Wir freuen uns über jede Rückmeldung. Ihre Botschaft geht vollkommen anonym nur an das Administrator Team. Danke fürs Mitmachen, das zur Verbesserung des Systems oder der Inhalte beitragen kann. ACHTUNG: Wir können an Sie nur eine Antwort senden, wenn Sie ihre Mail Adresse mitschicken, die wir sonst nicht kennen!
unbekannter Gast

Wertheim, Ernst#

* 21. 2. 1864, Graz (Steiermark)

† 15. 2. 1920, Wien


Gynäkologe und Bakteriologe


Ernst Wertheim
Ernst Wertheim, Gemälde von John Quincy Adams
© ÄrzteWoche, Wien
Ernst Wertheim war der Sohn eines Chemieprofessors, der an den Universitäten in Pest (Ungarn) und in Graz unterrichtete.


1888 absolvierte er sein Medizinstudium an der Universität Graz und wurde anschließend als Assistent für allgemeine und experimentelle Pathologie bei Professor R. Klemensiewicz angestellt.

Er konnte in dieser Zeit mikrobiologische und histologische Techniken erlernen, die ihm später bei seinen Forschungen zur Gonorrhöe bei Frauen sehr zu Gute kommen sollten.


1889 zog Wertheim von Graz nach Wien, um an der Universitätsklinik in Wien zu arbeiten. Er studierte bei Otto Kahler an der II. Wiener Klinik, wo er auch unter Theodor Billroth zu arbeiten begann.

Bis 1890 erlernte er an der Frauenklinik in Wien unter Rudolf Chrobak Gynäkologie und Geburtshilfe.


Danach nahm er eine Assistentenstelle in Prag an, wo er mit Friedrich Schauta zusammenarbeitete. Als Schauta an die Universitätsklinik nach Wien berufen wurde, kehrte auch Wertheim mit ihm nach Wien zurück. Bis dahin hatte sich Wertheim endgültig auf Gynäkologie spezialisiert.


1892 habilitierte sich Wertheim und wurde 1899 zum Professor berufen; 1897 wurde er zum Chefoperateur in der gynäkologischen Abteilung an der Elisabeth-Klinik ernannt.


1910 wurde er zum Leiter der Zweiten Universitätsfrauenklinik in Wien berufen, wo er sich besonders mit der Entwicklung neuer Operationstechniken zur Behandlung von Gebärmuttervorfällen beschäftigte.

Wertheim war als schwierige Person bekannt, jedoch ebenso als brillanter Forscher, der von seinen Kollegen sehr verehrt wurde.

1920 starb er an als Folge einer schweren Grippe an septischer Pneumonie und Enzephalitis.


Wertheims Forschungsschwerpunkt war zunächst die weibliche Gonorrhöe und nach langwierigen Forschungen gelang es ihm erstmals eine Erklärung für den Infektionsweg der Krankheit zu geben.

Bekannt wurde Wertheim jedoch besonders durch die neuen Operationsmethoden in der Gynäkologie, allen voran durch die abdominale Radikaloperation bei Gebärmutterhals-Karzinom, die erste erfolgreiche Krebsbehandlung.

Damals war die Bauchschnitt-Operation aufgrund der hohen Sterblichkeit (bis zu 72 %!) selten, stattdessen war es üblich, die Gebärmutter über die Scheide zu entfernen – diese Technik hatte aber wiederum Spätfolgen.


Die nach Wertheim benannte neue Operation wurde 1898 erstmals durchgeführt. Wertheim erkannte richtig, dass man nicht nur das erkrankte Organ entfernen musste, sondern auch soviel wie möglich vom umgebenden Gewebe, wie z.B. Lymphknoten.

Bei den ersten 29 Operationen konnte die Sterblichkeitsrate tatsächlich auf nur 38% - durch weitere Feinabstimmungen später sogar auf 10% - gesenkt werden.

Ein anderes Interessens- und Forschungsgebiet war der Uterus-Prolaps. Schon 1899 erprobte er seine Interpositionsmethode, später die Suspension- und Superpositionsmethode.


Wertheim war in Österreich und international äußerst angesehen, aus diesem Grund war er korrespondierendes oder Ehrenmitglied zahlreicher in- und ausländischer Gesellschaften.

