Günter NEUWIRTH: Caffé in Triest#
Günter NEUWIRTH: Caffé in Triest / Roman, Gmeiner, 2022 / Rezension von Guenther Johann
NEUWIRTH, Günter: „Caffé in Triest“, Meßkirch 2022
Wenn man das Buch zu lesen beginnt, denkt man, es sei von einem Schriftsteller zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben worden. Der Autor ist aber 1966 geboren und wohnt in Graz. Es muss sehr viel Recherchearbeit dahinter stecken, um so detailgenau die Zeit um 1907 nachzuzeichnen.
Das Buch besteht aus 15 Kapiteln, die jeweils einen Tag beschreiben. Mit über 400 Seiten werden nur 15 Tage, die sich auf die Zeit vom 10. September bis zum 9. Oktober 1907 erstrecken, behandelt. Durch die historischen Rückblicke gibt es aber einen Einblick in einen größeren Zeitraum.
Als Leser bekommt man Zutritt zu verschiedenen Gesellschaftsschichten der damaligen Zeit: dem aus einfachen Verhältnissen aufstrebenden Proponenten Jure, dem Polizeiinspektor Bruno und seiner Welt der Polizei, einem Verbrechermilieu und der Familie eines Seemanns. Auch der, zu dieser Zeit in Triest wohnende irische Dichter James Joyce wird eingebunden und tritt als Englischlehrer auf. Geschickt werden diese verschiedenen Milieus miteinander verstrickt. Nicht in friedlichem Sinne, sondern in einem Kriminalfall.
Ich bin kein Kriminalromanleser. Ja, ich vermeide sie sogar. Im vorliegenden Buch habe ich eine historische Geschichte vermutet und erst in der zweiten Hälfte des Buches musste ich feststellen, dass es sich zu einem Kriminalroman entwickelt. Ich genoss es aber und habe es in kurzer Zeit gelesen, um die Spannung anhalten zu lassen.
Das Buch entführt in die Welt des österreichischen Triests des beginnenden 20. Jahrhunderts mit seinen sozialen Problemen zwischen Italienern, Slowenen und „Deutschen“, wie die Österreicher hier genannt wurden. Wie schon gesagt, entpuppt es sich im Laufe der fortgeschrittenen Seiten als Krimi und endet etwas kitschig. Aber die geistige Reise ins vorige Jahrhundert Triests ist es wert gelesen zu werden.