Zdenka BECKER: Die Töchter der Roza Bukovska#
Zdenka BECKER: Die Töchter der Roza Bukovska, Residenz Verlag, 2006 / Rezension von Guenther Johann
BECKER, Zdenka: „Die Töchter der Róza Bukovská“, Dieses Feed Back habe ich nicht sofort geschrieben. Erstmals ist es mir passiert, dass ich ein Buch gelesen habe und warten musste, dass ich wieder eine eigene Sprache hatte. Ich war tief beeindruckt. Für mich ist es eines der besten Bücher der letzten Jahre. Stilistisch kommen wir wieder dort hin, wo wir literarisch vor 25 Jahren waren. Das habe ich auch schon beim neuen Buch von Peter Handke "Kali" festgestellt. Wobei es nicht eine Kreisbewegung ist, sondern eine Spirale. Das Niveau ist höher als vor 25 Jahren. Für den (Lust)Leser ist diese Entwicklung eine angenehme. Die Texte sind ein Vergnügen zu lesen. Sie sind leicht und duftig. Es ist eine Familiensaga. Eine slowakische Familie über drei Generationen. Der Großvater, der es in Südamerika versuchte, aber wieder in die Heimat zurückkam. Die Tochter, die keine Söhne bekam, nur drei Töchter. Sie gaben ihnen Blumennamen: Iris, Jasmin und Kamila. Nur eine blieb in der Heimat. Die anderen beiden wanderten aus. Nach Amerika und Österreich. Auch das vierte Mädchen – die zugezogene Eva - ging nach Wien und versuchte dort ihr Glück. Viele Tiefen und Höhen, Tod, Hochzeiten und Geburten. Streits und Konflikte. Alles wird mit großem Tiefgang erzählt. Die Tragik des Todes genauso wie die Freude über die Kinder. Zdenka Becker bietet hier eine Wanderung durch eine Familiengeschichte, der man gerne und fast süchtig folgt. Seite für Seite. Schade, dass das Buch dann bei Seite 411 aus ist! Es ist wichtig, dass dieses Buch geschrieben wurde. Es behandelt einen Zeitabschnitt, um den es schade wäre, wenn er undokumentiert in die Geschichte einginge. Das Leben auf der Ost- und Westseite des Stacheldrahts. Die Vorstellungen der Menschen, die von Bratislava nach Österreich herüber schauen konnten. Die sich die wahre Realität nicht vorstellen konnten und jene, die es – wie Jasmine - geschafft hatten in den Westen zu heiraten, die nicht zugaben, dass es nicht so toll ist, wie es Zeitschriften und Filme vorgeben. Für Österreicher und alle die in dem Land wohnen sind diese Menschenschicksale vielleicht neue Erkenntnisse; ein anderer Blickwinkel. Es zeigt speziell im Abschnitt als Eva, die junge Frau aus Bratislava nach Österreich emigriert Einrichtungen wie das Flüchtlingslager Traiskirchen aus einer anderen Perspektive. Aus der, der Betroffenen, und dass die Leute, die dort unterkommen genauso gut und schlecht sind, wie jene, die außerhalb des Lagers wohnen. Die Medien zeigen nur die Extremfälle auf und die sind negativ. Das Buch gibt die Chance, Eva, die Emigrantin schon vorher, in ihrer Heimat Bratislava kennen zu lernen und sie dann mit nach Österreich zu begleiten. Die Probleme, die Ausländer bei ihrer Ankunft haben kann man als Leser hautnah miterleben.