In Wien, wie auch in Prag und Berlin konnten Wertheim und seine Schüler anerkannte gynäkologisch-chirurgische Schulen aufbauen.


Eponyme:

  • Schauta-Wertheim’sche Prolapsoperation (1899)
  • Wertheims Operation = eine verbesserte Version der radikalen, abdominalen Hysterektomie (1900).
  • Wertheim’sche Karcinom-Operation (1911)
  • Wertheims Operation II = Operationstechniken zur Behebung eines Prolaps des Uterus
  • Wertheim-Meigs-Operation

Publikationen (Auswahl)#

  • Die aszendierende Gonorrhoe beim Weibe. Bakteriologische und klinische Studien zur Biologie des Gonococcus neisser (1892), Archiv für Gynäkologie (Berlin) Vol. 42, S. 1-86.
  • Über Blasen-Gonorrhöe (1895), Zeitschrift für Geburtshilfe und Gynäkologie (Stuttgart) Vol. 35, S. 1-10
  • Über Uterus-Gonorrhöe (1896), Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie Vol. 6, S. 199-223
  • Zur Frage der Radicaloperation beim Uteruskrebs (1900), Archiv für Gynäkologie Vol. 61, S. 627-68
  • Die Technik der vaginalen Bauchhöhlen-Operation (1906), zusammen mit H. Micholitsch, Leipzig
  • Die erweiterte abdominale Operation bei Carcinoma colli uteri auf Grund von 500 Fällen (1911), Berlin & Wien
  • Die operative Behandlung des Prolapses mittelst Interposition und Suspension des Uterus (1919), Berlin

Literatur#

  • Der Mikro-Organismus der gonorrhöischen Schleimhaut-Erkrankungen, Gonococcus neisser, nach Untersuchungen beim Weibe und an der Conjunctiva der Neugeborenen dargestell t’ (1885), E. von Bumm, In: Deutsche medicinische Wochenschrift, Band 11, S. 508f.
  • 25 Jahre Wertheimscher Carcinomoperation (1929), W. Weibel, In: Archiv für Gynäkologie (Berlin), Band 135, S. 1-57.
Die gynäkologische Operationstechnik der Schule Ernst Wertheims (1923), (Hrsg.) W. Weibel, J. Springer Verlag, Berlin, 251 S.
  • Die Entwicklung der Operationsmethoden zur Entfernung der karzinomatösen Gebärmutter (1948), E. Navratil, In: Wiener klinische Wochenschrift, Band 60, S. 233-8
  • Zum Gedenkjahr des doppelten Jubiläums der abdominellen Radikaloperation des Gabärmutterkrebs. W. A. Freund (1878) – E. Wertheim (1898) (1949), R. Elert, In: Klinische Medizin, Band 4, S. 249-62
  • Die Wertheimsche Radikaloperation bei Carcinoma colli uteri (1952), P. Werner & J. Sederl, Wien & Innsbruck.
  • Die Wiener medizinische Schule im 19. Jhdt. (1965), E. Lesky, Graz & Köln
  • Letter From Austria (1969), T. Antoine, In: Obstetrical and Gynecological Survey (Baltimore), Band 24, S. 1129-37
  • 100 Jahre Wertheimoperation – Ernst Wertheim zwischen Mythos und Wirklichkeit’ (G. Köhler), In: Zentralblatt für Gynäkologie (Leipzig), Band 121, S. 121ff
  • Enzyklopädie Medizingeschichte (2004), W. E. Gerabek et al., Verlag W. de Gruyter, S. 1544

Quellen#

  • AEIOU
  • Das große Buch der Österreicher – 4500 Personendarstellungen in Wort und Bild (1987), Verlag Kremayr & Scheriau, Wien, 615 S.
  • Lexikon der Naturwissenschaftler – Astronomen, Biologen, Chemiker, Geologen, Mediziner, Physiker (1996), (Hrsg.) D. Freudig et al., Spektrum, Akad. Verlag, Heidelberg (u.a.), 505 S.
  • Personenlexikon Österreich (2002), (Hrsg.) E. Bruckmüller, Wien, 575 S.


Redaktion: N. Miljković