Monika HELFER: Die Bagage#
Monika HELFER: Die Bagage / Roman, Hanser, 2021 / Rezension von Guenther Johann
HELFER, Monika: „Die Bagage“, München 2021
Werden Bücher in den Medien hoch gepriesen bin ich oft skeptisch und lies sie erst später.
So ging es mir mit diesem Buch. Ich hätte es früher lesen sollen. Es ist eine gelungene Ahnenforschung. Die zentrale Figur ist die Großmutter der Autorin. Als ihr Großvater im Ersten Weltkrieg eingerückt war bekam sie ein Kind. Es wurde ihr nachgesagt, dass es nicht vom ehelichen Vater war. Dieses Kind war die Mutter der Autorin. Deswegen investierte sie in Ahnenforschung und schrieb letztlich dieses sehr gute Buch. Als der Vater aus dem Krieg heimkommt stellt er den Bürgermeister, den er bat auf seine Frau aufzupassen, zur Rede. Von wem dieses Kind – die Mutter der Autorin – sei. Der Bürgermeister, der nach Ende der Monarchie nicht mehr Bürgermeister war, will das Gerücht entkräften und lügt letztlich, indem er sagt, er sei der Vater. Erst am Totenbett von Josef, dem Familienoberhaupt, gesteht der Bürgermeister, dass das nicht wahr sei. Seine Frau sei eine sehr ehrwürdige und treue Frau.
Bei dem Buch geht es nicht nur um die Beziehung und die Familie der Großmutter. Es ist auch eine Schilderung der Lebensverhältnisse von zwei Generationen. Es schließt in diesem Sinne an den Vorarlberger Bauern und Schriftsteller Franz Michael Felder an, der die Lebensumstände des 19. Jahrhunderts beschrieb.
Die Familie der Großmutter lebte im hintersten Tal. Es war eine arme Familie. Sie schlugen sich durchs Leben. Als die Großeltern starben hatten es die Kinder noch schwerer. Teilweise zogen sie sich gegenseitig auf. Die halbwüchsigen Buben übernahmen die Lebensmittelbeschaffung durch Wildern. Es war eine im Dorf verachtete Familie. Auch der Pfarrer wetterte gegen sie. Sie waren die „Bagage“. Die wildernden Buben wurden aber mit Hochachtung „Bagage“ genannt. „Keiner im Dorf, der die Bagage nicht bewundert hätte. Die Bagage war erst richtig geworden nach dem Tod ihrer Eltern.“ (Seite 155)
Die Großmutter hatte sieben Kinder und starb mit 32 Jahren, ihre Mutter hatte auch mehrere Kinder und Monika Helfer vier. Die Tochter Paula starb mit jungen Jahren. Den letzten Absatz des vorliegenden Buches widmet sie dieser Tochter und einem Besuch bei deren Grab.