigt.
Hier gelang ihm 1904 erstmals eine drahtlose Musikübertragung mit Hilfe eines selbst gebauten Detektors ('Nußbaumer-Tisch', heute im Technischen Museum in Wien), bei der er die steirische Landeshymne ('Dachstein-Lied') sang und dies durch einen Funksender gut 20 m weit in einen anderen Raum senden ließ.
Da es sich bei Nußbaumers Erfindung um eine durch Impuls-Modulation erzeugte Übertragung handelte, war er streng genommen nicht der Erfinder des Radios, aber einer der wichtigen Vorgänger dafür.
Die Erfindung wurde in Österreich nicht weiterverfolgt, sondern von R. Fessenden und L. de Forest in den USA, sowie von G. Marconi in Italien erfolgreich umgesetzt.
Einer der Gründe, warum diese Erfindung nicht weiter erprobt und auch nicht zum Patent angemeldet worden war, war, dass Nußbaumer an der TU Graz nicht die nötige Rückendeckung durch seinen Professor, A. von Ettingshausen, hatte. Auch von öffentlicher Seite bestand kein Interesse an der Vermarktung der Idee.
1908 zog Nußbaumer nach Salzburg, wo er als Landesbeamter im Bausektor arbeitete. 1929 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft der Stadt Salzburg zuteil.
Außer einem kurzen Artikel in einem Fachmagazin hatte Nußbaumer nichts zu seiner Apparatur veröffentlicht.
Essay#
Wie das Radio in Graz erfunden wurde #
Otto Nußbaumer schaffte 1904 in Graz erstmals die drahtlose Übertragung von Musik und Sprache – aber keiner hat’s bemerkt.#
Von Robert Engele mit freundlicher Genehmigung der Kleinen Zeitung
Es wäre eine Weltsensation gewesen – wenn’s nur jemand bemerkt hätte. Aber die Grazer Entdeckung von 1904 wurde nicht weiterverfolgt und Patent wurde auch keines angemeldet. Grazer Forscher haben’s eben oft nicht leicht.
Dabei hatte alles so perfekt begonnen: Am 15. Juni 1904 konnte Otto Nußbaumer, Konstrukteur für Physik an der Technischen Hochschule in der Rechbauerstraße, mit selbst gebauten Geräten weltweit zum ersten Mal die menschliche Stimme drahtlos übertragen. Gleichzeitig war dies auch die erste drahtlose Musikübertragung, da Nußbaumer höchstpersönlich das Dachsteinlied sang. Eine Anekdote erzählt, dass der Ordinarius des Instituts, Albert von Ettingshausen, als erste Reaktion auf das erfolgreiche Experiment bloß die Gesangeskünste seines Mitarbeiters beanstandete. Doch der in Wilten (Tirol) geborene und mit fünf Jahren in die Steiermark übersiedelte Nußbaumer war ja nicht wegen seiner Sangeskunst ans Institut geholt worden, sondern wegen seiner großen Talente als Elektrotechniker.
Erfindung lag in der Luft#
Schon im Dezember 1901 war es dem Funkpionier Guglielmo Marconi gelungen, erstmals einfache Signale von Europa über den Atlantik nach Kanada zu senden. 1902 begann sich Nußbaumer mit der drahtlosen Telegraphie zu beschäftigen. Da sein Vater Bahnhofsvorstand war, hatte er schon früh als Kind erste Kenntnisse davon erhalten. Damals lag die Erfindung der drahtlosen Tonübermittlung sozusagen in der Luft, auch Otto Slaby in Berlin und Karl Ferdinand Braun in Tübingen befassten sich damit. Aber es war Nußbaumer vorbehalten, als Erster Sprache und Musik zu übertragen. Möglich geworden war die Weltpremiere einer „Radiosendung“, weil er einen funktionstüchtigen Kohärer entwickelte, einen Gleichrichter, der die gesendeten Signale aufnehmen und in Schallwellen umwandeln konnte.
Doch weder Nußbaumer noch Ettingshausen war nach dem Erfolg des Experiments klar, welche technische Leistung eben stattgefunden hatte. Da die Sensation keine Anerkennung fand, meldete Nußbaumer sie nicht zum Patent an und entwickelte sie nicht weiter. Er übersiedelte 1908 mit Frau und Tochter nach Salzburg, nahm einen Posten als Landesbediensteter an und begutachtete nun Dampfkessel, Starkstromanlagen und Automobillenker. 1909 erhielten Marconi und Braun den Nobelpreis für ihre Arbeiten zur drahtlosen Telegraphie.
Quellen#
- AEIOU
- Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild’ (1987), ed. W. Kleindel & H. Veigl, Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 615 S.
- Personenlexikon Österreich (2002), (Hrsg.) E. Bruckmüller, Buchgemeinschaft Donauland (u.a.), Wien, 575 S.
- Österreichisches Biographisches Lexikon
- Otto Nußbaumer. Der Salzburger Radiopionier (1990), T. Venus & H. Waitzbauer, (Salzburger Portraits * Schriftenreihe des Salzburger Landespressebüros), Salzburg
- Klangmaschinen
- R. Engele, Damals in Graz. Eine Stadt erzählt ihre Geschichten, 2010
Redaktion: N. Miljković