Raphaela EDELBAUER: Das flüssige Land#
Raphaela EDELBAUER: Das flüssige Land / Roman, Klett Cutta, 2019 / Rezension von Guenther Johann
EDELBAUER, Raphaela: „Das flüssige Land“, Stuttgart 2019 Der erste Roman der Bachmann-Preisträgerin. Die Hauptfigur Ruth des vorliegenden Romans berichtet in der Ich-Form. Ihr wird mitgeteilt, dass ihre Eltern bei einem Unfall umgekommen sind. Sie begibt sich auf die Suche nach dem Geburtstort der Eltern. Sie fährt mit dem Auto los und nächtigt in verschiedenen Orten in einfachen Pensionen oder Gasthäusern. Einmal sogar auf einer öffentlichen Toilette. Systematisch schreibt sie auf, was ihre Eltern von dem Ort, aus dem sie kamen, erzählt hatten. Mit diesen Erinnerungen grenzt sie die Möglichkeiten ein und beginnt ihre Suche, die sie in verschiedenste Gebiete um Wien führt. In den Süden, Westen und Norden. Wobei die Orte selbst egal sind. Das interessante ist es, wie sie diese Suche beschreibt. Letztlich findet sie die kleine Stadt, die nur über einen Waldweg, bei dem ihr Auto kaputt geht erreichbar ist. Eine Stadt mit eigenen Regeln. Eine Baronin wohnt im Schloss über dem Ort und beherrscht alles. Fast alle Häuser gehören ihr. Die Stadt ist von Bergwerksgängen unterminiert und immer wieder bricht etwas ein. Die Gräfin nützt dies und erwirbt viele Bauten. Die Proponentin Ruth hat somit den Ort ihrer Eltern gefunden und muss feststellen, dass diese tief in die Ortgeschehnisse eingebunden waren. Sie bleibt drei Jahre und wird selbst eng mit allem vertraut. Sie forscht über ihre Vorfahren. Dabei stößt sie auf Ungereimtheiten aus der Zeit des Dritten Reichs und will diese aufklären. Viele Menschen sind in den Gängen des sich senkenden Bergwerks verschwunden. Heimlich sammelt sie Dokumente. Offiziell ist sie, die Forscherin von der Gräfin beauftragt ein Mittel zu erfinden, mit dem das Versinken der Stadt aufgehalten werden kann, was ihr auch gelingt. Sie wendet es bei ihrem eigenen Haus – jenem, in dem ihre Eltern und Großeltern gewohnt hatten – an, hält aber die Rezeptur lange geheim, weil auch die Natur damit abstirbt. Dadurch wird aber der Erfolg sichtbar und sie muss ihr Mittel freigeben. Der erste Einsatz dieses „Wundermittels“ soll im Rahmen eines großen touristischen Festes passieren. Ruth steht als Rednerin im Programm und will diese Gelegenheit nützen vor Medien und vielen Besuchern die Missetaten aufzuzeigen. Letztlich entscheidet sie sich aber anders und kehrt in ihr normales Leben an der Universität in die Hauptstadt zurück. Am Ende entsteht starke Dramatik, die dann abrupt mit Ruths Umzug abbricht. Solange es solch gute Nachwuchsautorinnen in Österreich gibt, braucht dem Land nicht bange zu sein um die Literatur. Wobei „Nachwuchs“ bei Raphaela Edelbauer schon nicht mehr zutrifft, denn sie ist da und hat einen großen und klaren Akzent in Österreichs Literaturlandschaft gesetzt.