Katherina Rogenhofer: Ändert sich nichts, ändert sich alles.#
Katherina Rogenhofer: Ändert sich nichts, ändert sich alles. / Warum wir jetzt für unseren Planeten kämpfen müssen, Zsolnay, Wien / Rezension von Guenther Johann
ROGENHOFER, Katherina; SCHLEDERER, Florian: „Ändert sich nichts, ändert sich alles. Warum wir jetzt für unseren Planeten kämpfen müssen“, Wien 2021
Aufmerksam hat mich auf dieses Buch unser Bundespräsident gemacht. Eine Tageszeitung fragte Politiker, was sie im Sommerurlaub lesen werden. Van der Bellen sagte, er habe dieses Buch eingepackt. Erst beim Lesen wusste ich, warum er das tat: er wird mehrmals als Vorbild gelobt. Den Titel des Buches fand ich spannend und auch wollte ich die Gedankenwelt meiner Enkelkinder und Kinder besser verstehen und kaufte es.
In der Einleitung erklärt die Autorin die Situation der Klimakrise sehr anschaulich mit einer Bootfahrt, auf der sich Menschen aus verschiedenen Erdteilen befinden. Da sind die Reichen hinten im Boot. Sie bauen starke Motoren, um schneller fahren zu können. Sie feiern ihre Erfolge und bauen weiter. Vorne sitzen die Armen. Sie haben nur Ruder. Die Reichen rufen ihnen zu schneller zu rudern. Die Reichen schneiden sich aus dem Boot Teile heraus, um bequeme Sitze daraus zu fertigen. Wasser dringt ein. Eine Frau warnt, dass das Boot einem Wasserfall zufährt. Sie errechnet in wie vielen Minuten sie kentern werden. Die Reichen meinen, sie hätten alles im Griff und diskutieren sogar einen noch stärkeren Motor einzubauen, dann könnten sie über den Wasserfall fliegen. Sehr anschaulich wird so die Situation der Welt heute erklärt. Dann setzt die Autorin erklärend alles in Basiswissen und Fakten um.
Der Lauf des Buches wird durch persönliche Dinge der Schreiberin unterbrochen. Etwa, wie ihre Mutter eine Gehirnblutung bekommt und sie mit ihrem Vater bangt. Wie schnell sich unser Leben durch einen Vorfall ändern kann. Sie erzählt aber auch, wie sie in Indien im Regenwald ein Praktikum machte und dann in einem UNO Büro in Bonn arbeitete. So bekommt man den persönlichen Background der Autorin vermittelt. Auch die familiäre Situation: die alleinerziehende Mutter, weil der Vater die ganze Woche in der Ukraine arbeitet und nur ein Wochenendvater war.
Die Autorin nimmt viele Gebiete aufs Korn. Unbestritten bleibt das Thema Klimawandel. Da ist sie ausgebildet und engagiert. Da muss man ihr Recht geben und auch etwas Angst bekommen. Als Leser beginnt man auch nachzudenken, wo man selbst aktiv sein könnte. Was man unterlassen könnte. Als Einzelner/Einzelne kann man diese Probleme nicht lösen, aber man kann einen Beitrag leisten. So wie die Erbsünde in der Religion tragen wir aber einen negativen Fußabdruck mit uns, der nicht von uns direkt ausgelöst wurde. Der Hauptakteur sind die Wirtschaft und die Politik. Die Wirtschaft muss sich umstellen und die Politik hat es versäumt Maßnahmen und Gesetze auf die Reihe zu bringen. Vielen Aussagen im Kapitel Wirtschaft und Politik kann ich aber nicht zustimmen. Da übersieht die Autorin, dass wir in einer Demokratie leben. Das wir verschiedene Ansichten in unserer Gesellschaft haben und die Politik darauf Rücksicht nehmen muss. Dass wir eben nicht in einer Diktatur leben. Sie stellt aber Forderungen auf, nach denen mit Gesetzen und Verordnungen eingegriffen werden muss. Das Steuersystem verändert werden soll. Irgendwie erinnert mich das an Neo-Kommunismus. An Maßnahmen, die etwa China, während der COVID Pandemie verordnet hatte. Zwar erfolgreich, aber diktatorisch.
Umgekehrt schreibt sie sich Erfolge mit der Friday for Future Organisation zugute, die sicher nicht daher kommen. So etwa das letzte Wahlergebnis Österreichs, wo – so die Meinung der Autorin – die kleinen Parteien, die auf Klimapolitik gesetzt hatten, Gewinne erzielten.
Ich las dieses Buch am Meer sitzend. Einen Kilometer von der Grenze zur Mönchrepublik Athos entfernt. Mehrere Jahrzehnte habe ich dieses Gebiet schon besucht und war nicht nur aus meditativen Gründen, sondern auch wegen der intakten Natur dort. Die Mönche haben nur angebaut was sie brauchen. Sie hatten keinen Strom und keine Autos. Sie waren also keine Umweltverschmutzer und haben das Weltklima sicher nicht negativ beeinflusst. Einmal täglich hat ein Schiff Pilger und Besucher vom griechischen Festland auf die Halbinsel gebracht. Wenn ich während des Lesens auf das Meer hinausblicke, musste ich feststellen, dass sich das geändert hat. Laufend fuhren Schnellboote vorbei. Fast jedes Kloster besitzt so eines. Sie holen damit ihre Pilger und Besucher ab und bringen sie auf schnellem Weg ans Ziel zu ihrem Kloster. Am öffentlichen Schiff sehe ich nicht nur wegen COVID19 weniger Passagiere. Bald wird man die öffentliche Schifffahrt einstellen und sagen, alle sollen mit diesen kleinen Booten kommen. Früher gab es ein Rundfahrtboot, das entlangfuhr und die einzelnen Klöster erklärte. Heute bieten mehrere Unternehmen solche Rundfahrten an und dabei gibt es weniger Touristen. Also ein umgekehrter Effekt, als in diesem Buch. Bei uns: hin zum öffentlichen und weg vom Individualverkehr. Hier umgekehrt.
Generell wird man nach dem Lesen dieses Buches sensibler gegenüber der Umwelt. Der politische Zugang, wie er über viele Seiten ausgetragen wird, könnte sich die Autorin ersparen und lieber bei der Sache „Umwelt“ bleiben. Auf alle Fälle ist das Gelesene nachhaltig!