Senn, Franz#
* 19. 3. 1831, Längenfeld (Tirol)
† 1. 2. 1884, Neustift im Stubaital (Tirol)
der Gletscherpfarrer
Pfarrer, Alpinist, einer der Begründer des Deutschen Alpenvereins
Anschließend studierte er vier Semester Philosophie in Innsbruck und München. 1853 entschloss er sich, das Theologiestudium in Brixen zu absolvieren und dem Priesterseminar beizutreten. Franz Senn wurde 1856 zum Priester geweiht und feierte in Längenfeld seine festliche Primiz.
Seine ersten seelsorgerischen Erfahrungen konnte er als Kooperator in Zams, Serfaus und Landeck sammeln, 1860 übernahm er die kleine Kirchengemeinde in Vent im Ötztal, wo ihm seine bäuerliche Herkunft und die Liebe zu den Bergen halfen, einen Zugang zu den Einwohnern zu finden.
Er war mit dem harten Leben der Bergbauern vertraut und erkannte, dass Tourismus und Fremdenverkehr die Not der Bauern lindern konnten. Zu dieser Zeit begannen immer mehr Menschen sich für die Berge zu interessieren, aber im Ötztal gab es fast keine Unterkünfte und die Wege waren in einem äußerst schlechten Zustand. Er wollte daher neue Wege und Steige anlegen und Schutzhütten errichten - in einer Zeit, als erst ganz wenige Gipfel der Ötztaler Alpen bereits erstiegen waren.
Zunehmend konzentrierte sich Pfarrer Senn auf die Erkundung der umliegenden Berg- und Gletscherwelt und erstieg in der Folge zahlreiche Dreitausender. Er dokumentierte diese Touren in Wort und Bild, verfasste Artikel in alpinistischen Zeitschriften, ließ die ersten genauen Karten der Ötztaler Alpen anfertigen und galt bald als bester Kenner der Ötztaler Berge.
Er ließ den Pfarrhof zu einer Touristenherberge ausbauen, finanzierte überwiegend aus Eigenmitteln den Ausbau des Fußsteigs von Zwieselstein über Vent und das Hochjoch nach "Unser Frau" in Schnals (heute "Franz-Senn-Weg"), was ihn an den Rand des Bankrotts führte.
Franz Senn, der "Gletscherpfarrer", wie er gern genannt wurde, bat daher den 1862 gegründeten ÖAV (Österreichischen Alpenverein) um Unterstützung bei seinen Wegebauprojekten - doch in Wien brachte man für sein Anliegen kaum Verständnis auf. Verbittert kehrte er nach Vent zurück und stürzte sich selbst in Schulden (die er sein Leben lang nicht mehr los wurde), damit die ausstehenden Beträge beglichen werden konnten.
Das Desinteresse des ÖAV in Wien an den Vorgängen in den Tiroler Bergen führte dazu, dass Franz Senn mit drei Gleichgesinnten (dem Münchner Bergsteiger Carl Hofmann, dem Buchhändler Theodor Trautwein und dem Prager Kaufmann Johann Stüdl) 1869 in München den Deutschen Alpenverein gründete. Gemeinsam mit dem "Glocknerherrn" Johann Stüdl trat Franz Senn massiv für eine einheitliche Bergführerordnung ein. Binnen kürzester Zeit wurden weitere Sektionen gegründet und die Anzahl der Mitglieder stieg auf fast 1.100 an.
1871 kam es zu einer ersten Übereinkunft mit dem Österreichischen Alpenverein, aus der sich dann 1873 der Zusammenschluss des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins ergab.
1872 wurde der Gletscherpfarrer nach Nauders versetzt. In seiner neuen Gemeinde fehlten ihm nicht nur seine geliebten Ötztaler Berge, sondern er litt auch mit der Bevölkerung unter einer Typhusepidemie und 1878 unter schweren Überschwemmungen und Erdrutschen. 1881 folgte seine letzte Versetzung nach Neustift im Stubaital. Franz Senn half noch beim Bau der heute nach ihm benannten Hütte (Franz-Senn-Hütte, eröffnet 1885) mit, doch seine Gesundheit war bereits schwer angegriffen.
Am 31. Jänner 1884 starb er im 53. Lebensjahr in Neustift im Stubaital, wo noch heute ein Gedenkstein die Stelle seines Grabes kennzeichnet.
Franz Senns Ideen und Werke blieben jedoch bestehen, denn nicht zuletzt durch ihn wurde das Ötztal zu einer Keimzelle des Alpinismus und des Fremdenverkehrs. Unzählige Erstbesteigungen und Namensgebungen gehen auf das Konto von Franz Senn, u.a. die Benennung des "Sennkogel", das "Sennjoch", oder der von ihm initiierte Saumpfad zwischen Zwieselstein zum Schnalstal und der "Franz-Senn-Weg".
Franz Senn war auch der erste Österreicher, der einer CV (Cartellverband)-Verbindung beitrat – 1852 während seiner Studienzeit in München trat er der Katholischen Deutschen Studentenverbindung Aenania zu München bei. Mit seiner Rückkehr nach Tirol begann die Geschichte des CV in Österreich.
Erstersteigungen (Auswahl)#
- Vorderer Brochkogel, 1862 m
- Ramolkogel, 1864m
- Fineilspitze und Hochvernagtspitze, 1865 m
- Hintere Schwärze (Ostgrat), 1868 m
- Fluchtkogel, 1869 m
- Vernagtspitze, Weißseespitze und Spiegelkogel, 1870 m (alle Ötztaler Alpen)
Literatur#
- Mußhauser, J., Der Gletscherpfarrer. Ein Franz-Senn-Roman, 1962
- Oberwalder L., Franz Senn. Alpinismuspinier und Gründer des Alpenvereins, 2004
Quellen#
- AEIOU
- ÖAV / Bergauf 03/2009
- Land der Berge
- Franz Senn Hütte
- BergNews.com
- Biolex / Österreichischer Cartellverband
- Österreichisches Biographisches Lexikon, 2005
Redaktion: I. Schinnerl