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Oswald von Wolkenstein#

* 2. 5. 1377, Burg Schöneck im Grödnertal

† 2. 8. 1445, Meran

Minnesänger, mittelhochdeutscher Lyriker


Oswald von Wolkenstein
Oswald von Wolkenstein. Darstellung i.d. Innsbrucker Liederhandschrift B, 1432
© Universitätsbibliothek Innsbruck

Oswald von Wolkenstein wurde am 2.5.1377 auf Burg Schöneck im Grödnertal, Südtirol, geboren.


Er entstammte einem alten Südtiroler Rittergeschlecht (Stammburg Wolkenstein im Grödnertal) und stand bereits mit 10 Jahren als Knappe im Dienst Herzog Albrechts III, diente dem deutschen Ritterorden und anderen Herren und kam so durch viele Länder Europas sowie bis nach Armenien und Persien.


In die Heimat zurückgekehrt, unternahm er schon 1395 mit Graf Hugo von Montfort eine Fahrt nach Jerusalem, von wo er 1401 zurückkehrte und mit König Ruprecht von der Pfalz nach Italien zog. Danach bereiste er Westeuropa und England, wieder in der Heimat, schloss er sich dem 1406 gegründeten Bund der Tiroler Landstände gegen Herzog Friedrich IV an.


1417 heiratet er Margarete von Schwangau, die «Gret» vieler seiner Liebeslieder.


1419 nahm er noch an einem Kriegszug gegen die Hussiten teil, nach dem Tod seines Vaters Friedrich übernahm er den Familienbesitz (Burg Hauenstein am Schlern, Südtirol), nahm am Konstanzer Konzil teil und trat in den Dienst von König Sigmund.


1421 flammte der Familienstreit um das Erbe erneut auf, in dessen Verlauf Oswald zeitweise gefangen gesetzt wurde. 1425 begann er, seine Lieder niederschreiben zu lassen.
Während eines Landtages in Meran starb Oswald 1445, begraben wurde er in Neustift bei Brixen.


Oswald von Wolkenstein beherrschte 10 Sprachen, die er manchmal gleichzeitig in seinen Werken verwendete. Als letzter Vertreter des deutschen Minnesangs vermittelte er den geregelten mehrstimmigen Satz der westlichen Gesangskunst nach Mitteleuropa und war der Schöpfer des Individuallieds. Er beherrschte die Mehrstimmigkeit ebenso wie die damaligen Erkenntnisse des Kontrapunkts.


Inhaltlich lässt sich Wolkensteins Lyrik in drei Hauptthemenbereiche gliedern: weltliche Liebesdichtung, geistliche Dichtung, autobiographische Lieder.

  • Die Liebeslyrik umfasst rund ein Drittel seiner mehr als 130 Lieder und Spruchgedichte. Im Unterschied zum klassischen Minnesang des 12. und 13. Jahrhunderts dominieren in Oswalds Liebesdichtung Liedtypen mit sinnlichen oder szenischen Liebesmotiven, die, wie beispielsweise das Tagelied und die Pastourelle, eher zu den Randerscheinungen des Minnesangs zählen, sowie ganz neue Inhaltstypen wie Neujahrsgrüße und Liebesduette. Außerdem besingt Oswald von Wolkenstein erstmals seine namentlich genannte Geliebte (und Ehefrau) Margarete in Motiven, Szenen und Bildern, die ganz neue Dimensionen der Sinnenfreude, der Zärtlichkeit und der Gefühlsinnigkeit erschließen.
  • Die geistlichen Lieder machen zahlenmäßig rund ein Viertel seines Werks aus. Oswald selbst hat der geistlichen Lieddichtung allergrößte Bedeutung beigemessen, da er jede seiner Liedersammlungen mit einer Gruppe geistlicher Lieder eröffnet. Thematisch zeigt sich Wolkensteins geistliches Liedschaffen unverkennbar von den vorherrschenden Frömmigkeitsbewegungen seiner Zeit geprägt. Daher bilden bei Oswald wie im Glaubensleben des 15. Jahrhunderts die Marienverehrung sowie die so genannten 'Vier letzten Dinge' (Tod, Jüngstes Gericht, Himmel und Hölle) die Schwerpunkte.
  • Die autobiographischen Lieder zählen heute zu den originellsten Liedtexten Oswalds von Wolkenstein. Die Lieder dieser Gruppe lassen sich kaum noch nach traditionellen Liedgattungen gliedern .In immer neuen Variationen inszeniert Oswald in diesen Liedern Episoden seines ereignisreichen Lebens zu Erzählliedern oder Situationsschilderungen höchster Faszinationskraft. Hier thematisiert Wolkenstein seine Ritter- und Minneabenteuer, seine offenen Kämpfe wie seine privaten Querelen und vor allem seine ausgedehnten Reisen durch Europa, Afrika und Asien, wobei der Dichter seine künstlerischen Auftritte in den erlauchten Kreisen fremder Ritter- und Fürstengesellschaften äußerst wirkungsvoll zu inszenieren versteht.


Die Melodien zu den mehrstimmigen Stücken wie auch zu den einstimmigen Liedern hat Oswald von Wolkenstein selbst in zwei großformatigen Pergamenthandschriften zusammen mit den Texten fachgerecht aufzeichnen sowie kostbar mit Zier-Initialen und jeweils einem Autorbildnis ausschmücken lassen.


Die ältere der beiden Prachthandschriften (Hs. A) wird heute in der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien aufbewahrt. Sie trägt die Signatur Cod. Vind. 2777, wurde 1425 angelegt und enthält insgesamt 108 Lieder.


Die jüngere Pergamenthandschrift (Hs.B) ist auf 1432 datiert. Sie war bis ins 19. Jahrhundert im Familienbesitz der Nachkommen Oswalds von Wolkenstein verblieben und ist erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts in die Universitätsbibliothek Innsbruck (ohne Signatur) gelangt.


Diese Sammlung besteht aus 118 Liedern einschließlich einigen Spruchgedichten. Sie bildet heute die Editionsgrundlage der Wolkensteinschen Lyrik und ist besonders wegen des Autorbildnisses berühmt.


Der auf mittelalterliche Musik spezialisierte Wiener Sänger Eberhard Kummer interpretiert Wolkenstein-Lieder in Konzerten und auf CDs. Er hat bereits mehr als 30 Lieder für den ORF (Ö1) aufgenommen. 1998 erschien "Es fuegt sich. Lieder des Oswald von Wolkenstein" (Preiser-Records, Wien ,CD, Stereo 91051).


--> Oswald von Wolkenstein: Trautes Berbelin (Musik-Lexikon)

Ausgaben#

  • H. Moser, N. R. Wolf und N. Wolf (Hg.), Die Lieder Oswalds von Wolkenstein, 1987.
  • B. Wachinger (Hg.), Oswald von Wolkenstein, Lieder, Auswahl, mittelhochdeutsch/neuhochdeutsch, 1992.

Literatur#

  • A. Schwob, Oswald von Wolkenstein, 1977.
  • D. Joschko, Oswald von Wolkenstein, 1985.
  • W. Marold, Kommentar zu den Liedern Oswalds von Wolkenstein, 1995.
  • A. Schwob (Hg.), Die Lebenszeugnisse Oswalds von Wolkenstein, 1999.


Hörprobe#


Hörprobe Österreichische Mediathek


Ich spür ein Tier
Interpreten: Paul Hofhaimer Consort, Michael Seywald (Leitung). Label: BMUK 21568, 1997.

Musik spielen

Quellen#


Redaktion: I. Schinnerl