Weidenfeld, Georg, Lord#
eigentlich Arthur Weidenfeld
* 13. 9. 1919, Wien
† 20. 1. 2016, London
Journalist, Verleger
Arthur George Weidenfeld wurde am 13. September 1919 in einer gutbürgerlichen jüdischen Familie in Wien geboren, wo er aufwuchs und die Schule besuchte.
Er besuchte das Piaristengymnasium in Wien, studierte anschließend Rechtswissenschaften an der Universität Wien und besuchte die Diplomatenschule. Schon früh wurde er nach Frankreich und Italien geschickt, um fremde Sprachen zu lernen.
Nach dem "Anschluss" Österreichs und der Festnahme seines Vaters flüchtete er 1938 fast mittellos nach England, wo er sich zunächst notdürftig über Wasser hielt und später die Eltern nachholen konnte.
Während des Kriegs arbeitete er in London für den BBC Overseas Service und war ab 1942 als politischer Kommentator der BBC tätig.
1945 gründete er mit Nigel Nicolson den Verlag "Weidenfeld & Nicolson", später eines der größten britischen Verlage. Dieser publizierte in seiner Anfangszeit einige aufsehenerregende Titel, darunter 1959 Vladimir Nabokovs Skandalroman "Lolita". Später spezialisierte sich der Verlag auf die Herausgabe wichtiger Werke zur europäischen Geschichte und auf Biografien, darunter die Memoiren von so bedeutenden Politikern wie Charles de Gaulle, Konrad Adenauer, Harold Wilson, Golda Meir, Lyndon B. Johnson, Mosche Dajan, Henry Kissinger oder Schimon Peres. 2005 erschien die Biographie "Erinnerung und Identität" von Papst Johannes Paul II. 2005.
("Weidenfeld & Nicolson" ist noch heute eine bekannte Größe in der britischen Verlagslandschaft, auch wenn das Haus 1991 an die Orion Publishing Group überging.)
1949 verbrachte George Weidenfeld ein Jahr in Israel als politischer Berater und Chef des Kabinetts von Chaim Weizmann. Nach seiner Rückkehr nach England nahm er seine Verlegertätigkeit wieder auf.
Arthur George Weidenfeld erhielt 1947 die britische Staatsbürgerschaft, 1969 wurde er von der britischen Königin als "Knight Bachelor" in den Adelsstand erhoben (und erhielt somit den Titel Sir.) 1974 wurde er Berater des Labour-Premiers Harold Wilson und 1976 - auf dessen Initiative - zum Peer auf Lebenszeit (Life Peer) ernannt. Er zog als "Baron Weidenfeld of Chelsea in the County of Greater London" in das britische Oberhaus ein, wo er sich vor allem mit Nahost-Fragen beschäftigte.
Mitte der 1990er gründete Baron Weidenfeld den "Club of Three", der führende Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Presse und Wissenschaft zusammenbrachte, um über europäische Themen zu sprechen und das gegenseitige Verständnis zu fördern. 2006 ging daraus das Londoner Institut für strategischen Dialog hervor, das sich unter anderem gegen Extremismus engagiert.
Neben seiner verlegerischen Tätigkeit war Lord Weidenfeld an der Gründung und Weiterentwicklung mehrerer Universitäten beteiligt - er war 1996 bis 2004 Vorsitzender der Ben-Gurion-Universität des Negev und Gouverneur der Universität von Tel Aviv, von 1992 bis 1994 stellvertretender Vorsitzender der "University of Oxford Campaign" und ab 1994 Vizepräsident des "Oxford University Development Programme". Er war emeritierter Gouverneur des Weizmann-Instituts. Darüberhinaus war er auch als Kolumnist der Berliner Tageszeitung "Die Welt" und der Wochenzeitung "Bild am Sonntag" tätig.
Sir Georg Weidenfeld galt immer als ein Verfechter von Demokratie und Toleranz und sah sich als "Brückenbauer" für den Dialog zwischen Juden, Christen und Muslimen. Noch im hohen Alter von 95 Jahren gründete er die "Operation Safe Havens", die verfolgten Christen aus dem Irak und Syrien hilft.
Lord Weidenfeld, der ab 1994 auch wieder österreichischer Staatsbürger war, wurde für seine Bemühungen um die europäische Integration vielfach geehrt.
Er starb am 20. Januar 2016 im Alter von 96 Jahren in London.
Auszeichnungen, Ehrungen (Auswahl)#
- "Honorary Senator" der Universität Bonn, 1996
- Aachener Karlspreis für europäische Medien, 2000
- Österreichisches Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst erster Klasse, 2002
- Knights Grand Cross, Order of the British Empire, 2011
Werke (Auswahl)#
- Von Menschen und Zeiten, 1995 (Autobiographie)
Hörprobe#
Menschenbilder. Die Sendung vom geglückten Leben.
Weidenfeld, George: Mein Leben war wie eine Rundreise (4.2.1996)
Literatur#
- Encyclopaedia Judaica, Band 16, 1971
Quellen#
- AEIOU
- Die WELT
- ORF
- Centrum für angewandte Politikforschung
- Frankfurter Allgemeine
- Augsburger Allgemeine
- Österreichische Mediathek
- APA / OTS Presseaussendung
Redaktion:I. Schinnerl