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Gerhard ROTH: Das doppelköpfige Österreich#

Gerhard ROTH: Das doppelköpfige Österreich / Essays Polemiken Interviews, Fischer, 1995 / Rezension von Guenther Johann

Gerhard ROTH: Das doppelköpfige Österreich
Gerhard ROTH: Das doppelköpfige Österreich

ROTH, Gerhard: „Das doppelköpfige Österreich, Essays, Polemiken, Interviews“, Frankfurt 1995

Das Buch ist Mitte der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts erschienen und enthält Essays, Interviews, Briefe und Polemiken des Dichters Gerhard Roth. Primär geht es um anscheinende Schwachstellen Österreichs. Um diese aufzuzeigen ist dem Dichter kein Argument zu schade. So wurde er auch immer wieder als Nestbeschmutzer des Landes bezeichnet. Aber er überzeichnet die Dinge. Jetzt – im Jahr 2021 – mit Abstand zu den Geschehnissen wirkt so manches lächerlich, überzogen und ausschließlich polemisch. So lässt er etwa keine Möglichkeit aus den ehemaligen Bundespräsident Waldheim lächerlich zu machen. Als bekennender Sozialist (obwohl er an anderer Stelle schreibt, er sei ein „Nullgruppler“, also keiner Partei zugehörig) nimmt er primär die rechten Parteien aufs Korn, wenngleich er auch Mängel in der SPÖ sieht.

Die Beiträge sind im Buch in sechs Abschnitten zusammengefasst.

Unter dem Titel „Antworten auf das österreichische Selbstverständnis“ greift er auf Figuren wie den Herrn Karl oder beschreibt die Situation in Form von Karikaturen. Im Abschnitt „Gespenster, Konflikte und Repliken“ geht Roth direkt in Konfrontation zum Vizekanzler Erhard Busek von der ÖVP. Ein Briefwechsel der beiden wird abgedruckt, bei denen natürlich der Dichter als Initiator, das letzte Wort hat. Aber auch die „eigenen“ sozialistischen Minister werden bloßgestellt. Im Kapitel „Der Schein siegt“ wird Innenminister Löschnak wegen der Abschiebung von kosovarischen Migranten an den Pranger gestellt. Er bezeichnet den Minister als einen „bürokratischen Apparatschik in eigener Angelegenheit (vergleichbar mit einem Lipizzaner, der sich selbst abrichtet)“ (Seite 114)

Auch die Kultur Österreichs kommt an den Pranger. Es ist teilweise ein Rundumschlag.

Bruno Kreisky und Thomas Bernhard wird ein eigener Abschnitt mit dem Titel „Sonnenkönig und Menschenfeind“ gewidmet. Als Sozialist definiert Roth Kreisky so: „Kreisky war ein kluger, gebildeter – und auch schlauer Mann. Eine Begegnung mit ihm war immer anregend – auch wenn er monologisierte – man blickte nicht zu ihm auf, sondern man mochte ihn.“ (Seite 140) Der Autor hatte sich viel mit Irrenhäusern und Guggings Bewohnern beschäftigt. Dementsprechend auch ein Niederschlag in diesem Anekdoten-Buch.

Dem ehemaligen Jugoslawienkrieg wird das Kapitel „Rat Smrt“ gewidmet, wobei man lernt, dass (sowohl auf Serbisch, als auch auf Kroatisch) Rat Krieg heißt und Smrt Tod. Auch für diesen Krieg gibt der Autor Österreich die Schuld. Die Wurzeln für diese Auseinandersetzung seien von der österreichischen Monarchie gelegt worden.

Den Abschluss des Buches bilden dann verschiedenste Interviews mit Gerhard Roth.

Es ist also eine Selbstdarstellung und ein Wiederholen von bereits in anderen Medien Publiziertem. Ein Ausdruck der Unzufriedenheit mit dem eigenen Heimatland.